III.2. Débats politiques allemands

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Neue Zürcher Zeitung, 25. März

Das Geld für die Aufrüstung mag nun da sein, doch die Probleme der Bundeswehr sind ganz andere

Deutschland hat die Schuldenbremse für die Verteidigung faktisch abgeschafft. Doch solange die Feinstaubwerte von Panzern gemessen werden und Soldaten auf der Strasse der Stinkefinger gezeigt wird, bleibt die Armee ein Sorgenkind.

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«Whatever it takes», kündigte der zukünftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz an – was auch immer es kosten mag, das müsse von nun an für die deutsche Verteidigung gelten. Man muss kurz innehalten, um zu verstehen, was hier in Deutschland gerade passiert. Vor nicht einmal fünf Monaten zerbrach die Ampelregierung. Damals zerstritt sich die Koalition über einen Bruchteil der heutigen Summen. All das scheint plötzlich weit weg.

Jetzt rauscht ein Finanz-Tsunami vor allem auf eine Institution zu: die Bundeswehr. Erst gab es den Extraschuldentopf von 100 Milliarden Euro und die Steigerung des Verteidigungshaushalts. Diese Woche schafften Bundestag und Bundesrat faktisch die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben ab.

In Deutschland scheint die Idee hinter den Milliarden zu sein, man müsse jetzt einfach nur genug Geld ausgeben, dann werde die Bundeswehr nächste Woche perfekt ausgestattet sein. Doch so simpel der Gedanke, so kompliziert ist die Wirklichkeit.

«Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind»

Die Bundeswehr ist eine Institution, die seit Jahren notorische Mangelwirtschaft durchlebt. Es fehlt an Personal und an Material. Die vorhandene Infrastruktur ist vielerorts marode oder längst reif für die Mottenkiste – wie der Kampfjet Tornado. 93 Maschinen sind derzeit im Bestand des deutschen Militärs. Die Bundeswehr selbst schreibt über ihren Kampfjet: «Der Tornado galt in den 1980er Jahren als einer der technologisch am höchsten entwickelten Jets.» Wir befinden uns aber im Jahr 2025.

Um sich über den Zustand der Bundeswehr im Klaren zu werden, hört man am besten dem obersten Dienstherrn zu. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte im März 2023: «Wir haben keine Streitkräfte, die verteidigungsfähig sind.» Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner, antwortete damals, dass die Truppe solch eine Klarheit seit vielen Jahren nicht mehr erlebt habe. «Es ist beeindruckend, wie ehrlich und wahrhaftig der Verteidigungsminister die Lage in der Bundeswehr beschreibt.» Seit Jahren nicht verteidigungsfähig – und jeder weiss es.

Das beginnt schon beim Material. «Mit Blick auf die aktuelle Weltlage brauchen wir zuallererst die Fähigkeiten, die bisher die USA beisteuern, um uns verteidigungsfähig zu machen», sagt Hendrik Remmel, Militäranalyst am German Institute for Defence and Strategic Studies, der «NZZ am Sonntag». In strategisch wichtigen Bereichen seien das bis zu 80 Prozent. Und die Trump-Administration hat jüngst mehr als deutlich gemacht, dass damit sehr bald Schluss sein dürfte. Remmel nennt als Schwachpunkte der deutschen Verteidigung: strategische Kommunikation und Aufklärung, weitreichende Präzisionswaffen und Luftverteidigung.

Hendrik Remmel, Militäranalyst am German Institute for Defence and Strategic Studies. PD

Die Fähigkeit, ein strategisches Lagebild zu erstellen, wird in Fachkreisen C4ISR genannt (Command, Control, Communications, Computers, Intelligence, Surveillance, Reconnaissance). Es geht um Überwachung, Aufklärung und Kommunikation. «Als die USA diese Informationen der Ukraine drei Tage lang vorenthielten, hatten Kiews Truppen an der Front kein klares Lagebild», erklärt Remmel. Sie waren quasi blind und taub.

Beim zweiten Punkt geht es um sogenannte Deep Precision Strikes, also die Fähigkeit, Präzisionsschläge hinter der eigentlichen Frontlinie durchzuführen. Gebraucht werden hierfür ballistische Raketen wie die amerikanischen ATACMS, Marschflugkörper wie der britische Storm Shadows oder der deutsche Taurus. «Davon brauchen wir viel mehr. Denn ganz vorne an der Frontlinie hat die beste Brigade der Welt keine Chance, wenn dahinter Führung und Nachschub ausfallen.»

Und zu guter Letzt müsse dringend die deutsche Luftverteidigung verstärkt werden. Der Politikwissenschafter und Militärexperte Carlo Masala skizzierte im ZDF die Lage folgendermassen: Deutschland verfüge zurzeit über acht Flugabwehrsysteme von Typ Patriot. «Wenn Sie diese gut positionieren, sind Sie in der Lage, Berlin zu schützen. Keine andere deutsche Stadt.»

Resigniertes Kopfschütteln für deutsche Bürokratie

Für dieses Material braucht es auf jeden Fall viel Geld. Aber bei der Bundeswehr kommt eine weitere – womöglich viel grössere – Hürde hinzu: die deutsche Bürokratie. Kommt es in Gesprächen mit Bundeswehrangehörigen und Militärexperten zu diesem Aspekt, variieren die Reaktionen zwischen resigniertem Kopfschütteln und fatalistischem Lachen. Aberwitzige Anekdoten werden zum Besten gegeben.

Denn während fast alle Länder für ihr militärisches Gerät schnell und unkompliziert Sonderzulassungen erteilen, müssen in Deutschland Kampfjets und Panzer dieselben Vorschriften erfüllen wie Fahrräder und Autos. Das heisst: Bei deutschen Panzern wird der Feinstaubwert gemessen und über schwangerschaftstaugliche Sitze diskutiert. «Ein anderes Beispiel: Wenn der Blinker kaputt ist, darf der Panzer nicht raus auf den Übungsplatz», erzählt Remmel aus eigener Erfahrung.

Ein anderes Beispiel sind Drohnen. Die Ukraine zeigt derzeit, wie wichtig diese flexiblen und kostengünstigen Waffen sind. Deutschland wollte sich einst unter dem Titel «Euro Hawk» damit ausrüsten. Im Oktober 2003 wurde der erste Prototyp in einem zwanzigstündigen Flug aus den USA nach Deutschland übergeführt. Ohne Probleme. Doch diese begannen mit den deutschen Vorschriften, als die Behörden bemängelten, dass die amerikanische Drohne kein Antikollisionssystem und keine Enteisungsanlage habe. Als zehn Jahre später die Euro Hawk immer noch keine Zulassung hatte, stoppte der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière das Projekt. Das Fiasko kostete 700 Millionen Euro.

Entsprechend fordern Rüstungskonzerne, Experten und Militärs unisono Entbürokratisierung, eine grundlegende Reform des Beschaffungswesens oder zumindest weitgehende Sonderzulassungen.

Und so braucht es neben viel Geld für Hardware mindestens eine ebenso grosse Portion an politischer Durchsetzungskraft, um das wilde Gestrüpp aus Bürokratie und Beschaffungswesen zurechtzustutzen. Beides scheint derzeit vorhanden zu sein – und doch wird beides wohl nicht ausreichen.

Stinkefinger für Soldaten in Deutschland

Der Militärexperte Remmel sieht «die grösste strategische Herausforderung für die Bundeswehr» ganz woanders: «Wir brauchen Personal!» Denn: «Sie können uns gerne 10 000 Kampfpanzer auf den Hof stellen, das bringt gar nichts, wenn wir nicht das geeignete Personal haben, um diese Waffensysteme zu bedienen.» Durch mehr Geld werde dieses Problem aber nicht gelöst. Die Bundeswehr zahle durchaus gute Gehälter und biete zusätzlich viele Vorzüge wie Weiterbildung, Spezialisierung und Versorgung. Dennoch steigt die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung kontinuierlich an. Von 2023 auf 2024 hat sie sich sogar mehr als verdoppelt.

Seit die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt wurde, treten immer weniger Leute den Wehrdienst an. Zurzeit sind es rund 182 000 aktive Soldaten und Soldatinnen. Schon das Vorhaben, die Zahl auf 203 000 zu erhöhen, war ambitioniert. Und diese Grenze war noch gar nicht auf eine Landes- und Bündnisverteidigung ausgelegt. Dafür braucht es wesentlich mehr Personal: statt der bestehenden acht Brigaden schätzungsweise fünfzehn – also fast doppelt so viele.

Es ist wenig verwunderlich, dass kaum noch Deutsche zur Bundeswehr wollen. Politik und Medien haben selbst jahrelang dazu beigetragen, dass Deutschlands Militär in einer Art Schmuddelecke steht.

Das schwere Erbe der deutschen Geschichte hat zu einer Gegenreaktion in der Gesellschaft geführt. Alles Militärische gilt als verpönt. Soldaten bekommen das im Alltag am eigenen Leib zu spüren. Ein Oberst der deutschen Luftwaffe wundert sich jedes Mal, wenn er im Ausland ist. «In den USA werden die Militärs gegrüsst», erzählt er im Gespräch. «Selbst mir ruft man auf der Strasse ein anerkennendes ‹Thank you for your service› zu.» In Deutschland müsse man froh sein, wenn man nicht den Stinkefinger gezeigt bekomme.

Hinzu kommt die Politik. Wann immer gespart wurde, geriet die Bundeswehr als Erstes in den Fokus. Alles unter dem Motto der sogenannten Friedensdividende. Noch vor zwei Monaten erklärte der Inspekteur der Marine, Jan Christian Kaack: «Die politische Linie lautet doch: Wir befinden uns im tieeefsten Frieden.» Das «tief» zog der Vizeadmiral dabei ironisch in die Länge. Denn Kaack und seine Leute wissen: Die Realität sieht anders aus.

Erneute Wehrpflicht`?

CDU/CSU liebäugeln deshalb mit einer Rückkehr zur alten Wehrpflicht. Doch das wäre schwierig. Rechtlich müsste man klären, wie man es mit Frauen und diversen Menschen hält. Zudem fehlt inzwischen schlicht die nötige Infrastruktur: Rekrutierungszentren, Ausbilder, Unterkünfte.

Verteidigungsminister Pistorius hat mit einer Art Freiwilligendienst einen ersten Schritt getan. Alle jungen Bürger sollen zum 18. Geburtstag angeschrieben werden und einen Fragebogen zur körperlichen Fitness und zu ihrer Haltung zum Wehrdienst ausfüllen. Wer sich verpflichten lässt, soll einen kostenlosen Führerschein erhalten.

Der Militärexperte Remmel glaubt nicht, dass man dieses Problem mit etwas mehr Gehalt und einer schmissigen Werbekampagne lösen kann. «Es braucht einen generellen Mentalitätswechsel, und zwar in der Gesellschaft wie auch in der Bundeswehr selbst.» Die deutsche Bevölkerung müsse sich wieder überlegen, was man wolle: «Wollen wir in Frieden leben oder auch in Freiheit? Und falls hoffentlich Zweites gilt: Was sind wir bereit, dafür zu geben? Was ist uns unsere Freiheit wert?»

Und so wird schnell klar: Um Deutschland tatsächlich für den Ernstfall vorzubereiten und verteidigungsfähig zu machen, bedarf es weit mehr als Geld. Selbst Hunderte Milliarden Euro reichen dafür nicht aus. Das Schuldenmachen war nur ein erster Schritt. Vielleicht sogar der einfachste.

https://www.nzz.ch/international/das-geld-fuer-die-aufruestung-mag-nun-da-sein-doch-die-probleme-der-bundeswehr-sind-ganz-andere-ld.1876203


Le Point, 14 mars

Sans les Verts, rien ne va plus pour Friedrich Merz

Pour voter le financement de ses grands projets attendus dans toute l’Europe, le futur chancelier allemand a convoqué le Parlement sortant en session extraordinaire.

Excerpts :  

(…) Friedrich Merz a besoin des voix des Verts pour débloquer les milliards d’euros financés par la dette qu’il veut consacrer à la modernisation de la Bundeswehr, au soutien à l’Ukraine et au lancement d’un vaste programme de réfection des infrastructures vieillissantes. Or pour réformer le frein à la dette inscrit dans la Constitution depuis 2009, la majorité des deux tiers au Bundestag est nécessaire. Les conservateurs de la CDU/CSU et les sociaux-démocrates ont donc convoqué le Bundestag sortant pour tenter de faire voter ce projet commun qui sera le fondement de la coalition qu’ils s’apprêtent à former pour gouverner l’Allemagne.

Le nouveau Bundestag prend ses fonctions le 25 mars. Si le Parlement sortant encore opérationnel jusque-là a été convoqué dans la précipitation en session extraordinaire c’est parce qu’il sera plus facile pour Friedrich Merz d’y décrocher la majorité dont il a besoin. Il ne cesse de souligner que la composition du nouveau Parlement impliquerait des semaines, voire des mois de tractations pour éventuellement dégager cette majorité.

L’extrême droite qui s’oppose à la réforme du frein à la dette et au soutien militaire à l’Ukraine a doublé son nombre de sièges. « C’est du temps que nous n’avons pas, rappelait Friedrich Merz à la tribune du Bundestag. La situation internationale et l’état de notre pays ne tolèrent aucun délai. Repousser les choses serait totalement irresponsable. » C’est pourquoi la prochaine coalition fait du renforcement de la défense du pays sa priorité absolue. Friedrich Merz veut que d’ici le sommet de l’Otan dans un mois et le prochain sommet européen dans deux semaines l’« Allemagne soit opérationnelle et de retour sur la scène internationale ». Tout en rapportant combien son grand projet de financement a été bien accueilli dans les grandes capitales européennes et à Bruxelles, il rappelle : « Le monde entier a les yeux tournés vers l’Allemagne. Germany is back ! Échouer sur ce point n’est donc pas une option envisageable. » Il y va pour lui de la crédibilité de l’Allemagne.

Le problème, c’est que les Verts se rebiffent. (…)

Friedrich Merz s’est donc plié en quatre hier pour tenter de rallier les Verts. Après avoir fait appel à leur conscience et à leur sens des responsabilités, il a répondu à deux de leurs revendications : il a rajouté une enveloppe spéciale de 50 milliards d’euros pour renflouer le fonds pour le Climat et la Transformation (KFT), l’instrument central pour financer le développement des énergies du futur et la sortie des énergies fossiles. Il a promis aussi de débloquer des sommes supplémentaires pour les services de renseignements et la protection des civils. « Que voulez-vous de plus ? » a-t-il lancé depuis la tribune du Bundestag à l’adresse du groupe parlementaire des Verts. (…)

À quelques pas de là dans l’immeuble en forme de proue de navire qui abrite le siège de la CDU, les négociations de coalition ont parallèlement commencé à huis clos entre les conservateurs de la CDU/CSU arrivés en tête des élections et les sociaux-démocrates. 256 experts répartis en 16 groupes de travail focalisés sur un thème chacun plancheront au pas de course pendant dix jours pour rédiger un traité de coalition. Les instances du parti devront ensuite approuver leurs conclusions. Nous n’avons cessé de vous tendre la main et vous avez à plusieurs reprises.

https://www.lepoint.fr/monde/allemagne-sans-les-verts-rien-ne-va-plus-pour-friedrich-merz-13-03-2025-2584667_24.php


The Economist, March 10

Charlemagne : Can Friedrich Merz get Europe out of its funk?

A new Merz-mentum could reboot the Franco-German motor at the heart of the EU

Full text :   https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/03/10-mars-3.pdf

Link: https://www.economist.com/europe/2025/03/05/can-friedrich-merz-get-europe-out-of-its-funk


Le Figaro, 9 mars

Allemagne: accord de principe entre conservateurs et centre-gauche pour former un gouvernement

Ce futur gouvernement compte investir massivement pour relancer et réarmer la première économie européenne.

Full text :  

Les conservateurs allemands de Friedrich Merz et le parti de centre-gauche SPD ont annoncé samedi avoir conclu un accord de principe en vue de former un gouvernement qui prévoit d’investir massivement pour relancer et réarmer la première économie européenne. «Nous avons rédigé un document commun et nous sommes parvenus à un accord sur toute une série de questions», a déclaré le futur chancelier conservateur devant la presse, ajoutant que les partenaires allaient entamer probablement la semaine prochaine des négociations détaillées devant mener à la formation d’un nouvel exécutif. «Nous sommes tous convaincus que nous avons une grande tâche à accomplir» face aux «défis auxquels l’Europe entière est confrontée», a déclaré M. Merz. «Nous avons réussi un premier pas», a déclaré pour sa part le co-président du SPD Lars Klingbeil.

Dans le détail, les deux partis ont réussi à surmonter leurs différends en matière migratoire, a indiqué M. Merz. Le SPD a ainsi accepté une proposition controversée des conservateurs concernant un renforcement des contrôles aux frontières «en accord avec les partenaires européens» et d’un refoulement des étrangers sans papiers. Les sociaux-démocrates ont de leur côté imposé leur revendication d’une augmentation du salaire minimum à 15 euros, a précisé M. Klingbeil. Les partenaires avaient créé la surprise en s’accordant plus tôt cette semaine sur un programme d’investissements gigantesques de plusieurs centaines de milliards d’euros affectés au réarmement et aux infrastructures.

Les discussions pour créer un nouveau gouvernement sont suivies de très près par les voisins européens qui attendent de l’Allemagne, sous l’aile du parapluie américain depuis l’après-guerre, qu’elle joue un rôle plus important en matière de sécurité et de défense alors que le continent se mobilise pour réduire sa dépendance vis-à-vis des Etats-Unis de Donald Trump.

https://www.lefigaro.fr/flash-actu/allemagne-accord-de-principe-entre-conservateurs-et-centre-gauche-pour-former-un-gouvernement-20250308?utm_content=link&utm_term=Le_Figaro&utm_campaign=Nonli&utm_medium=Social&utm_source=Twitter


The Economist, March 6

Well done, Mr Merz. A fantastic start for Friedrich Merz

The incoming chancellor signals massive increases in defence and infrastructure spending

Full text: https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/03/6-mars-1.pdf

Link: https://www.economist.com/leaders/2025/03/05/a-fantastic-start-for-friedrich-merz

Neue Zürcher Zeitung, 6. März

«Whatever it takes»: So sieht das deutsche Milliardenpaket für Rüstung und Infrastruktur im Detail aus

Union und SPD wollen mit Hunderten von Milliarden Euro die Verteidigungsfähigkeit und die Infrastruktur Deutschlands stärken. Die Finanzmärkte stellen sich auf einen deutlichen Anstieg der Staatsverschuldung ein.

Full text :  

Es sei eine der grössten Paradigma-Verschiebungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte, erklärte der Chefvolkswirt von Deutsche Bank Research am Mittwoch. Gemeint war das am Dienstagabend angekündigte Investitionspaket, mit dem die konservativen Unionsparteien CDU/CSU und die Sozialdemokraten (SPD) die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands stärken und die Infrastruktur auf Vordermann bringen wollen. Finanziert werden soll es über zusätzliche Schulden im Umfang von Hunderten von Milliarden Euro.

Finanzierungskosten steigen

An den Finanzmärkten trieb die Ankündigung vom Dienstagabend die deutschen Finanzierungskosten in die Höhe: Die Rendite für zehnjährige deutsche Staatsanleihen stieg am Mittwoch deutlich an. Das ist eine Folge davon, dass Anleger höhere Staatsschulden erwarten und deshalb die Kurse für Staatsanleihen gesunken sind.

Die Einschätzung der Deutschen Bank trifft recht gut die Stimmung im Land: Befürworter wie Gegner des Finanzierungspakets scheinen von der Art der Vereinbarung und der Geschwindigkeit, mit der diese getroffen wurde, überrascht zu sein. Der Bundesverband der Deutschen Industrie lobte, CDU und SPD hätten den Ernst der Lage erkannt. Für den Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie wirkt die Entscheidung «wie eine Art Befreiungsschlag». Der Verband Die Familienunternehmer hingegen zeigte sich «entsetzt über die Zerstörung der Schuldenbremse». Ähnlich weit auseinander gehen die ersten Kommentare führender Ökonomen.

Vierteiliges Paket

Das Paket ist ein erstes Ergebnis der Sondierungsgespräche zwischen der Union und der SPD über die Bildung der nächsten deutschen Regierung. Es besteht im Wesentlichen aus vier Teilen, die Folgendes vorsehen:

  1. Verteidigungsausgaben: Alle Verteidigungsausgaben, die über ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) hinausgehen, werden künftig von der Schuldenbremse ausgenommen. Eine Obergrenze wurde nicht vereinbart. Ein Prozent des BIP entspricht derzeit rund 44 Milliarden Euro. Würden die Verteidigungsausgaben zum Beispiel auf die jüngst diskutierte Höhe von 3,5 Prozent des BIP erhöht, könnte Deutschland davon 2,5 Prozentpunkte oder derzeit 110 Milliarden Euro pro Jahr über neue Schulden finanzieren.
  2. Infrastruktur: Es wird ein «Sondervermögen» mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren geschaffen. Damit ist gemeint, dass in dieser Zeit 500 Milliarden an Schulden für die Finanzierung von Infrastrukturprojekten aufgenommen werden können, ohne sie auf die Schuldenbremse anzurechnen. Vorbild ist das bestehende «Sondervermögen Bundeswehr». Infrastruktur definieren Union und SPD in ihrer Einigung breit. Als Stichworte nehmen sie von Zivilschutz über Verkehr, Energie und Bildung bis zu Krankenhäusern eine Vielzahl von Themen.
  3. Bundesländer: Sie sollen doppelt vom Paket profitieren. Zum einen sollen vom Infrastruktur-«Sondervermögen» 100 Milliarden Euro den Ländern und den Kommunen für Infrastrukturausgaben zur Verfügung stehen. Zum andern wird auch für sie die Schuldenbremse gelockert: Künftig sollen auch sie – wie bisher bereits der Bund – im Rahmen der Schuldenbremse eine jährliche Neuverschuldung von bis zu 0,35 Prozent des BIP tätigen können.
  4. Reform der Schuldenbremse: Eine Expertengruppe soll einen Vorschlag für eine Modernisierung der Schuldenbremse entwickeln, «die dauerhaft zusätzliche Investitionen in die Zukunft unseres Landes ermöglicht». Auf dieser Grundlage soll bis Ende Jahr die Gesetzgebung abgeschlossen werden. Davon ist eine weitere Lockerung der Schuldenbremse zu erwarten.

Die für die ersten drei Punkte nötigen Grundgesetzänderungen wollen Union und SPD noch vor der Konstituierung des neuen, vor zehn Tagen gewählten Bundestags durch den alten Bundestag verabschieden lassen. Hintergrund ist, dass im neuen Bundestag die AfD und die Linkspartei gemeinsam eine Sperrminorität haben werden. Denn für Grundgesetzänderungen braucht es eine Zweidrittelmehrheit.

Diese haben Union und SPD auch im alten Bundestag nicht. Sie brauchen zusätzliche Stimmen von den Grünen und/oder der FDP. Auch im Bundesrat, dem Gremium der Bundesländer, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Das Vorhaben hat somit noch erhebliche Hürden zu nehmen.

Spardruck fällt weg

Über Einsparungen an anderer Stelle oder Umschichtungen im künftigen Haushalt sind bis jetzt keine konkreten Abmachungen bekannt. Man müsse zunächst Sparmöglichkeiten nutzen und strukturelle Reformen einleiten, bevor man allenfalls über die Schuldenbremse rede, hatte Friedrich Merz, CDU-Chef und voraussichtlicher künftiger Bundeskanzler, vor den Wahlen wiederholt betont.

Nun gehen Union und SPD den umgekehrten Weg: Sie haben die Einigung über zusätzliche Schulden «vor die Klammer gestellt», wie sich die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken ausdrückte. Gemeint ist, dass diese Punkte schon beschlossen werden sollen, bevor weitere Themen der angestrebten künftigen Koalition ausdiskutiert sind. Damit räumen sie einen potenziellen Konfliktherd aus dem Weg, an dem die Ampelregierung zerbrochen ist. Folge dieses Vorgehens ist aber auch, dass es kaum mehr Spardruck gibt.

Allein schon die Öffnung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben würde der künftigen Regierung selbst ohne Erhöhung der Militärkosten mehr Luft verschaffen: Für das laufende Jahr sieht die deutsche Finanzplanung ein reguläres Verteidigungsbudget von 53,5 Milliarden Euro vor. Mit der geplanten Neuregelung könnten davon fast 10 Milliarden Euro über Kredite finanziert werden, was Mittel freimachen würde für andere Ausgaben.

«Whatever it takes»

Merz begründete das Vorgehen mit der veränderten Weltlage. Zwar hoffe er, dass die USA auch künftig zu ihren Bündnisverpflichtungen stünden. Aber Europa müsse seine Verteidigungsfähigkeit schnell selbst stärken. «Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: Whatever it takes», sagte der CDU-Chef in Anlehnung an eine Aussage des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi während der Euro-Krise.

Das Sondervermögen für die Infrastruktur erklärte Merz damit, dass die zusätzlichen Verteidigungsausgaben nur zu verkraften seien, wenn die Volkswirtschaft «binnen kürzester Zeit wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkehrt». Dazu brauche es auch schnell und nachhaltig Investitionen in die Infrastruktur. Die nötigen Mittel könnten nicht allein aus den laufenden Haushalten finanziert werden.

Der Infrastruktur-Fonds dürfte letztlich auch der politische Preis für die Zustimmung der SPD zu den höheren Rüstungsausgaben sein.

Grund zur Beunruhigung?

Wie stark das Paket die deutsche Staatsverschuldung erhöhen wird, hängt unter anderem von der Höhe der künftigen Verteidigungsausgaben ab. Der Freiburger Ökonom Lars Feld, der zu den schärfsten Kritikern des Pakets zählt, erklärte im Gespräch mit der NZZ, dass die Verschuldung mit den Ankündigungen vom Dienstag in den nächsten zehn Jahren um rund 30 Prozentpunkte auf über 90 Prozent des BIP steigen könnte.

Derweil erwartet die Rating-Agentur Moody’s eine Erhöhung der Schuldenquote um 5 Prozentpunkte bis 2026, aber zugleich auch eine Unterstützung des Wirtschaftswachstums über 2026 hinaus.

https://www.nzz.ch/wirtschaft/finanzpaket-woher-die-milliarden-kommen-wohin-sie-gehen-ld.1873997


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. März

Milliardenausgaben: „Union und SPD sind über das Ziel hinausgeschossen“

Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht nach den Berliner Beschlüssen eine neue Ära deutscher Schuldenpolitik. Er rät im Gespräch zu Reformen und Sparsamkeit – und hat eine schlechte Nachricht für Häuslebauer.

Excerpts :  

(…) Erleben wir gerade den Beginn einer neuen Ära der deutschen Schuldenpolitik – das Ende der Sparsamkeit?

Ja, zumindest für einen begrenzten Zeitraum erleben wir eine neue Schuldenpolitik in Deutschland. Dafür gibt es mit der drastisch verschlechterten Sicherheitslage gute Gründe. Es ist aber nicht so drastisch, wie manche jetzt fürchten. Ein Anstieg der Schuldenquote auf 80 Prozent bis 2035 wäre unerfreulich, aber damit kann man leben.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/clemens-fuest-zur-schuldendebatte-einen-feiertag-streichen-110336628.html


Neue Zürcher Zeitung, 4. März

Ein Zusammengehen von Union und AfD wird als Bedrohung für die Demokratie gesehen. Aber die Rechtspopulisten müssten endlich scheitern dürfen

Bei einer 20-Prozent-Partei wie derzeit der AfD kann einzig der politische Wettbewerb die Wähler zum Umdenken bewegen. Ein langwieriges gerichtliches Prüfungsverfahren schafft dagegen Legenden.

Excerpts:  

Jahrzehntelang gehörte es in der Bundesrepublik zum guten, soll heissen: geschichtsbewusst-politischen Ton, bei jeder Krise umstandslos den Vergleich zu suchen und besorgt zu fragen: Wird Bonn, wird Berlin Weimar? Derzeit wird die Frage erneut gestellt. Politische «Brandmauern» gegen Koalitionen mit der AfD werden beschworen, sogar Kommunikationsverbote praktiziert, wie eben auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Nun ist sie zweitstärkste Partei in Deutschland geworden – vor den Sozialdemokraten und Grünen. Wird Berlin doch Weimar? Nein.

Die Schwarzen (CDU) und die Blauen (AfD) sind die Sieger des 23. Februar. Dank hoher Wahlbeteiligung hat die Jugend diesmal links gewählt und nicht grün. Koalitionen aus CDU/SPD und CDU/AfD sind rechnerisch möglich. Eine Regierung aus Union und SPD gilt als wahrscheinlich, aber eine Partei, die «historische» Verluste erlitten hat, wurde vom Wähler abgewählt, und das nicht, um erneut zu regieren.

Wenn Abgeordnete den Wählerwillen nicht respektieren, dürfen sie sich über Politikverdrossenheit nicht wundern. Ein Zusammengehen von Union und AfD wird als Bedrohung für die Demokratie gesehen, was sie nicht ist. Übersehen wird, dass eine 20-Prozent-Partei auch parlamentarisch nicht mehr ignoriert werden kann. Wer langfristig die fortbestehende innere Teilung Deutschlands überwinden will, sollte die Wähler im Osten gerade auch über parlamentarische Koalitionen zu integrieren suchen.

Die Rechtspopulisten müssen sich am demokratischen Wettbewerb beteiligen, in Koalitionen bewähren beziehungsweise scheitern. Sie werden sich dabei programmatisch anpassen, vielleicht spalten, in Teilen radikalisieren und gegebenenfalls auch einem Verbot nicht entgehen. (…)

In der Weimarer Republik ging die grössere Gefahr von Koalitionsbrüchen oder -verweigerungen der Parteien aus. An vorentscheidenden Brüchen war nicht nur die konservative, in Teilen rechtsnationale Deutsche Volkspartei (DVP) beteiligt, sondern auch die sozialdemokratische Republikgründerin. Im Krisenjahr 1923, mit Besetzung, Ruhrkampf, Inflation, Hungerunruhen und Putschen, stand Weimar erstmals am Abgrund, erneut dann 1930.

Koalitionsunwillig beziehungsweise unfähig waren beide Parteien, die DVP wie die SPD. Der rechte Flügel der Stresemann-Partei und der linke Flügel der SPD, die ehemaligen Unabhängigen, die erst im September 1922 wieder zur Mutterpartei zurückgekehrt waren, lagen weit auseinander.

Koalitionen zu bilden und Kompromisse zu schliessen, hatten die Parteien im Kaiserreich nicht lernen können. In Bismarcks konstitutioneller Monarchie waren sie vom Regieren ausgeschlossen. Die hoch polarisierte Weimarer Republik erlaubte den Parteien nicht, dieses Versäumnis nachzuholen.

Wichtig bleibt allerdings die Erkenntnis, dass im politischen Konfliktfall Integrität, Geschick und Erfahrung der Personen mit Führungsaufgaben stets von grosser Bedeutung sind. Das gilt gerade für eine im Bundestag relativ neue, programmatisch, finanziell und personell undurchsichtige AfD. Manche ihrer Fraktionsmitglieder geraten immer wieder ins Zwielicht.

Durch hohe Sympathiewerte, politische Kompetenz und souveränes Auftreten in freier Rede sind die Spitzenkandidaten dieser Partei bisher nur einmal aufgefallen. Das war die Gründerzeit mit unter anderem Frauke Petry, Konrad Adam, Hans-Olaf Henkel, Bernd Lucke. Diese verliessen die Partei mit der Erkenntnis: «Unser Baby ist missraten.» (…)

Längst ist in der international gelobten deutschen Erinnerungskultur das Opfergedenken in den Vordergrund gerückt. Die Auseinandersetzung mit den Tätern und der industriell organisierten Ermordung von Millionen Menschen jüdischer und slawischer Abstammung ist dahinter zurückgeblieben. Unbedenklich ist eine solche Verschiebung nicht.

Nicht unerwartet sind nun 152 AfD-Mitglieder in den Bundestag eingezogen. Das geschichtliche Bewusstsein nicht weniger von ihnen, so viel darf man unterstellen, dürfte sich eher in einer Grauzone bewegen zwischen Verharmlosung und Bewunderung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Früher oder später werden die AfD-Abgeordneten dem Bundestag Anlass geben, über diese Fragen auch wieder im Parlament zu sprechen.

Die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt wandte sich in den 1940er Jahren aus Amerika an ihren deutschen Lehrer Karl Jaspers: Für eine Unschuld der Opfer, die «jenseits der Tugend» liege, schrieb sie, und eine «Schuld jenseits des Verbrechens» habe sie keine juristischen und politischen Begriffe. Haben wir sie heute?

Peter Reichel war bis 2007 Professor für Historische Grundlagen der Politik an der Universität Hamburg. Letzte Veröffentlichung «Rettung der Republik?» (2022) im Carl-Hanser-Verlag.

https://www.nzz.ch/feuilleton/koalition-mit-afd-die-rechtspopulisten-muessten-endlich-scheitern-duerfen-ld.1873407


Neue Zürcher Zeitung, 3. März

Amerika zieht sich zurück, und in Deutschland geht die Angst um: Braucht es jetzt eine eigene Atombombe?

Donald Trump droht, den Europäern den militärischen Schutz zu entziehen. Deutsche Politiker sorgen sich auch um den nuklearen Schirm. Wie realistisch ist eine deutsche oder europäische Bombe?

Excerpts:  

Deutsche Politiker sind in Sorge, dass sich die USA militärisch von Europa abwenden. Äusserungen von Präsident Donald Trump und seinem engsten Umfeld in den vergangenen Wochen nähren bei einigen Zweifel am Fortbestand des jahrzehntelang von den Amerikanern gewährten militärischen Schutzschirmes.

In den zurückliegenden Tagen nahm in Deutschland daher eine Debatte Fahrt auf, die lange Zeit undenkbar schien: Es geht darum, ob Europa, vielleicht sogar Deutschland, eigene Nuklearwaffen brauche.

Am Freitag sagte der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», er wolle in den Koalitionsverhandlungen «und auch mit unseren Partnern in Europa, der EU und der Nato diskutieren», ob es eine nukleare Teilhabe mit Frankreich und Grossbritannien geben könne. Sein Parteikollege Jens Spahn forderte schon am Donnerstag: «Wir müssen über einen europäischen Nuklearschirm reden.»

Die naheliegende Lösung existiert in Europa selbst. Zwei europäische Staaten verfügen bereits über Nuklearwaffen. Einer von ihnen ist Frankreich, das seine Atombomben entweder über U-Boot-gestützte Raketen oder über Jagdbomber ins Ziel bringen kann. Anders als die USA haben die Franzosen aber keine Interkontinentalraketen in ihrem Besitz, die nuklear bewaffnet werden könnten. Das begrenzt ihre Abschreckungsfähigkeit auf grössere Distanzen.

(…) der heutige französische Präsident Emmanuel Macron hat wiederholt die Bereitschaft seines Landes hervorgehoben, mit Deutschland über eine Europäisierung der Nuklearstreitkräfte zu sprechen. Doch immer wieder waren deutsche Regierungsvertreter zurückhaltend. Sie wollten lieber an der Zusammenarbeit mit den USA festhalten und stellten in jüngerer Zeit die Weichen für neue Beschaffungen im Rahmen der nuklearen Teilhabe mit den USA. (…)

Das bezieht sich besonders auf die Bestellung von 35 Kampfflugzeugen des Typs F-35 in den USA im Jahr 2022. Sie sollen den Tornado ersetzen, der jahrzehntelang massgeblicher deutscher Beitrag zur nuklearen Teilhabe in der Nato war. Mit dem Tornado und schon bald mit dem F-35 sollen im Kriegsfall die in Büchel in Rheinland-Pfalz lagernden US-Atombomben ins Ziel gebracht werden. Die Entscheidungshoheit für den Einsatz dieser Bomben liegt bei den USA, jene über die Tornados und künftig die F-35 aber bei Deutschland. Die Nato nennt das «Zwei-Schlüssel-System».

Die zögerliche deutsche Haltung gegenüber den französischen Angeboten hat noch andere Ursachen. Die französische Nukleardoktrin sieht vor, Atomwaffen nur für die nationale Abschreckung einzusetzen. Eine bindende Garantie für andere Staaten ist bis anhin nicht vorgesehen. (…)

Alle Entscheidungen über einen französischen Nuklearschlag trifft bis jetzt ausschliesslich der Präsident. In Deutschland gibt es daher Zweifel, ob man beim Einsatz der Waffen mitbestimmen könnte, wie das in der Nato über das «Zwei-Schlüssel-System» möglich ist.

Das zweite europäische Land mit Nuklearwaffen ist Grossbritannien. Anders als die Franzosen hielten sich die Briten mit Offerten für eine Beteiligung an ihrem Nuklearwaffenprogramm bisher eher zurück. Merz sagte jedoch am Freitag, dass er auch mit den Briten über eine atomare Teilhabe diskutieren wolle.

Bis anhin weisen französische oder britische Atomwaffen gegenüber der amerikanischen Abschreckung erhebliche Nachteile auf. Die USA verfügen über ein dreigliedriges System (Triade) aus Interkontinentalraketen, U-Boot-gestützten Raketen und Langstreckenbombern. Sie sind global einsetzbar, ihre Reichweite ist nicht regional begrenzt.

Zudem bietet der amerikanische Schutzschirm die Möglichkeit, abgestuft zu reagieren. Wie etwa Russland, aber anders als Frankreich und Grossbritannien haben die Amerikaner nicht nur strategische, sondern auch taktische Atomwaffen. Ihre Sprengkraft und ihr Einsatzradius sind deutlich kleiner als die strategischer Systeme, die bei den westlichen Staaten als Zweitschlagskapazität vorgehalten werden. Strategische Atomwaffen dienen also in den westlichen Staaten ausschliesslich der Abschreckung: Ein Angreifer soll immer mit einem Vergeltungsschlag rechnen müssen. (…)

Deutschland hat den Besitz von Nuklearwaffen in der Vergangenheit stets ausgeschlossen. Das verbietet der Atomwaffensperrvertrag, den die Bundesrepublik 1969 unterzeichnet hat. Auch der 2+4-Vertrag, der 1990 die Wiedervereinigung regelte, untersagt Deutschland eigene Atomwaffen. Das Abkommen wurde zwischen der damaligen Bundesrepublik Deutschland und der DDR auf der einen und den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs auf der anderen Seite geschlossen.

Deutsche Regierungen haben sich ausserdem immer für nukleare Abrüstung eingesetzt, um das Risiko eines Atomkriegs zu verringern. 

Die Hoffnung auf eine solche Abrüstung hat sich allerdings nicht erfüllt. Immer mehr Länder haben sich weltweit nuklear bewaffnet. Das hat einen Vorteil: Wer Atomwaffen besitzt, wird so schnell konventionell nicht angegriffen.

(…) Die Ukraine ist dafür ein besonders abschreckendes Beispiel. Russland konnte das Land auch deshalb angreifen, weil es nicht mehr über eigene Atomwaffen verfügt. Es hat sie nach der Unterzeichnung des Budapester Memorandums im Jahr 1994 an Russland abgegeben.

Mittlerweile schreckt Russland nicht einmal mehr davor zurück, mit seinen Atomwaffen zu drohen. Wiederholt versuchte Putin so in den vergangenen drei Jahren, seine Eroberungen in der Ukraine abzusichern. (…)

Doch um ein strategisches Gegengewicht zu Russland zu bilden, dürften Europa die französischen und britischen Nuklearwaffen kaum reichen. Nach Angaben des Stockholmer Instituts für Friedensforschung verfügt Russland über mehr als 5500 Atomsprengköpfe. Frankreich und Grossbritannien gemeinsam kommen auf etwa ein Zehntel der Menge. (…)

Seit längerem gibt es daher die Idee einer gemeinsamen europäischen Nuklearbewaffnung. Wie könnte sie aussehen?

Es gibt den Vorschlag, dass Deutschland eintausend in den USA eingemottete Nuklearwaffen erwerben und in verschiedenen europäischen Ländern stationieren könnte. Er wird aber von Sicherheitsfachleuten als unrealistisch betrachtet, weil er viel zu viele Unwägbarkeiten enthält. Dazu zählt die Frage, ob die USA einem Verkauf überhaupt zustimmen würden.

Eine weitere Möglichkeit ist, dass Deutschland selbst Nuklearwaffen baut. Fachleute halten das technisch für machbar. (…)

Hinzu kommt: Ein Nuklearsprengkopf allein macht noch keine Waffe. Deutschland müsste daneben Trägersysteme entwickeln oder kaufen, etwa Mittel- und Langstreckenraketen, die an Land und, als Zweitschlagsfähigkeit, auf U-Booten stationiert sind. Ausserdem brauchte es etwa Satelliten, über die diese Waffen ins Ziel gesteuert würden. Das ist sehr teuer, nicht nur in der Entwicklung, sondern auch im Unterhalt.

Bislang fehlt in Deutschland der politische Wille, eigene Atomwaffen zu bauen. Deshalb erscheint ein gemeinsames Schutzsystem mit Franzosen und Briten realistischer. Doch auch das wird teuer. Beide Länder stecken jährlich Milliarden in den Unterhalt ihrer Nuklearstreitkräfte. Schon die Modernisierungen sind so kostspielig, dass es ihnen sehr entgegenkäme, wenn sich europäische Partner beteiligten.

Entscheidend wird sein, ob Frankreich und Grossbritannien bereit sind, ihre Hoheit über die Waffen zu teilen oder zumindest gemeinsame Einsatzpläne und Doktrinen mit Deutschland und anderen europäischen Staaten zu erarbeiten. All das dürfte nun erörtert werden.

Es gibt allerdings noch eine vierte Möglichkeit für Deutschland. Trotz allen Zerwürfnissen in der Vergangenheit haben die USA ihren nuklearen Schirm für die Europäer in der Nato nicht zusammengeklappt. Im Gegenteil: Mit dem Erwerb der F-35 und der geplanten Integration der US-Atombomben in das Flugzeug vertieft sich eher die Zusammenarbeit Deutschlands und der USA auf diesem Feld. Die Frage ist allerdings, wie sehr sich die künftige deutsche Regierung darauf verlassen will.

https://www.nzz.ch/international/trump-droht-und-deutschland-fragt-sich-ob-es-eine-eigene-atombombe-braucht-ld.1873307


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. März

Friedrich Merz im Interview: „Es könnte auch ein für uns sehr schlechtes Szenario eintreten“

Friedrich Merz blickt pessimistisch auf die USA, aber glaubt an die Stärke Europas. Ein Gespräch über die zweite Zeitenwende, den Druck auf der künftigen Regierung – und seine Pläne für Deutschland.

Excerpts:  

Es besteht weitgehend Einigkeit zwischen SPD und Union, dass für die Verteidigung sehr viel mehr Geld ausgegeben werden muss und dafür Schulden gemacht werden müssen. Wie soll das gehen: Schuldenbremse verändern, oder ein weiteres Sondervermögen?

Darüber sprechen wir. Ob wir möglicherweise angesichts der internationalen Lage noch kurzfristig zu einer Entscheidung kommen können, der Bundeswehr perspektivisch mehr Geld zur Verfügung zu stellen, da will ich den Verhandlungen nicht vorgreifen, es gibt dafür mehrere Wege. (…)

Eine große Reform der Schuldenbremse auf die Schnelle wird jetzt nicht mehr kommen?

Ich habe eine Reform der Schuldenbremse ja auch in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen, aber das will schon sorgfältig beraten werden. Die Länder haben zum Beispiel den verständlichen Wunsch, eine etwas höhere Flexibilität auch für die Landeshaushalte zu gewinnen. Der Bund muss im Gegenzug auf finanzpolitische Stabilität achten, nicht zuletzt im Hinblick auf die europäischen Regeln.

In Großbritannien wird ein Vorschlag diskutiert, nach dem Vorbild der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung eine Bank für europäische Wiederaufrüstung zu gründen. Es geht darum, mit einem staatlichen Kapital von etwa zehn Milliarden Euro privates Geld in zehnfacher Höhe zu mobilisieren. Was halten Sie von dieser Idee?

Das kann und will ich noch nicht abschließend bewerten. Ich finde es aber außerordentlich ermutigend, dass sich die britische Regierung in diesen europäischen Meinungsbildungsprozess sehr konstruktiv einbringt und es ganz offensichtlich in dieser Hinsicht kaum noch eine Rolle spielt, dass Großbritannien nicht mehr der Europäischen Union angehört.

Haben Sie über die Frage der Finanzierung auch mit dem französischen Präsidenten Macron bei Ihrem Besuch in Paris gesprochen?

Wir haben sehr ausführlich über fast alle Themen gesprochen. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass wir bei der Aufnahme von Schulden nur sehr geringe Spielräume haben.

Das Geld zu beschaffen ist das eine, aber Waffen und andere Ausrüstung müssen auch produziert werden. Wie können wir unsere Rüstungsindustrie auf die neue Lage einstellen?

Wir brauchen in jedem Falle ein wirkungsvolles europäisches Beschaffungssystem. Wir brauchen gemeinsame Standards. Wir brauchen einfachere Systeme. Und wir brauchen vor allen Dingen Stückzahlen. Wir fertigen bisher jeden Panzer und jeden Hubschrauber wie einen Maßanzug an. Das können wir uns nicht länger leisten.

Bei aller Notwendigkeit der europäischen Kooperation und Abstimmung: Müssen wir als Deutsche nicht auf Kriegswirtschaft umstellen? Müsste nicht, um es einmal zuzuspitzen, Mercedes Panzer bauen und BMW seine Möglichkeiten nutzen, um Drohnen herzustellen?

Diese Wortwahl ist mir etwas zu martialisch. Auf „Kriegswirtschaft“ umgestellt hat Russland, und das wird Deutschland, das wird Europa sicherlich nicht tun, auch nicht tun müssen. Aber wir werden natürlich eine sehr viel stärkere, breiter aufgestellte Verteidigungsindustrie brauchen.

Bleibt die Frage, wer die Waffen bedient. Brauchen wir nicht eine deutlich größere Bundeswehr und dafür eine Wehrpflicht, auch um im Ernstfall mehr Reservisten zu haben?

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat die ersten Vorschläge in der zu Ende gehenden Wahlperiode gemacht, darunter die Einführung einer Kontingentwehrpflicht. Er hatte dafür unsere Unterstützung. Vieles davon ist allerdings in der damaligen Ampelkoalition auf Widerstand gestoßen.

Eine Bundeswehr in der Größenordnung von 200.000 Soldaten ist für Sie groß genug?

Nicht die reine Kopfzahl wird das Entscheidende sein. Wir sollten die notwendige Personalstärke von den Fähigkeiten her ableiten, die wir brauchen. Und die sich daraus ergebende Personalanforderung wird sich mit einer reinen Freiwilligenarmee wahrscheinlich nicht herstellen lassen.

Sie sind ein klassischer Transatlantiker. Wir erleben eine Zeitenwende im transatlantischen Bündnis, die sich kaum jemand hat vorstellen können. Wie sehr erschüttert Sie der Epochenbruch im Verhältnis zu Amerika persönlich?

Ich habe aus der ersten Regierungszeit von Donald Trump einiges gelernt, muss allerdings sagen: Meine Befürchtung, dass Trump nach seiner Wiederwahl auf die Regierungsübernahme noch besser „vorbereitet“ sein würde als bei seiner ersten Präsidentschaft, hat sich leider bewahrheitet.

Die Demokraten in Amerika wirken wie paralysiert und viele Europäer auch.

Wir müssen lernen, mit der neuen Situation umzugehen.

Haben Sie dafür schon eine Idee?

Wissen Sie, ich lasse mich bei solchen Fragen von einem ganz einfachen Motto leiten: Lasst uns das Beste hoffen und uns trotzdem auf das Schlimmste vorbereiten. Das Beste wäre, wenn Amerika weiter die Europäer als Partner ansehen würde. Ich will alles dafür tun, um Präsident Trump dafür zu gewinnen, dass Amerikas Engagement in Europa auch im Interesse Amerikas liegt. Aber es könnte auch ein für uns sehr schlechtes Szenario mit gewaltigen Herausforderungen eintreten: dass wir nämlich die Verteidigung Europas selbst in die Hand nehmen müssen. Können wir das heute? Die Antwort ist Nein. Wollen und müssen wir das bald schaffen? Eindeutig ja.

Befinden wir uns noch in einer Wertegemeinschaft mit Amerika?

Das ist eine oft und zu Recht gestellte Frage. Ich würde sie gerne mit Ja beantworten, aber mir fällt es zunehmend schwer.

Trump hat die EU als „Feind“ bezeichnet, und gerade erst hat er wieder höchst abfällige Worte für Europa gefunden. Müssen wir ihm nicht die Stirn bieten? Welche Mittel haben wir dafür?

Erst einmal müssen wir klären: Stehen wir hier auf der europäischen Seite des Atlantiks im notwendigen Maß zusammen? Da sehe ich im Augenblick viel Ermutigendes. Ich finde es zum Beispiel ermutigend, dass sich der britische Premier Keir Starmer schon seit Wochen intensiv darum bemüht, Großbritannien mit den Europäern in der EU abzustimmen. Wir haben auf der europäischen Seite offensichtlich immer noch weitgehend dasselbe Verständnis von der regelbasierten Ordnung und den Werten, die uns zusammenhalten. Im Falle meiner Wahl wird es meine vordringliche Aufgabe sein, dafür zu sorgen, dass das so bleibt und dass Europa zu neuer Stärke findet. In so einer Situation kann ja auch eine Chance liegen. Wir erleben einen Schock, und wir verstehen, dass wir etwas tun müssen. Ich sage deshalb: Das Glas ist halb voll und nicht halb leer. Ja, es ist sicherlich nur zur Hälfte gefüllt. Aber läuft es völlig aus, oder haben wir eine Chance, es wieder aufzufüllen? Ich säße nicht hier, wenn ich nicht fest daran glauben würde, dass wir eine Chance haben, es wieder zu füllen – um im Bild zu bleiben.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/friedrich-merz-im-interview-ueber-seine-plaene-fuer-deutschland-und-die-usa-110327264.html


Neue Zürcher Zeitung, 28. Februar

Die ratlose Grossmacht: Deutschlands Lebenslügen sind gerade geplatzt

Die Bundesrepublik wäre am liebsten eine grosse Schweiz: neutral, nett und harmlos. Doch in der neuen Weltunordnung funktioniert das nicht mehr. Gelingt Schwarz-Rot die Wende zur Realpolitik?

Full text :  

In der Mitte der neunziger Jahre rief der damalige Bundespräsident Roman Herzog das «Ende des Trittbrettfahrens» aus. Deutschland, so seine Forderung, müsse Verantwortung in der Welt übernehmen.

Dreissig Jahre später schubst Donald Trump ein völlig unvorbereitetes Deutschland rüde vom Trittbrett.

Die Episode zeigt zweierlei. Die Erkenntnis, dass Deutschland und mit ihm ganz Westeuropa seine Sicherheit in die eigenen Hände nehmen muss, ist so alt wie das Ende des Kalten Kriegs. Doch drei Jahrzehnte ignorierte Deutschland die Erkenntnis. Der Platz auf dem Trittbrett war einfach zu bequem.

Der russische Imperialismus, die Weltmachtambitionen Chinas und die Disruption in Washington haben an der Geisteshaltung nichts geändert. Im Wahlkampf blickten Olaf Scholz und Friedrich Merz nach innen: auf Migration und Wirtschaft. Aussenpolitik kam nur am Rand vor.

Scholz spielte in der hässlichsten Tradition eines sozialistischen Agitators die Renten gegen die Ukraine aus. Merz litt unter Amnesie und konnte sich an sein Plädoyer für die Lieferung von Marschflugkörpern an Kiew nicht erinnern.

Es war wie immer in den letzten drei Jahrzehnten. Die beiden Politiker behandelten die Wähler wie Kinder, die man vor den Hässlichkeiten der Welt schützen muss. Dass eine mutige aussenpolitische Vision den Bürgern Zuversicht in schwierigen Zeiten vermitteln könnte – auf diesen Gedanken kamen weder CDU noch SPD. Nun ist die Wahl vorbei, und das Land ist denkbar schlecht auf die Krise der internationalen Ordnung vorbereitet.

Die Machtpolitik gewinnt gegen das Völkerrecht

Die europäische Zentralmacht hat keine Ahnung, wie sie sich in einer Welt positionieren soll, in der die nackte Konkurrenz der Grossmächte wichtiger ist als alle Regeln und Konventionen. Die politische Klasse verklärte Völkerrecht und Uno und wacht jetzt in einer Wirklichkeit auf, wo der Primat der Machtpolitik gilt. Noch ist nicht klar, ob den Parteien das Umdenken gelingt.

Ist Deutschland willens, vom Trittbrett in den Fahrersitz zu wechseln?

Das ist die neue deutsche Frage. Sie wird das Schicksal des Kontinents bestimmen.

Alle Versuche, Trump, Putin und Xi eine europäische Antwort entgegenzusetzen, sind zum Scheitern verurteilt, wenn Deutschland nicht mitmacht. Ohne seine Ressourcen bleiben alle Anstrengungen Stückwerk.

Jeder vierte Euro des EU-Haushalts stammt aus der Bundesrepublik. Sie zahlt sie fast doppelt so viel wie Frankreich. Deutschland wird ein Viertel der Wiederaufbauleistungen der EU für die Ukraine tragen müssen. Die Kosten werden auf einen Betrag irgendwo zwischen 500 Milliarden und einer Billion Dollar veranschlagt.

Ähnlich sind die Stärkeverhältnisse in der Nato mit ihren 32 Mitgliedern. Berlin stellt zehn Prozent der Truppen. Zieht sich Amerika aus Europa zurück, wird der Anteil noch grösser. Die Nato wird ihre neue Streitkräfteplanung an einem Gipfel im Juni verabschieden.

Für Berlin heisst das vermutlich: fünfzehn Kampfbrigaden statt wie bisher siebeneinhalb. Das Heer muss seinen Umfang verdoppeln. Der Verteidigungshaushalt wird dauerhaft von 50 auf 100 Milliarden wachsen. Der liebste Fetisch, die Schuldenbremse, wird gerade im Eiltempo abgeräumt.

Dabei ist die Unterstützung für die bisherigen aussenpolitischen Koordinaten Deutschlands fragiler denn je. Ein gutes Drittel der Wähler hat für rechte und linke Randparteien gestimmt, welche die Westbindung und die Zugehörigkeit zur Nato ablehnen. Die nationalistische oder radikalpazifistische Positionen vertreten, die Deutschland zu einer leichten Beute Putins machen, sollten sie jemals mehrheitsfähig werden.

Die innenpolitische Polarisierung hat Folgen für die aussenpolitische Zuverlässigkeit und die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik. CDU/CSU und SPD, die tragenden Säulen der etablierten Ordnung, konnten nicht einmal mehr 50 Prozent der Wähler von sich überzeugen.

Deutschland huldigte lange einem Stabilitätsfetischismus, am deutlichsten in der Ära Merkel. Stabilität war alles, Dynamik ein Schimpfwort. Um die Ruhe nicht zu gefährden, unterliess die Kanzlerin innenpolitische Reformen und aussenpolitische Initiativen.

Mit der Annexion der Krim trat die russische Aggression offen zutage. Doch Merkel war ein falscher Frieden wichtiger als der Widerstand gegen den Europa bedrohenden Imperialismus.

Aber auch die Macht hat ihre eigene Dialektik. Die Stabilität schlug um in Unordnung, und die «Ampel»-Jahre bildeten den Vorgeschmack auf die neue Realität. Angesichts der nicht minder zum Fetisch gewordenen Exkommunikation der AfD ist die «grosse» Koalition nun das einzig mögliche Bündnis. (?) Die schwarz-rote Allianz ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie gaukelt eine Stabilität vor, die sie mit ihrer bloss relativen Mehrheit in der Gesellschaft nicht mehr garantieren kann.

Das Fazit der Bundestagswahl lautet: Deutschland ist ratlos. Ob Schuldenbremse oder ewige Stabilität – die alten Gewissheiten tragen nicht mehr. Die Brandmauer hingegen ist ein bisschen wenig, um darauf eine Identität aufzubauen.

Zugleich ist Deutschland eine Grossmacht. Aber das Land wäre am liebsten eine grosse Schweiz. Neutral, nett und mit der Mehrung des Wohlstands ausgelastet.

Eine Grossmacht kann nicht Kleinstaat spielen.

Auch wenn sich die Grossmacht die Augen zuhält, schauen die anderen sie an und erwarten Orientierung. Seit dem Fall der Berliner Mauer wollte das wiedervereinigte Land diese einfache Wahrheit nicht wahrhaben.

Deutschland muss seine Beziehung zu den USA reparieren

Doch die friedliche Ära der Freiheit nach dem Ende des Kalten Kriegs ist vorbei. Jetzt herrscht die Ära des Dschungels mit Amerika, Russland und China als Raubtieren. Das alles ist seit Jahren evident, und doch lebte Berlin reichlich gedankenlos in den Tag hinein.

Scholz biss sich lieber die Zunge ab, als zu sagen, dass die Ukraine siegen müsse. Jetzt, wo Trump auf einen Kompromissfrieden zusteuert, ist das auch nicht recht.

So viel Unentschlossenheit und Mangel an strategischer Voraussicht kann man sich nur leisten, wenn es nicht auf einen ankommt. Das geht in Bern, aber nicht in Berlin.

Was Unionsparteien und Sozialdemokraten drei Jahrzehnte tunlichst vermieden haben, wird jetzt ihre vordringliche Aufgabe. Sie müssen dem Land erklären, dass die Bundesrepublik keine grosse Schweiz ist, dass sie in den Fahrersitz gehört und nicht aufs Trittbrett.

Wie soll die illegale Migration nach Deutschland nachhaltig eingedämmt werden, wenn Berlin nicht dafür sorgt, dass die EU ihre Aussengrenzen konsequent schützt?

Wie soll die Wirtschaft die Dauer-Rezession überwinden, wenn sich der Exportweltmeister mit seinem wichtigsten aussereuropäischen Absatzmarkt überwirft?

Niemand irrt so orientierungslos durch die von Trump und seinem Vize Vance aufgeführte Rocky Horror Picture Show wie deutsche Spitzenpolitiker. Im Wahlkampf mag das angehen, doch im Alltag muss sich Berlin mit Washington einigen.

Amerika wird als Handelspartner an Bedeutung gewinnen, China wird weiter verlieren. In der Ära des Dschungels ist das ein Naturgesetz. Angesichts der geopolitischen Konfrontation bilden sich wieder Blöcke. Der Austausch intensiviert sich innerhalb der Blöcke und schrumpft ausserhalb davon. Das lässt sich schon jetzt beobachten. Deutschland kann nicht gleichzeitig prosperieren und mit dem amerikanischen Präsidenten eine eskalierende Fehde pflegen.

Auf Merz kommt eine schwierige Aufgabe zu. Im Innern ist das Land polarisiert, wie der Streit um die Migration zeigt. Hier muss ein Moderator Gräben zuschütten und Kompromisse finden. Aussenpolitisch benötigt das Land einen Mentalitätswandel und einen Anführer, der mutig vorangeht.

Die Job-Beschreibung ist nicht nur widersprüchlich; für solch einen Kraftakt ist das Mandat des künftigen Kanzlers auch denkbar schwach. Die «Ampel» hat es weggefegt, ihr Spitzenpersonal auch, und dennoch erreicht die Union nicht einmal dreissig Prozent. Das ist mager – und ein Misstrauensvotum gegenüber der Person Merz.

Die Aufgabe wird noch erschwert durch den Umstand, dass die SPD in der Rolle der Juniorpartnerin zur aussenpolitischen Verantwortungslosigkeit neigt. Unter Merkel wehrte sie sich gegen jede Aufrüstung der Bundeswehr. Schon die Anschaffung von bewaffneten Drohnen galt ihr als Kriegstreiberei.

Deutschland muss aus seinem Wolkenkuckucksheim herausfinden. Wenn das nicht gelingt, werden sich die Aussichten für Europa weiter verdüstern.

https://www.nzz.ch/meinung/deutschland-nach-der-wahl-merz-und-der-wille-zur-macht-ld.1872796


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Februar

Die AfD ist jetzt die Partei der Arbeiter – und Arbeitslosen

Nachwahlbefragungen zeigen auch: Die AfD wird mehrheitlich aus Überzeugung gewählt. Die Union wird immer noch mit Merkel verbunden. Und die Linke profitiert von einem Alleinstellungsmerkmal. Die Wahlanalyse.

Ganzer Artikel:

https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/27-fevrier-3.pdf

Link: https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/bundestagswahl-2025-in-der-analyse-afd-jetzt-partei-der-arbeiter-110316171.html


The Guardian, February 27

It’s the liberal German dilemma: Merz is anathema, but he might stand up to Trump

Amid the gloom, the truth is dawning: the country faces hard political choices, and needs a more muscular approach to defence

Full text : https://www.theguardian.com/world/commentisfree/2025/feb/27/liberal-germany-friedrich-merz-donald-trump-defence


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Februar

Warum die AfD im Osten so stark ist

Die AfD ist in den ostdeutschen Flächenländern mit Abstand stärkste Kraft geworden – sie hat auch 47 der 50 Wahlkreise gewonnen. Was könnten die Gründe dafür sein?

Auszüge:

Die AfD ist in der Bundestagswahl in Ostdeutschland mit großem Abstand stärkste Kraft geworden. Sie kommt in den ostdeutschen Flächenländern auf 36,2 Prozent der Zweitstimmen. Sie gewinnt dabei rund doppelt so viele Stimmen wie die CDU, die im Osten nur 18,9 Prozent erreicht. In Thüringen gaben 38,6 Prozent der Wähler ihre Zweitstimme der AfD, in Sachsen waren es 37,3, in Sachsen-Anhalt 37,1 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 35 und in Brandenburg 32,5 Prozent.

Zudem gewinnt die AfD 47 der 50 Wahlkreise in den fünf Bundesländern, zum Teil mit Ergebnissen, die an die 50 Prozent heranreichen. Im Wahlkreis Görlitz in Sachsen kam der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla auf 48,9 Prozent der Erststimmen, im Wahlkreis Bautzen I erreichte Karsten Hilse 48,3 Prozent, im Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge der Kandidat Steffen Janich 49,1 Prozent, im Chemnitzer Umland Maximilian Krah 44,2 Prozent. (…)

„Die AfD ist nun der Hegemon im Osten“, sagt der Dresdner Politikprofessor Hans Vorländer. Sie sei nicht mehr nur in den sogenannten abgehängten Gebieten stark, „sondern hat auch in den Städten deutlich an Zustimmung gewonnen“.
Was sind die Gründe dafür, dass die AfD noch einmal deutlich zulegen konnte? Offenbar ist es der Partei noch einmal gelungen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren. (…)

Ein weiterer Grund für den Erfolg der AfD im Osten ist offenbar, dass es deutlich mehr um die Abwahl der bisherigen Regierung ging als um die Wahl einer neuen Koalition. „Wer Scholz oder vor allem Habeck auf keinen Fall mehr haben wollte, für den war die Wahl der AfD eine sichere Bank“, so Brodocz. Die Ampelparteien schnitten im Osten noch schlechter ab als im Westen: Die SPD erreichte in den fünf ostdeutschen Ländern nur 10,8 Prozent, die Grünen 5,6 Prozent, die FDP 3,1.

Auch die CDU erreichte ein vergleichsweise schwaches Ergebnis. Sie wird im Osten für die Migrationspolitik der vergangenen Jahre verantwortlich gemacht. (…)

„Merz ist im Osten kein Gewinnertyp“, sagt Vorländer. „Er hat keinen volkstümlichen Habitus, sondern die Aura eines Investmentbankers. Das kommt im Osten gar nicht an.“ Als Transatlantiker, der sich für die Erhöhung der Verteidigungsausgaben und eine entschiedene Unterstützung der Ukra­ine einsetzt, hatte Merz es auch politisch schwer, im Osten zu punkten. (…)

Die Wahlergebnisse im Osten weisen zudem darauf hin, dass die AfD nun den Charakter einer Volkspartei hat. Zudem wird die Normalisierung der AfD in den Medien zu ihrem Erfolg beigetragen haben. (…)

https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/bundestagswahl-2025-warum-die-afd-im-osten-so-stark-ist-110317117.html


L’Express, 25 février

Avec Friedrich Merz, un début de révolution pour l’Europe ? Par Marion van Renterghem

Chronique. En tête d’élections historiques, le futur chancelier veut une défense européenne émancipée des Etats-Unis, envisageant la protection nucléaire française ou britannique.

Article intégral :      

e n’aurais jamais pensé devoir dire cela à la télévision” a dit Friedrich Merz dimanche 23 février, après les premiers résultats des élections législatives allemandes. Le probable futur chancelier chrétien-démocrate, dont le parti (CDU/CSU) est arrivé en tête avec 28,52 % des voix, a affiché gravement sa conscience de la bascule du monde. Le cap qu’il en déduit pour l’Allemagne est en rupture avec la relation transatlantique qui fonde l’identité du pays depuis 1945. Par ses implications géopolitiques majeures, cet événement dépasse en importance la percée spectaculaire du parti d’extrême-droite AfD (20,8 %), bien que celui-ci ait doublé son score de 2021 et devienne le premier parti d’opposition au Bundestag.

Sur la chaîne ARD, Friedrich Merz évoquait la nécessité pour les Européens de développer une défense autonome, émancipée d’une alliance atlantique cassée par Donald Trump et par des Etats-Unis “largement indifférents au sort de l’Europe”. Deux jours plus tôt, il était encore plus disruptif. Sur la chaîne télévisée ZDF, le 21 février, il avait déclaré vouloir “discuter avec les Britanniques et les Français pour savoir si leur protection nucléaire pourrait également s’étendre à nous (l’Allemagne).” Il a souligné que l’Allemagne n’avait jamais répondu à cette question “que le gouvernement français a soulevée à plusieurs reprises auprès du gouvernement allemand”. On l’a compris : avec lui, l’Allemagne répondra.

Pour l’Allemagne et pour l’Europe, c’est une révolution. Ou plutôt un début de révolution, tant la défense allemande, encore embryonnaire, est dépendante (comme l’ensemble de l’Europe) de la production américaine – environ 55 % des importations d’armes de l’Allemagne proviennent des Etats-Unis, incluant les stratégiques missiles Patriot et avions F-35. Mais cette prise de position de Merz est cruciale en soi, et ce d’autant plus qu’elle fait écho à celles du Premier ministre de la Pologne, pays lui aussi viscéralement attaché à la sécurité américaine. Donald Tusk a ainsi invité les Européens à s’armer et à couper le cordon ombilical avec Washington : “Ne demandez pas à l’Amérique ce qu’elle peut faire pour notre sécurité. Demandez-vous ce que nous pouvons faire pour notre propre sécurité.”

Qu’on les examine à la loupe ou de loin sur la carte du monde, les élections législatives allemandes de 2025 sont historiques. Un mois après l’investiture de Donald Trump à la Maison-Blanche, la veille du jour funeste où sont commémorés les trois ans de l’invasion russe en Ukraine et au moment où le président américain rejoue les accords de Munich de 1938 avec Vladimir Poutine en lui faisant cadeau d’un pays qui ne lui appartient pas, l’arrivée programmée de Friedrich Merz à la tête de la chancellerie rompt avec l’attentisme paralysant de son prédécesseur social-démocrate (SPD), Olaf Scholz. Désormais sur la même ligne que la majorité de ses homologues européens, notamment du nord et de l’est, et alors que les dirigeants français et britanniques, Emmanuel Macron et Keir Starmer, s’activent ensemble pour garantir la sécurité de l’Ukraine et du continent, Merz assure le concours de la première puissance économique européenne. Le pire n’est plus certain.

Il doit encore former la coalition qui l’élira à la tête de la chancellerie et l’hypothèse la plus probable est celle d’une nouvelle grande coalition CDU-SPD. Les deux partis ont des divergences sur les questions de défense. Le SPD est traditionnellement pacifiste, plus ouvert aux relations avec la Russie, à reculons sur le nucléaire. La gravité du contexte face à la nouvelle alliance russo-américaine doit les amener à s’entendre.

L’idée d’une convergence des forces nucléaires française et britannique est en discussion secrète depuis longtemps entre Londres et Paris. Emmanuel Macron a déjà souligné que “les intérêts vitaux de la France incluent une dimension européenne“. L’autonomie du Royaume-Uni en matière de dissuasion nucléaire est limitée par rapport aux Etats-Unis, mais des coopérations renforcées avec la France sont envisageables et s’imposent. Les Européens de l’Union européenne, et évidemment du Royaume-Uni, doivent devenir capables de se défendre sans dépendre exclusivement des Etats-Unis.

La révolution de Friedrich Merz marque une étape historique pour l’autonomie stratégique européenne.

https://www.lexpress.fr/monde/europe/avec-friedrich-merz-un-debut-de-revolution-pour-leurope-par-marion-van-renterghem-S26G2PEZ7VFFXHA2SFLXMFPAPQ/


Le Point, 25 février

Les quatre travaux herculéens de Friedrich Merz

ÉDITO. La victoire électorale du leader chrétien-démocrate allemand permet d’espérer un sursaut de l’Europe. La France doit l’aider à transformer l’essai.

Extraits:  

Enfin une bonne nouvelle ! La victoire électorale du chrétien-démocrate Friedrich Merz en Allemagne laisse présager un sursaut bienvenu de l’Europe. Les raisons d’espérer sur la scène internationale sont trop rares ces jours-ci pour réfréner notre optimisme, même si le personnage n’est pas dans la meilleure des positions politiques pour affronter la tâche herculéenne qui l’attend.

Son premier chantier est économique. (…) L’ancienne locomotive de l’économie européenne risque de connaître en 2025 une nouvelle récession, pour la troisième année consécutive. Sa production industrielle n’a toujours pas retrouvé son niveau d’avant Covid. Le modèle économique fondé sur l’exportation plutôt que sur la demande intérieure est à repenser.

L’ancienne locomotive de l’économie européenne risque de connaître en 2025 une nouvelle récession, pour la troisième année consécutive. Sa production industrielle n’a toujours pas retrouvé son niveau d’avant Covid. Le modèle économique fondé sur l’exportation plutôt que sur la demande intérieure est à repenser.

Le troisième des grands travaux du patron de l’Union chrétienne-démocrate (CDU) n’est pas le plus simple : il doit assumer les responsabilités sécuritaires qui incombent au pays le plus riche et le plus peuplé du Vieux Continent, alors que l’allié traditionnel, les États-Unis, tourne casaque, et que le partenaire européen privilégié, la France, s’enfonce dans une ornière de dettes et de déficits. Aucune puissance n’avait, plus que l’Allemagne, bénéficié de l’alliance américaine depuis huit décennies ; aucune n’avait davantage tiré parti de la fin de la guerre froide, qui a permis sa réunification. Vu de Berlin, les astres étaient si parfaitement alignés que toute notion de menace avait disparu, au point que l’entretien d’une armée en état de se battre semblait superflu.

Contrairement à Olaf Scholz, son prédécesseur immédiat à la chancellerie, Friedrich Merz a pris la mesure des tâches qui l’attendent. Face au bouleversement international provoqué par Donald Trump, il a compris que l’Europe devait apprendre à assumer son destin de manière indépendante et que, pour cela, la construction européenne devait repartir de l’avant. (…)

Le futur chancelier est ouvert à la négociation d’un grand emprunt européen pour financer le réarmement. Il envisage que la dissuasion nucléaire de la France et du Royaume-Uni puisse être étendue à toute l’Europe à la place du parapluie américain. Il n’exclut pas de briser le tabou du nucléaire civil en revenant sur la fermeture des centrales décidée par Angela Merkel en 2011. Enfin, il a compris que toute tentative sérieuse de lutter contre l’extrême droite devait passer par une reprise en main des frontières : sur ce sujet crucial, il se positionne à l’opposé du laxisme merkélien.

Dans l’immédiat, cependant – et c’est là son quatrième défi –, Merz doit constituer une coalition gouvernementale. (…) La CDU n’a pour sa part obtenu qu’une victoire très relative, avec 28,5 % des suffrages, en deçà de l’objectif espéré de 30 %. Les négociations pour un programme de gouvernement s’annoncent complexes.

Pourtant, il n’y a pas de temps à perdre. À l’heure où les périls s’accumulent, Friedrich Merz porte sur ses épaules une immense responsabilité. Son succès est indispensable pour que l’Europe sorte de l’engrenage de la vassalisation et qu’elle soit enfin capable de penser et d’agir par elle-même. L’intérêt de la France est de lui apporter son concours, sans barguigner.

https://www.lepoint.fr/monde/les-quatre-travaux-herculeens-de-friedrich-merz-25-02-2025-2583237_24.php


👎😮😕 L’Opinion, édito, 25 février

Législatives en Allemagne : des leçons pour la France

« De part et d’autre du Rhin, les mêmes causes produisent les mêmes effets… »Article intégral :      

Ce n’est une surprise que pour les aveugles, ceux qui ne veulent pas admettre que, de part et d’autre du Rhin, les mêmes causes produisent les mêmes effets. L’Allemagne a voté et, comme en France, les électeurs ont envoyé au Parlement une configuration politique jamais vue depuis des décennies, et qui confirme, si besoin était, que l’impossibilité d’atteindre la majorité est désormais la règle pour les partis de gouvernement.

A Berlin comme à Paris, l’extrême droite a signé des scores historiques. En Allemagne comme en France, les Verts reculent et la gauche décroche au plus bas de son histoire électorale pour se retrouver, dans les deux pays, sous la surveillance d’une extrême gauche agressive. Enfin, ici et là-bas, la droite et le centre de gouvernement, s’ils sont toujours debout, sont trop faibles pour gouverner seuls.

Le scrutin de ce week-end nous administre ainsi quelques solides leçons. D’abord que les élections législatives à la proportionnelle sont l’inverse de ce qu’il faut à un pays cherchant des majorités claires. Avis à tous ceux qui veulent tripatouiller notre mode de scrutin pour les prochaines élections législatives. Ce qui s’est passé en Allemagne devrait également servir de révélateur à tous ceux qui prétendent que la culture du compromis, aujourd’hui tellement étrangère à la France, viendra naturellement avec l’instauration d’un mode de scrutin proportionnel. Au demeurant, et face à l’ampleur des défis et à l’immensité des énergies qu’il faut mobiliser pour réformer, on voit mal comment, après une coalition gauche-droite, une alliance droite-gauche ferait mieux que les diverses versions du « socle commun » à la française.

La réalité, c’est que dans la période de grand chambardement que traverse l’Europe, les électeurs sont en demande de radicalité. Et qu’ils vont chercher aux franges ce qu’ils ne trouvent plus dans les partis de gouvernement.

https://www.lopinion.fr/international/legislatives-en-allemagne-des-lecons-pour-la-france


The Guardian, February 25

Germany election: Merz says it’s ‘five to midnight’ for Europe

Leader of victorious conservative alliance says continent must build defence capability as US moves towards ‘America alone’ motto

Full text :  

The man expected to be Germany’s next chancellor has said Europe must act swiftly to increase its defence capability in the face of a US administration whose motto is moving towards “America alone”, adding: “This is really five minutes to midnight for Europe.”

In a wide-ranging press conference after his conservative alliance’s victory in Sunday’s federal election, Friedrich Merz made it clear his focus was on the turbulent geopolitical landscape, saying that although he would seek good ties with the US he was also ready for “the worst-case scenario”.

Asked about the doubling of support for the far-right Alternative für Deutschland, which came second with 20% of votes, he urged Germany’s political mainstream to recognise it as “the last warning”.

Effective leadership was urgently needed to combat the AfD’s further rise and solve the problems that had helped fuel its popularity, he told journalists. “This is really the last warning to the political parties of the democratic centre in Germany to come to common solutions.”

But, as the 69-year-old former banker prepared to begin the thorny task of forming a government with Olaf Scholz’s centre-left Social Democrats (SPD), his first comments on Monday – the third anniversary of Russia’s full-scale invasion – were directed at Kyiv.

He posted on X: “Europe stands unwaveringly by Ukraine’s side. Now more than ever, it holds true: We must put Ukraine in a position of strength.”

In an apparent sideswipe at Donald Trump’s administration after it began talks with Russia last week about ending the war that excluded Ukraine and Europe, he added: “For a just peace, the attacked country must be part of peace negotiations.”

Merz, a known transatlanticist – a proponent of a close relationship between the US and Europe – later said that “all the signals we are receiving from the United States indicate that interest in Europe is decreasing”.

“If those who really do not just make ‘America first,’ but almost ‘America alone’ their motto prevail, then it will be difficult,” he told reporters. “But I remain hopeful that we will succeed in maintaining the transatlantic relationship.”

For many years, Berlin had resisted calls from Paris to build up Europe’s defence capabilities, feeling secure under the protection of the nuclear-armed US.

However, Merz has made clear he felt Europe’s largest economy was facing a new era. “In particular following the announcements from Washington in the past few weeks, it’s clear that we Europeans now need to very hurriedly become capable to act,” he said.

He also made reference to interference from the Trump administration in Germany’s election campaign, calling it unacceptable. Elon Musk, the president’s close ally, congratulated the AfD’s candidate for chancellor after the anti-Islam party’s strong performance in the election. On Monday Musk posted on X: “It is only a matter of time before AfD wins.”

The AfD won about twice the vote share it garnered at the last election three years ago. But it will not be part of negotiations to form a coalition government because of the “firewall” that has historically existed between mainstream parties and the far right.

A jubilant Alice Weidel, the AfD’s co-leader and candidate for chancellor, called her party’s performance “historic” and decried Merz’s refusal to enter into coalition with the AfD as a “democracy blockade”, arguing that millions of voters were in effect disfranchised by the decision.

The AfD did particularly well in the former communist east, where it secured 43 out of 48 available seats after campaigning vigorously on an anti-Islam, anti-immigration platform, and backing the “remigration” of immigrants and German citizens deemed to have poorly integrated.

On Monday Merz, whose CDU/CSU alliance won 28.5% of the vote, said: “We need to see that we solve the problems in Germany together so that we step for step, deprive this party of its breeding ground.” If that failed, he said, referring to the next election, “we’ll have very different problems”.

Merz said his own conservative party colleagues had warned him that the former east was “only a few years ahead of you in the west” and that “if you do not solve the problems, then you will have the same problem”.

With a particular focus on migration, which was the main topic of the election campaign, Merz doubled down on his view that “we need to retrieve control once again over those who enter our country”. The CDU leader provoked controversy in January by relying on AfD support to get a non-binding migration policy through parliament.

His hardline migration policies are diametrically opposed to those of the SPD, and the parties – who together would have a small majority in the Bundestag – are likely to engage in stormy negotiations as they try to thrash out a grand coalition.

Many Germans fear a re-run of the last GroKo, as they are known, led by Angela Merkel between 2018 and 2021, which critics accused of a lack of ambition and failing to tackle pressing challenges such as economic and bureaucratic reform, defence spending increases and an infrastructure overhaul.

Sunday’s election was bruising for all the parties in the incumbent government. The SPD, Germany’s oldest political party, received its worst ever result, with 16% of the vote share. Scholz, who will remain as chancellor until Merz has formed a government, called the result “bitter”.

The Greens garnered 11.6% of the vote, down three points from 2021. The market liberal FDP failed to reach the 5% threshold needed to get into parliament, as did the leftwing conservative Sahra Wagenknecht Alliance (BSW). The leftwing Linke party garnered 8.8%.

Merz said he hoped to form a coalition by Easter in late April, stressing the urgency of the negotiations and saying: “The world is not waiting for us.”

In his press conference, Merz also said he would ensure that the Israeli prime minister would be able to visit Germany without being apprehended, after a warrant was issued for his arrest by the international criminal court for alleged war crimes committed in Gaza.

Merz called it “an absurd idea” that Benjamin Netanyahu should not visit Germany and said he had told Netanyahu as much by phone.

https://www.theguardian.com/world/2025/feb/24/germany-election-far-right-surge-friedrich-merz-warning


Neue Zürcher Zeitung, 25. Februar

Aus für die FDP: Deutschland entscheidet sich gegen den Liberalismus

Der einst prinzipientreue Christian Lindner hat seine Partei in der Scholz-Koalition zur Unkenntlichkeit verbiegen lassen – ein Sinnbild für den Niedergang liberaler Ideen in einer zunehmend staatsgläubigen Republik.

Extraits:  

Christian Lindner stand einmal eisern für seine Prinzipien ein. 2017 war das, der FDP-Chef hatte seine Partei gerade aus dem ausserparlamentarischen Exil zurück in den Bundestag geführt. Damals liess er, leicht rebellisch und demonstrativ unrasiert, die Regierungsavancen der Kanzlerin ins Leere laufen. Aus gutem Grund.

Denn als Lindner mit Union und Grünen über eine Koalition verhandelte, wurde schnell klar: Angela Merkel wollte zwar die FDP-Stimmen für ihre Mehrheit. Die Steuererleichterungen, den Bürokratieabbau und die Energiepolitik, die von den Liberalen eingefordert wurde, das alles wollte Merkel hingegen nicht.

Der FDP-Chef nahm es mit einem Schulterzucken und formulierte jenen Satz, der ihm bis heute zu Unrecht um die Ohren gehauen wird: «Lieber nicht regieren als falsch regieren».

Und dann? Dann kam im Jahr 2021 die Dreierkoalition. Dann kam die grosse Selbstaufgabe. Die drei Jahre an der Seite von SPD und Grünen verwandelten die Partei der Eigenverantwortung in einen willfährigen Erfüllungsgehilfen staatsgläubiger Politik. So werfen es dem Parteichef jedenfalls nicht wenige Kritiker aus den eigenen Reihen vor.

Lindner selbst, einst das kantige Gesicht des Widerstands gegen die Schuldenpolitik, manövrierte sich als Finanzminister in eine geradezu groteske Position: Hatte er vor dem Eintritt in die Koalition noch gegen Schattenhaushalte gewettert, half er nun eifrig mit, genau solche Haushaltstricksereien umzusetzen.

Dass er die Koalition schliesslich Ende 2024 im Streit um den Haushalt verliess, kann man ihm nicht vorwerfen. Wohl aber, dass er es nicht schon viel früher tat. Im Wahlkampf versprach seine FDP dann, Deutschland zurück zu wirtschaftlicher Vernunft und freiem Markt zu führen.

Aber wer sollte das noch glauben? Wer jahrelang hohe Steuern, teure Subventionen und ausufernde Sozialleistungen mitträgt, kann nicht plötzlich den liberalen Erlöser spielen. Das Desaster, das am Wahlabend folgte, war hausgemacht.

Doch Lindners Fehler sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere, vielleicht entscheidendere, ist die politische Grosswetterlage. Deutschland verabschiedet sich immer weiter von der Idee der Freiheit.

Das machte sich auch im Wahlkampf bemerkbar. Wo einst über Wachstum und Innovation gestritten wurde, dominierten diesmal Umverteilung, Transferleistungen und das ewige Mantra der «sozialen Gerechtigkeit». Selbst die jetzt siegreiche Union versprach den Wählern in den vergangenen Wochen eine «Frühstart-Rente».(…)

Kein Wunder, dass sich die Bevölkerung in dieser mollig-warmen Vollversorgung eingerichtet hat. «Beamter» ist seit Jahren der beliebteste Berufswunsch deutscher Studenten, während die Zahl der Unternehmensgründungen stetig sinkt. Risiken? Unsicherheiten? Lieber nicht.

Der neue Bundestag spiegelt diesen Zeitgeist wider: Die Linkspartei, vor kurzem noch totgesagt, feiert ihre politische Wiederauferstehung – inklusive Sozialpopulismus mit Tiktok-Appeal und einer Prise Wünsch-dir-was. Bedingungsloses Grundeinkommen, 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, Mietendeckel bundesweit – die radikale Umverteilungsagenda fand genau jene 8,7 Prozent Wähler.

Die AfD wiederum verdoppelte ihr Ergebnis mit einer toxischen Mischung aus nationaler Abschottung und sozialistischen Wohlfahrtsversprechen. Den «kleinen deutschen Mann» will man mit üppigen Sozialleistungen versorgen, während man Zuwanderern den Zugang zum Sozialsystem versperrt. (…)

Die FDP hätte das Gegenmodell sein können, das werfen wiederum grosse Teile der Liberalen Lindner vor. Die Partei, die eigentlich an Eigenverantwortung glaubt, an Innovation, an den Mut zum Neuen. Stattdessen wurde sie unter seiner Führung zum Mehrheitsbeschaffer einer Politik, die sie ursprünglich bekämpfen wollte: winkte Tankrabatte durch, feierte das 49-Euro-Ticket und öffnete Subventionstöpfe für jede erdenkliche Nischenbranche. (…)

Nun sitzt die FDP draussen.

Vielleicht wird diese Partei eines Tages wieder gebraucht. Vielleicht wird Deutschland eines Morgens aufwachen und feststellen, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist und auch dafür zuständig ist, für Wohlstand zu sorgen. Vielleicht erinnert sich dann jemand an diese kleine Partei, die früher einmal für all das stand.

https://www.nzz.ch/international/aus-fuer-die-fdp-deutschland-entscheidet-sich-gegen-den-liberalismus-ld.1872534


The Wall Street Journal, February 24

The Race to Save Germany

Voters give the center-right a chance to govern, but the AfD lurks to take advantage of failure.

Extraits:  

Germans voted for change Sunday, and the most important questions now facing their country—and Europe—are whether and how quickly they’ll get it.

Exit polls confirm what most analysts expected: The winner is Friedrich Merz, leader of the center-right Christian Democrats (CDU) and their Bavarian sister the CSU. The likely vote share of about 29% marks a four-point improvement on his party’s result under a different leader in the last election in 2021. This is partly a vindication of Mr. Merz’s efforts to abandon the woolly centrism of former Chancellor Angela Merkel and offer voters real policy contrasts with the left.

The other big winner is the Alternative for Germany (AfD), on track to win about 20%. This doubles the party’s vote share from 2021, despite serious concerns about Nazi sympathies among some of its leaders.

It’s not hard to see why Germans grow more willing in each election to take a risk on such a party. The country is entering its third year of recession as disastrous energy policies and high-tax, high-regulation welfare statism cripple the economy. Voters also are fed up with Germany’s immigration failures. This election centered on the fiscal and social costs of welcoming hundreds of thousands of Middle Eastern migrants, especially amid high-profile crimes and suspected terror attacks.

Only the AfD has called consistently for rethinking green fixations and immigration policies. Mr. Merz staunched defections from his party to the AfD this time with parliamentary maneuvers to show he’d pass serious immigration limits. But his party remains divided on reform of green policies, many of which Ms. Merkel introduced. Time is short to prove he can deliver as Chancellor. (…)

Such balky coalitions are necessary because no mainstream party is willing to form a coalition with the AfD, though a Christian Democrat-AfD coalition could govern from the right. Despite what you’ve heard from Elon Musk and JD Vance, the AfD is an anti-American, pro-Russian party.

All of this underscores the urgency of Mr. Merz’s mandate. His relative success on a platform of economic reform and immigration control proves voters are willing to give mainstream parties another chance. The AfD’s surge suggests those chances may not survive another governing failure.

https://www.wsj.com/opinion/the-race-to-save-germany-elections-center-right-victory-afd-still-lurks-b6285115?mod=opinion_lead_pos3


Eurotopics, 25 février

European press revue: Germany has voted: what next for Europe?

After Sunday’s elections to the German Bundestag, the leader of the CDU, Friedrich Merz, is widely expected to initiate coalition talks with the SPD. Together, the two parties hold a majority in the new parliament. Europe’s media take a look at what this could mean for Germany’s role on the continent.

https://www.eurotopics.net/en/?pk_campaign=et2025-02-24-en&pk_kwd=logo


The Economist, February 24

On the edge in Germany : Merz wins a messy election then calls for independence from America

First he must build a coalition in Germany

Extraits:  

As COUNTING ended in Germany’s election, three things were clear. The first is that the opposition conservative Christian Democrats (CDU), along with their Bavarian sister party, the Christian Social Union (CSU), had won a clear victory—if an underwhelming one, with 29% of the vote. That paves the way for their candidate, Friedrich Merz (pictured), to take over from Olaf Scholz as chancellor after coalition talks. The second is that the hard-right Alternative for Germany (AfD) had surged to its best-ever result, with 21%, a result that will roughly double its number of seats in the Bundestag. The party dominated in its eastern strongholds. Alice Weidel, the party’s co-leader, hailed the “historic success”. The third is the extraordinary turnout. Some 83% of eligible Germans cast a ballot, the highest figure since reunification 35 years ago.

(…) building a coalition with the SPD alone will not be at all easy. After what by German standards was a rough campaign, many fear it will prove difficult to build the necessary trust and find the compromises German coalition deals require. One SPD MP recently said the prospect of a grand coalition made her “feel like gagging”. Mr Merz did not help his case by spending election eve ranting at “green and left-wing idiots” who he suggested were not in possession of a full quotient of marbles. A bigger challenge will be his willingness to compromise on his proposals to manage irregular immigration to Germany. Mr Merz has said his demands for permanent controls at Germany’s borders and the rejection of asylum-seekers are non-negotiable. But both the SPD and Greens say they contravene domestic and European law. (…)

Ordinarily, a result like this would inspire a bout of navel-gazing among Germany’s main parties before they settled into coalition talks. But this time is different. Donald Trump has upended the diplomacy around Ukraine, forcing Europe into a panicked hive of activity. One minute after polls closed in Germany António Costa, the president of the European Council, called a special EU summit for March 6th to discuss Ukraine and European security. As Germany’s chancellor until his successor is elected by the Bundestag, Mr Scholz will attend that meeting. But he will need to consult closely with the man who will replace him.

For his part, Mr Merz appears to understand that the tectonic shifts in geopolitics under Mr Trump will not afford him the luxury of time. Speaking soon after his victory he mused about the possibility of an “independent European defence capability” to replace NATO, and said it was “an absolute priority to strengthen Europe as quickly as possible, so that we achieve independence from the US”. Before the election he had raised the prospect of nuclear co-operation with France or Britain to replace the American umbrella; informal talks with the French have already taken place. These are extraordinary statements from a man steeped in the CDU’s transatlanticism. But these are extraordinary times. ■

https://www.economist.com/europe/2025/02/23/merz-wins-a-messy-election-then-calls-for-independence-from-america


The Wall Street Journal, February 24

Conservative Friedrich Merz Wins German Election

The Christian Democratic Union’s victory comes despite a strong performance by the far-right AfD

Extraits:  

BERLIN—Friedrich Merz is the clear winner of the German election. The question now for the conservative leader is how fast and with whom he can cobble together a government—and whether the U.S. will seek to influence the process

Despite a historically strong showing by antiestablishment nationalists in a ballot that extended Europe’s recent lurch to the right, Merz’s Christian Democratic Union scored a comfortable victory once all ballots had been counted.

This means Merz this week will start talks on forming a government, at the end of which he is likely to become Germany’s next chancellor and a central interlocutor for President Trump in Europe—but the way there could be rocky.

“The world out there is not waiting for us. And it is not waiting for lengthy coalition talks and negotiations,” Merz told supporters in Berlin. “We must quickly regain our ability to act so that we can do what’s needed at home, regain our voice in Europe and ensure that the world sees Germany as reliable again.”

The CDU and its CSU sister party in Bavaria obtained 28.5% of the vote, followed by the far-right Alternative for Germany, or AfD, with 20.8%. Chancellor Olaf Scholz’s Social Democratic Party scored 16.4%, its worst score since the late 19th century. (…)

Final results showed the AfD had fallen just short of recent opinion polls but still achieved its biggest score at a national election since its creation in 2013, about double its 2021 score.

Pollsters attributed the AfD’s gains to several factors, such as the outgoing government’s deep unpopularity, the economic recession, high levels of immigration, voter fatigue about a costly green transition, and violent crimes by refugees and asylum seekers in recent months.

The CDU has benefited from much the same trends, and parts of the two parties’ programs overlap—especially on immigration and the economy. However some AfD positions—including its call for Germany to exit from the European Union, lift sanctions on Russia and tone down its culture of Holocaust remembrance—are anathema to Merz’s conservatives. (…)

CDU and AfD would have a majority in parliament. But Merz has said he would under no circumstance form a ruling alliance with the AfD. “I’m not letting an American vice president tell me whom I should be talking to in Germany,” he told a televised debate a week ago. (…)

Merz’s only realistic coalition option is an alliance with the Social Democratic Party, also known as the SPD, which would have a 12-seat majority. Polls taken before the election showed a CDU-SPD coalition was voters’ favored government.

Merz has campaigned on deregulation and business and income-tax cuts, as well as the closure of land borders to most undocumented immigrants. All are measures he might struggle to agree on with the more left-leaning SPD.

Some analysts say a CDU-SPD coalition might not only take a long time to negotiate but could also end up being as fractious and ineffective as Scholz’s three-way alliance by the time it collapsed in November. The SPD has swung more to the left during the campaign and accused Merz of parroting AfD policies, complicating a potential postballot rapprochement. 

https://www.wsj.com/world/europe/german-voters-take-first-step-toward-filling-europes-leadership-vacuum-6add2f58?mod=hp_lead_pos1


Le Point, Edito, 24 février

Adieu, Olaf Scholz, sans regret !

La chute était annoncée, le verdict des urnes la confirme : avec 16 % des voix, Olaf Scholz paie trois années d’atermoiements et de divisions à Berlin.

Article intégral :      

Les urnes allemandes ont livré leur verdict : avec seulement 16,4 % des suffrages (en recul de 9,3 points par rapport à 2021) contre 28,5 % pour la CDU (+ 4,4 points par rapport à 2021), Olaf Scholz va quitter la scène européenne et allemande. Il a déclaré à la télévision allemande, dimanche soir, qu’il ne briguait plus aucun mandat. Le SPD, lui, devra entrer en « coalition » avec la CDU après des négociations qui prendront quelques mois. À 66 ans, l’avenir d’Olaf Scholz paraît compromis. Sa défaite vient ponctuer un mandat marqué par l’indécision et les occasions manquées.

Dès 2023, les signes avant-coureurs de cet échec étaient visibles. Sa coalition bancale, minée par les contradictions entre les Verts de Robert Habeck et les libéraux du FDP, n’aura pas arrêté de tanguer. Christian Lindner, son ministre libéral des Finances, n’avait pas hésité à tenter de torpiller l’accord européen sur la fin des moteurs thermiques, épisode mémorable d’une série de crises qui ont sapé la crédibilité du gouvernement allemand à Bruxelles. « À la table du Conseil européen, Olaf Scholz disait non et parfois ne disait rien », se souvient un diplomate européen, consterné par la paralysie allemande.

La mauvaise querelle faite au nucléaire français

Sur le plan européen, Scholz laisse l’image d’un chancelier à contretemps. Sa guerre obsessionnelle contre le nucléaire français, portée par son conseiller Jörg Kukies, qui voyait des complots d’EDF partout, a profondément détérioré la relation franco-allemande. L’Élysée a dû multiplier les missions diplomatiques pour désamorcer les paranoïas berlinoises. Olaf Scholz redoutait que le nucléaire offre à la France un avantage compétitif pendant dix ans. Il aurait dû se réjouir que l’Hexagone puisse bénéficier d’une énergie bon marché, d’autant plus que la France alimente l’Allemagne en électricité, puisque nos voisins se sont fourvoyés dans un modèle énergétique (renouvelables plus gaz) qui n’a pas d’avenir.

Plus grave encore, Scholz n’aura jamais su adapter l’Allemagne aux nouveaux défis géopolitiques. Prisonnier d’une vision mercantile, il a persisté dans un libre-échangisme naïf face à une Chine de plus en plus agressive. Quand Emmanuel Macron appelait à la souveraineté européenne, Scholz défendait encore les intérêts de Volkswagen à Pékin. Son gouvernement s’est également opposé au relèvement des tarifs douaniers contre les voitures électriques chinoises subventionnées. Mais il a été mis en minorité au Conseil.

Défense : le « Zeitenwende » s’est enlisé

Le « Zeitenwende » (tournant historique) promis après l’invasion de l’Ukraine s’est enlisé dans les atermoiements. L’Histoire retiendra son refus de livrer les missiles Taurus à Kiev comme le symbole d’une chancellerie incapable de prendre les décisions qu’exigeait l’époque.

Son bilan économique n’est guère plus reluisant. La désindustrialisation rampante, aggravée par des coûts énergétiques devenus prohibitifs après l’abandon du nucléaire et la fin du gaz russe bon marché, a fragilisé le modèle allemand. Selon une étude de la chambre allemande de commerce et d’industrie, le tiers des entreprises allemandes (32 %) privilégient les projets d’investissement à l’étranger par rapport au territoire national, deux fois plus en un an.

Christian Lindner, son plus grand tourmenteur

Les électeurs ont tranché : l’Allemagne ne pouvait plus se permettre un gestionnaire sans vision à l’heure où l’Europe doit réinventer son modèle face aux défis chinois et américain. La « mésentente cordiale » avec la France aura coûté cher au projet européen, au moment où l’unité était plus que jamais nécessaire. Bien sûr, Olaf Scholz était officiellement un « proeuropéen », mais il cherchait toujours à apparaître plus « merkélien » que Merkel elle-même. Donc, quand il s’agissait d’investir ensemble, le chancelier avait toujours la main sur le frein.

Olaf Scholz n’a pas tout raté : pendant très longtemps, l’Allemagne a bloqué le dossier de l’union des marchés des capitaux. Il est le chancelier qui a donné son feu vert à l’union des marchés et, pour une fois, il a refusé d’écouter Christian Lindner qui tentait de l’entraver sur ce dossier. Pourvu que son successeur, Friedrich Merz, ne soit pas contraint d’élargir sa coalition au FDP de Lindner. Pour l’instant, le FDP ne ferait plus partie du Bundestag, n’ayant pas réussi à franchir le seuil des 5 %. Mais il s’en faut peu : l’ARD crédite le FDP de 4,6 %… Autre score à surveiller : le parti d’extrême gauche de Sahra Wagenknecht (4,9 %), le BSW, qui, s’il passe la barre des 5 %, rebat les cartes de la coalition à bâtir.

Le prochain chancelier hérite d’une situation complexe : une industrie en difficulté, une transition écologique dans l’impasse, une armée toujours aussi impotente, couronnée d’une dépendance très marquée aux armes américaines, ce qui met l’Allemagne à la merci des oukases de Donald Trump. Mais au moins l’ère Scholz et ses indécisions chroniques appartiennent désormais au passé. L’Europe ne pleurera pas ce médiocre Européen qui aura réussi l’exploit de fragiliser à la fois l’Allemagne et le couple franco-allemand. Adieu, Olaf Scholz !

https://www.lepoint.fr/monde/adieu-olaf-scholz-sans-regret-23-02-2025-2583142_24.php


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Februar

Die AfD ist jetzt die Partei der Arbeiter – und Arbeitslosen

Nachwahlbefragungen zeigen auch: Die AfD wird mehrheitlich aus Überzeugung gewählt. Die Union wird immer noch mit Merkel verbunden. Und die Linke profitiert von einem Alleinstellungsmerkmal. Die Wahlanalyse.

Full text :  

https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/24-fevrier-1.pdf

Link: https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/bundestagswahl-2025-afd-ist-die-partei-der-arbeiter-und-arbeitslosen-110316171.html

The Wall Street Journal, February 24

German Voters Take First Step Toward Filling Europe’s Leadership Vacuum

Next chancellor will have to fix the country’s economy, tackle an immigration crisis and help unite a continent facing geopolitical headwinds

Extraits:  

BERLIN—Germans are going to the polls on Sunday for a crucial election that will determine how Europe responds to its mounting economic challenges and growing geopolitical isolation.

Whoever wins the election and heads the next government will need to fix the country’s broken economy, now facing a third year of recession, end a slow-burn immigration crisis that has polarized the country and help Europe find its voice at a risky juncture for the region.

President Trump has threatened the European Union with tariffs. His administration has hinted that it might scale back U.S. military presence in the region despite Russia’s mounting aggression, and Vice President JD Vance has accused Germany’s mainstream parties of stifling free speech by ostracizing the far right.

With the French and German governments on the back foot after losing their parliamentary majorities, the duo that has traditionally steered Europe on the global stage has yet to formulate a coherent response.

Friedrich Merz, leader of the largest German opposition party, the center-right Christian Democratic Union, hopes to change this as head of the next government. Opinion polls have been remarkably stable in recent weeks. Surveys released in the past 10 days show the CDU in line to receive 28% to 32% of votes, ahead of its main challenger, the far-right Alternative for Germany, or AfD, with 20% to 21%.

“It’s time the German government and the German chancellor finally reclaim a leadership role in Europe,” Merz told supporters at a rally this past week. “If the U.S. stays a democracy, and I hope it does…it will need partners,” Merz, a longtime trans-Atlanticist, added in a jab at the Trump administration.

With no chance of securing an absolute majority, a victorious Merz won’t be able to govern on his own. And despite his commanding lead, the exact shape of a potential Merz-led coalition government is highly uncertain. (…)

One of the big winners is likely to be the AfD, which polls suggest could double its 2021 vote share thanks to an energetic social-media campaign, the outgoing government’s deep unpopularity and an endorsement from Elon Musk.

Merz and the CDU have ruled out governing with the AfD because of its support for Russia, its calls for Germany to leave the EU and its misgivings about Germany’s culture of Holocaust commemoration, so the AfD is poised to lead the opposition.

Whatever the outcome, the victor will be under intense time pressure to form a government. German exporters could face new U.S. tariffs in April. The U.S. has started negotiating with Russia over ending its war in Ukraine on terms most European leaders fear could put the continent at the mercy of Moscow.

Both developments would require a robust European response, and with no resolution of the political deadlock in France expected soon, Berlin needs to step up. (…)

Merz, a veteran conservative who left politics for a business career in 2002 before making a comeback, has pledged to cut taxes for companies and households, roll back overregulation, cut welfare spending and seek a mutually beneficial trade pact between Europe and the U.S. 

Merz has hinted that he might overhaul Germany’s strict fiscal rules, a change he long opposed, to allow growth-boosting investments in the country’s creaking transport, power and digital infrastructure and in its long-neglected armed forces.

Following a wave of violent attacks by migrants, Merz has also pledged to drastically cut the number of refugees flocking to Germany by turning back all undocumented migrants at the country’s borders—a move that could spark conflicts with Berlin’s neighbors.

https://www.wsj.com/world/europe/german-voters-take-first-step-toward-filling-europes-leadership-vacuum-6add2f58?mod=hp_lead_pos3


Le Figaro, 22 février

«En Allemagne, tout est à reconstruire»

Olaf Scholz, de part son indécision et son attitude renfrognée, a paralysé le pays. Friedrich Merz, dont les sondages prédisent la victoire a fait de la relance du tandem franco-allemand, une priorité.

Extraits:

Frappée depuis trois ans par la malédiction Olaf Scholz, l’Allemagne voit étinceler l’or dans les profondeurs du Rhin. Sans aller jusqu’à vouloir dominer le monde comme le promet l’opéra de Wagner, nos voisins – merci à eux – espèrent au moins retrouver leur rang grâce à l’élu rhénan Friedrich Merz, dont tous les sondages prédisent la victoire. Le chancelier social-démocrate sortant a paralysé le pays. À l’international, son indécision et son attitude renfrognée – quasi autistique – ont effacé la première puissance européenne. Sur le plan intérieur, son obsession du compromis poussée à l’absurde et son absence d’autorité ont rendu sa coalition ingouvernable.

Tout est à reconstruire ! Le « modèle » allemand, qui reposait sur le gaz russe bon marché, les exportations vers la Chine et le parapluie sécuritaire américain, a volé en éclats. Résultat : le pays entre dans une troisième année consécutive de récession et se retrouve avec une armée en lambeaux face à la menace d’une Russie expansionniste. Et la criminalité liée à l’immigration a fait du parti d’extrême droite AfD la deuxième force du pays.

Friedrich Merz sera-t-il à la hauteur ? (…)

Attention ! Il y a aussi une incertitude Merz. En politique, l’ex-rival de Merkel, écarté par la chancelière, n’a jamais rien dirigé hormis le groupe CDU au Bundestag. Dans le privé, son expérience de l’entreprise se limite à un rôle de conseil. S’il est élu, Merz devra composer dans le meilleur des cas avec les sociaux-démocrates ou les Verts. Si le paysage politique ressort éclaté du scrutin, il sera condamné à diriger une coalition à trois partis difficile à manœuvrer.

https://www.lefigaro.fr/vox/monde/l-editorial-de-patrick-saint-paul-en-allemagne-tout-est-a-reconstruire-20250221


The Wall Street Journal, February 21

Dark Clouds Over the German Election

The CDU is likely to win, but the AfD will still be sidelined, and there’s little chance of better policies.

Extraits:

Even by Germany’s normally morose standards, the mood here ahead of Sunday’s election is gloomy. Tempers are flaring over a seemingly intractable migration crisis, anxiety is mounting about the economy’s abysmal state, and nerves are fraying over fraught foreign relations. Worst of all is a nagging suspicion that this election won’t solve any of it.

Start with migration, since so many German voters do. In the decade since then-Chancellor Angela Merkel opened the gates for refugees from the Middle East and elsewhere, migrants have arrived by the hundreds of thousands each year. Germany hosts north of 2.5 million asylum seekers, according to the U.N. High Commissioner for Refugees, including roughly one million who fled Ukraine after Russia’s 2022 invasion.

“We can do it!” Ms. Merkel famously declared in 2015. Apparently “we” don’t want to anymore. Voters are weighing the fiscal costs of welfare benefits and the like for migrants—and the cost to public safety amid a string of possible terror attacks and other high-profile crimes allegedly perpetrated by migrants. (…)

One such attack set in motion the biggest political meltdown of the campaign. On Jan. 22 in the Bavarian town of Aschaffenburg, a 28-year-old from Afghanistan allegedly attacked a daycare group with a knife in a park. A 2-year-old boy and a man passing by were killed and several others wounded. Authorities say the suspect has a history of mental illness, had several run-ins with the law, and was supposed to have been deported to Bulgaria after German officials denied his asylum claim in June 2023.

The tragedy seemed likely to bolster the fortunes of the far-right Alternative for Germany, or AfD, whose hostility to immigration is the party’s signature issue. Instead, Friedrich Merz—leader of the center-right Christian Democratic Union and all but certain to become the next chancellor—seized the initiative in an attempt to present his party as a credible alternative to the AfD.

Mr. Merz proposed two motions in favor of border crackdowns in the parliament the week after Aschaffenburg, the more stringent of which predictably didn’t pass but did gain support from AfD lawmakers. Leftwing opponents and even some in Mr. Merz’s own party then denounced him for breaking the political “firewall” around the AfD—mainstream parties’ refusal to work with the party and thereby legitimize it.

The episode highlights one of Germany’s biggest political dysfunctions. Contrary to Mr. Merz’s critics, the firewall is intact: He refuses to consider a postelection coalition government with the AfD, and at every opportunity in recent weeks has listed all the policy areas where the two parties are incompatible (on top of high-profile AfD members’ less-than-critical comments about Hitler and his elite killers, the SS).

Still, around 70% of the general electorate in most opinion polls thinks Germany accepts too many migrants, and Mr. Merz’s legislation enjoyed majority support in a poll after the debate. Germany’s political class defines the anti-extremist firewall so stringently that mainstream parties aren’t supposed to heed that popular opinion, simply because the AfD might agree. It’s preposterous, and leaves many voters no party but the AfD willing to tackle their priorities.

As for Mr. Merz, his real interest is the economy, and here too Germany is a mess. (…)

One explanation is the two-decade forced march toward renewable power and other net-zero climate policies. Energy costs are much higher than in the U.S. or even France. This particularly burdens such mainstay industries as steel, chemicals and ceramics, and also the high-tech manufacturing such as computer chips that politicians love to hype. Green policies are hollowing out demand for some of Germany’s most successful products, such as internal-combustion-engine cars.

Yet business groups insist energy costs are only part of their problem. Europe’s and Germany’s perennial overregulation is the other. (…)

And although it’s passé to say it these days, taxes are too high. (…)

The bad news is that the election is unlikely to fix any of this. Partly the trouble is ideological and intellectual. Mr. Merz seems to get it on these economic issues and proposes tax reforms and tweaks to the most expensive parts of the green agenda. Christian Lindner, formerly the finance minister in the outgoing administration and leader of the small free-market Free Democratic Party, also gets it and is campaigning on a promise to deregulate.

But Mr. Merz leads a party internally divided on many economic and climate matters, with a substantial wing still under the sway of Ms. Merkel’s woolly centrism. Mr. Lindner’s party is so unpopular it may not reach the 5% vote threshold to secure seats in Parliament. As for the parties of the left (the Social Democrats, or SPD, led by Chancellor Olaf Scholz and the Greens, led by Robert Habeck), they helped create the current malaise.

Meanwhile, German politics faces a much bigger structural problem: It currently is impossible to form a center-right governing coalition. The political firewall around the AfD exists for good reasons, but it means in practice that the vote on the right-hand side of the political spectrum is split between two parties that can’t govern together.

Mr. Merz’s CDU and its Bavarian sister, the CSU, are polling steadily in first place with about 30% support, far ahead of the SPD at 15% and the Greens at 14%. But due to the firewall, he can’t form a coalition with the AfD, which seems likely to receive around 20%. That will leave Mr. Merz to form an administration with either the SPD or the Greens, or perhaps both, and to make policy compromises with the left to do so. To judge by the combined CDU/CSU and AfD support in opinion polls, Germans want a right-leaning administration after 3½ years of the left. They won’t get it.

Elections are supposed to have consequences. This time it seems clear what the election result will be, but not what it will mean for policy. Brace for more political and economic turmoil as Germany finds out.

https://www.wsj.com/opinion/dark-clouds-over-the-german-election-policy-politics-48f97a56?mod=opinion_lead_pos6


The Economist, February 21

Size matters : Germany’s mind-bending electoral maths

The more parties qualify for parliament, the harder for Friedrich Merz to form a coalition

Extraits:

IT HAS been a dramatic few months in Germany. November saw the collapse of the three-party coalition led by Olaf Scholz, triggering an early election that will take place on February 23rd. Then, last month, the campaign was given a jolt by the decision of Friedrich Merz, head of the opposition conservative Christian Democrats (cdu), to push anti-immigration motions through the Bundestag with support from the hard-right Alternative for Germany (afd). For many, including hundreds of thousands that took to the streets in protest, Mr Merz had violated a long-standing taboo against working with extremists.

Yet you would not notice it from the polls. Apart from Die Linke (“The Left”), a small left-wing outfit enjoying a last-minute surge—perhaps in part because of Mr Merz’s stunt—every party sits within two percentage points of its score a year ago (see chart 1). Barring an unprecedented polling miss, the cdu and its Bavarian sister party, the Christian Social Union (csu), will win a clear victory. That means Mr Merz should take over as chancellor once he builds a coalition, probably in April or May. As for the afd, its forecast share of 20% puts it on track to double its seat tally. Yet it is blocked from government by the “firewall” other parties maintain around it.

But Mr Merz cannot sleep easy. An interaction between Germany’s electoral rules, the anti-afd firewall and the fragmentation of the vote has led to a curious situation in which tiny changes could have huge consequences for government formation. In most cases parties must win 5% of the national vote to enter the Bundestag. Three sit close to that threshold: the Free Democrats (fdp), a pro-business outfit ejected from government by Mr Scholz in November; the Sahra Wagenknecht Alliance (bsw), a left-conservative, pro-Russia outfit that broke away from Die Linke a year ago; and Die Linke itself.

So the Bundestag that emerges could have anything between four and seven parties (taking the cdu and csu as one, see chart 2). The higher that number, the fewer seats for the larger parties and the trickier the coalition options for the cdu/csu. Mr Merz will be watching the results for the small parties as closely as his own.

If none of them qualifies—unlikely, given Die Linke’s uptick—Mr Merz will almost certainly have a choice between Mr Scholz’s Social Democrats (spd) or the Greens as coalition partner, as he also may if just one minnow makes it. Our election-forecast model shows a 22% chance he will find himself in this happy situation. With five parties in parliament, Mr Merz’s only viable two-way coalition may be with the spd. A six-party Bundestag sharply increases the chance that three parties will be needed. And if all three tiddlers make it, a two-party coalition will be near-impossible. So complex is the situation that tactical voting to boost the chances of a particular outcome, often favoured by sophisticated voters, is like “playing 3d chess”, says Frieder Schmid at YouGov, a pollster.

Worryingly for Mr Merz, the Die Linke surge, and a smaller bump for the fdp, are squeezing his options. Our model finds a 37% (and growing) chance that neither a pairing of the cdu/csu with the spd (a “grand coalition”) nor the Greens will win a majority. With the afd out of bounds, that means Mr Merz would need two partners: either the spd and the Greens in a so-called Kenya coalition, or a variation with the fdp, should it qualify. (The cdu/csu also shuns Die Linke and the bsw.) This might also apply if a two-party coalition would have only a tiny majority.

“If that happens,” sighs a cdu official, “we’re dead.” An ideologically messy three-party coalition could be a nightmare for Mr Merz’s hopes of restoring stability to German governance and predictability for Germany’s eu partners. Voters shudder at the prospect of another governing throuple, having despaired at the endless bickering of the spd-Green-fdp “traffic-light” coalition. A second worry is that a three-way government could leave the afd as the only meaningful opposition. A third is of a one-third “blocking minority” in the Bundestag that could thwart plans to relax Germany’s constitutional debt brake.

Germans will greet the next government with the stoniest of scepticism. Thorsten Faas, a political scientist at the Free University in Berlin, notes that this is the first election since records began in which every leading candidate has a negative approval rating (see chart 3). Just 25% of Germans say they are satisfied with Mr Merz.

Having briefly harboured hopes of an absolute majority, his party is now on track for the second-worst result in its history. The spd, his likeliest (and Germans’ preferred) partner, will certainly chalk up its worst-ever score. A stagnant economy, a wave of deadly attacks by asylum-seekers and the chaos unleashed by the Trump administration have stoked the unease. There is a fog of uncertainty surrounding the post-election outcome. But that Mr Merz will enjoy no honeymoon is a dead cert. 

https://www.economist.com/europe/2025/02/20/germanys-mind-bending-electoral-maths


Statista, 20. Januar

Germany’s biggest challenges? It depends who you ask.

As Germans are about to head to the polls on Sunday to vote for a new federal government after the collapse of the unpopular “Ampel” (i.e. traffic light) coalition, the country seems deeply divided.

https://twitter.com/StatistaCharts/status/1892229656134234582


The Wall Street Journal, February 19

Germany’s AfD Is No Friend of America

Similarities to MAGA are skin deep. The party’s leaders prefer closer ties with Russia, not the U.S.

Extraits:

When Vice President JD Vance stepped off the stage at the Munich Security Conference on Friday, shock waves rippled through conservative German circles. Hours earlier, representatives of the Christian Democratic Union/Christian Social Union, the country’s major center-right alliance, had met with Mr. Vance’s delegation, and the discussions had been far more amicable than expected.

What stunned German conservatives wasn’t his criticism of certain European developments or the vice president’s concerns over free speech—positions some politicians found agreeable. Rather, it was that Mr. Vance had indirectly urged them to form a coalition with their most reviled political adversary: the far-right Alternative for Germany, or AfD.

Despite polling at 22% or so ahead of Sunday’s federal election—second behind the CDU/CSU’s roughly 30%—the AfD remains a pariah. While the two right-of-center parties could theoretically command a parliamentary majority, they won’t govern together. Every German party has drawn a hard line against collaboration with the AfD. (…)

At first glance, the Make America Great Again movement and the AfD appear to be a perfect match. Both have been castigated by the liberal mainstream. Both their immigration policies—once derided as extremist—have gradually been embraced by a growing share of the electorate. The AfD is Germany’s only party that openly proclaims “Germany First,” vowing to free the country from left-wing censorship and wokeness. While the party’s leaders are often likened to Hitler, the party’s candidate for chancellor, Alice Weidel, is a former Goldman Sachs banker in a relationship with a Sri Lankan woman.

MAGA sees the AfD as a natural ally in Europe’s largest and most powerful economy. But figures such as Elon Musk and Mr. Vance may not realize that influencers within the AfD consider the U.S. to be Germany’s ideological and most dangerous adversary. They view MAGA as nothing more than a short-term, highly useful ally. Ms. Weidel recently wrote an op-ed referring to Germans as “slaves” of the U.S., offering a glimpse into the party’s deeply anti-Western ideology.

Most of the time Ms. Weidel treads carefully when indulging her party’s deep-seated anti-American sentiments. Her good relations with Mr. Musk are seen as so valuable in the current campaign that even the party’s radical right-wing faction remains conspicuously silent on the matter. (…)

Anti-American sentiment runs deep in the AfD’s political ecosystem. (…)

Superficial parallels exist between the Republican Party and the AfD, largely shaped by media. But the AfD isn’t Germany’s equivalent of MAGA. It’s becoming a “German Race First” party. Its ideologues fantasize about a rebirth of an ethnically pure German Volk. It is no coincidence that Mr. Höcke lamented the portrayal of Hitler as “absolutely evil,” or that Maximilian Krah, the party’s lead candidate for the EU elections, publicly declared that not all members of the SS—Hitler’s elite killing troops—should automatically be considered criminals.

It is no accident that AfD politicians have spent years forging ties with America’s greatest geopolitical adversaries, particularly Russia and China. AfD delegations have made obsequious pilgrimages to Moscow. Ms. Weidel has routinely held private meetings at the Chinese ambassador’s residence in Berlin. Last year, an assistant to Mr. Krah, the AfD’s most vocal advocate for a close relationship with the Chinese regime, was arrested in Leipzig on suspicion of espionage for China.

For the Trump administration, the AfD might prove a useful tool for stirring headlines and influencing debates within Germany. But an ally? That, it can never be.

Mr. Piatov is deputy head of the politics department at Bild, a German newspaper.

https://www.wsj.com/opinion/germanys-afd-is-no-friend-of-america-alternative-for-germany-populist-vance-musk-e2f3e835?mod=opinion_lead_pos7


The Wall Street Journal, February 19

Germany’s Big Election Stakes

The country seems ready to move right, but can it shake its torpor?

Full text :  

Germany’s recent national elections have been low-stakes affairs within a narrow, centrist band. But Sunday’s vote may be different, as the country seems poised to move right. Germans want change, if the politicians can find a way to deliver it.

Opinion polls show that Friedrich Merz, leader of the center-right Christian Democratic Union, is all but certain to become chancellor with about 30% of the vote for the CDU and its Bavarian sister the CSU. The right-wing Alternative for Germany (AfD) is polling at 22% or so. On the left, the Social Democrats (SPD) and Greens in the current governing coalition will limp in at 14%-15% each.

The left-wing political and media complex across Europe and U.S. decries the rise in support for the AfD from 10% in the last election in 2021. But what did they expect? Germans are rejecting failed left-wing governance. Germany is in the grip of an illegal-immigration crisis. The economy is entering its third year of recession under the weight of crippling energy prices, taxes and bureaucracy.

Chancellor Olaf Scholz (SPD) and his Green partners are intellectually spent. Mr. Scholz’s efforts to get a grip on illegal migration have been dilatory and ineffective, and the Greens are ideologically opposed to stricter border controls. Their economic strategy is to blame someone else—especially Russia—for Germany’s ills.

Fortunately for Germans, the right is moving away from this stale consensus. Mr. Merz represents the free-market wing of his party, in contrast to former CDU Chancellor Angela Merkel’s big-government conservatism. His campaign emphasizes cutting red tape and tax reform—cutting the top corporate rate to 25% from nearly 30%, raising the thresholds for the top personal income-tax brackets, and simplifying the system. He goes light on onerous green policies. The AfD offers a similar economic agenda, though with more (and justified) hostility to climate mandates.

On immigration, both parties promise voters a real alternative to the status quo after Mr. Merz adopted a much tougher line in recent weeks. Both promise tight border controls and accelerated deportations of illegal migrants.

Yet big differences remain between the parties of the right, and despite what you’ve heard from Elon Musk and JD Vance, an AfD victory wouldn’t be good for Germany, or the U.S.

The AfD’s foreign-policy views should give Americans pause. Party co-leader Tino Chrupalla in December suggested Germany should withdraw from the North Atlantic Treaty Organization because NATO is too dominated by America. Alice Weidel, the party’s candidate for chancellor, said in September she believes “U.S. interests in Germany are diametrically opposed to our security interests.” The party taps into a deep well of suspicion of the U.S. and sympathy for Russia among its voters in the former East Germany.

Nor can Americans be blind to the extremism within the AfD. Björn Höcke, a party leader in Thuringia state, criticized construction of Berlin’s Holocaust memorial, says the word Lebensraum (the Nazi concept of an ethnic German zone in Europe) should be revived, and has peppered speeches with a nationalist slogan once adopted by Hitler’s storm troopers. Alexander Gauland, an AfD leader in the national parliament, once described the Nazi era as “bird s—” in the context of Germany history.

Ms. Weidel and other leaders haven’t purged these elements from the AfD. That is in contrast to Marine Le Pen’s purge of antisemites from her party in France, expelling even her own father from the party he founded. Ms. Le Pen’s party has cut ties with the AfD at the European Union level in Brussels.

This explains why mainstream German parties have erected a “firewall” around the AfD—something Mr. Vance criticized last week. Mr. Vance is right that Europe’s failed mainstream politicians can’t run from their voters forever, but it doesn’t follow that an American Vice President should throw his weight behind an anti-American party.

Even if Mr. Merz wins a plurality, the question is whether he can form a government that can pass pro-growth policies and rebuild the weak Germany military. With Donald Trump showing (at best) indifference to the Continent, Germany needs to shake out of its welfare-state, green-mandate malaise.

https://www.wsj.com/opinion/germany-election-friedrich-merz-cdu-afd-europe-donald-trump-5bb5109d?mod=opinion_lead_pos1


The Economist, February 17

Madness and modernity : Alice Weidel, Germany’s most vilified—and powerful—female politician

The hard-right AfD co-leader’s popularity (and that of her party) increased as she became more radical

Full text :  

LAST WEEKEND thousands of Germans took to the streets—again—to protest against the hard-right Alternative for Germany (AfD) party. On February 8th at least 250,000 rallied at the Theresienwiese in Munich, the site of Oktoberfest. On the same day, a march organised by Omas gegen Rechts (Grandmothers against the Right), attracted 24,000 people in Hanover. Two days later 10,000 protested in the university town of Freiburg, as the AfD held a meeting nearby.

The anger is a reaction to the AfD’s alarming popularity. In parliamentary elections on February 23rd it is expected to win 21% of the vote, double its share in the election in 2021. It will probably come second to the centre-right Christian Democratic Union. The AfD will not enter government. No other party will join a coalition with a party that many Germans regard as an heir to the Nazis. But the AfD’s leader, Alice Weidel, intends to become Germany’s chancellor in the election after that, which is due 2029. In the meantime it is reshaping German politics.

Ms Weidel’s charisma alone does not explain the AfD’s rise—indeed she is an uninspiring speaker. The 12-year-old party, like others on the hard right in Europe, has benefited from widespread anger about immigration and a stagnant economy. But the 46-year-old economist, who gives rabble-rousing speeches demurely dressed in blue blazers, white shirts and pearl earrings, is a big reason for the party’s recent success. At its convention in January in Riesa, a small town in eastern Germany, supporters held up blue heart-shaped cardboard signs acclaiming her Kanzlerin der Herzen, chancellor of hearts.

Ms Weidel is a politician of paradox. Unlike Marine Le Pen, leader of France’s National Rally, and Giorgia Meloni, Italy’s hard-right prime minister, she has not tempered her party’s radicalism to win over more moderate voters. She uses the loaded term “remigration” to talk about her plans to deport immigrants on a large scale. She brands energy-generating turbines “windmills of shame”. Her economic proposals are extreme. The AfD’s manifesto calls for big tax cuts, steep increases in public spending and Germany’s departure from both the European Union and the single currency. “Prosperity and millions of jobs would be lost” if Germany carried out these policies, says Marcel Fratzscher, head of the German Institute for Economic Research.

The AfD’s core supporters are white men without college degrees. Ms Weidel is nothing like them, which may be one reason the party has prospered. She has a civil partnership with another woman, a Sri Lankan-born film producer, with whom she lives in Switzerland. They have two children. The advocate of economic extremism studied economics at the University of Bayreuth and worked for Goldman Sachs. She worked at the Bank of China for six years and learned Mandarin in the late 2000s. She later wrote her doctoral thesis at the University of Bayreuth on the future of the Chinese pension system.

Ms Weidel (“Lille” to her friends and family) grew up in Gütersloh as the youngest of three children. In 2013 she joined the AfD, which started out as a single-issue party in opposition to the euro, because of her own scepticism about the single currency. As the party became more radical and xenophobic many moderate members left. Ms Weidel stayed. Analysts have wondered whether ambition or conviction weighed more in her decision. The AfD may have offered better prospects to a woman than more mainstream parties, where women were already well established.

Whatever the case, Ms Weidel soon learned to speak the language of the radical right. As a member of the Bundestag she made headlines in 2018 when she declared in a parliamentary speech that “burkas, headscarf girls and subsidised knifemen and other good-for-nothings will not secure our prosperity, economic growth and, above all, the welfare state.” That drew a reprimand from the Bundestag’s president. Ms Weidel used to praise Margaret Thatcher, Britain’s pro-market prime minister of the 1980s, for “swimming against the tide”. Now she extols Viktor Orban, Hungary’s autocratic and xenophobic leader, whom she visited in Budapest on February 11th.

Ms Weidel is betting that Germany is becoming ready for this sort of politics. In neighbouring Austria the hard-right Freedom Party began joining governments long ago. In Germany, she thinks, resistance is crumbling. A few weeks ago Friedrich Merz, the probable next chancellor, pushed through parliament a non-binding motion calling for tougher migration measures with the support of the AfD. “The firewall has fallen!” Ms Weidel wrote on X. “That is good news for our country!”

Alice für Deutschland!” chanted the party faithful in Riesa. It was a provocative pun. “Alles für Deutschland”, now banned, was a slogan of the SA, the paramilitary wing of the Nazi Party. To the AfD Ms Weidel is already a rock star. Her career, and Germany’s future, may depend on how the country comes to regard her mix of modernity and madness. ■

https://www.economist.com/europe/2025/02/15/alice-weidel-germanys-most-vilified-and-powerful-female-politician


Neue Zürcher Zeitung, 15. Februar

Nach Anschlag in München: Das Ayslsystem ist am Ende

Eine Begrenzung des Zustroms von Asylbewerbern kann Anschläge nicht verhindern. Aber ohne sie wird sich die Liste des Schreckens mit Sicherheit verlängern.

Full text :  

Nach jedem Anschlag eines abgelehnten Asylbewerbers lässt sich der Versuch besichtigen, ein konkretes Versagen dingfest zu machen. Mal hat eine Behörde nicht schnell genug abgeschoben, mal eine Dienststelle Gefährdungshinweise an die falsche Stelle weitergeleitet. Mal sicherte ein Polizeiposten den Marktplatz unzureichend ab, mal fehlte es an psychosozialer Betreuung. Gemeinsam ist diesen Erklärungen, dass sie den Eindruck vermitteln sollen, es bedürfe nur gewisser Korrekturen in einem ansonsten funktionierenden System. Die Wahrheit ist eine andere: Das System an sich ist überfordert.

Etwa drei Millionen Asylbewerber sind in den vergangenen zehn Jahren nach Deutschland gekommen. Viele haben sich gut integriert und bereichern Wirtschaft und Gesellschaft. Viele, zu viele, tun das nicht. Von einem Teil geht sogar ein Sicherheitsrisiko aus, und ein Teil von drei Millionen ist eine relevante Menge. Der Gesundheitsminister schätzte kürzlich, dass fast jeder dritte „Geflüchtete“ unter psychischen Problemen leide. Das schafft eine Gemengelage, die sich von keinem System kontrollieren lässt. Wenn es Hoffnung geben soll, das importierte Risiko wenigstens halbwegs zu beherrschen, dann nur, wenn der Zustrom verebbt.

Eben darum dreht sich der asylpolitische Streit dieser Wochen, der mit seinen nebligen Behauptungen und Fachausdrücken viele Wähler ratlos zurücklässt. Im Wesentlichen konkurrieren zwei Auffassungen gegeneinander: Union und FDP sind – wie vorher schon die AfD – zur Überzeugung gelangt, dass jetzt wirksame Sofortmaßnahmen zur Drosselung der Migration zu treffen sind. Hinter der Forderung nach einem „faktischen Einreisestopp“ oder einer „umfassenden Zurückweisung an den Grenzen“ steckt der Plan, auch Asylbewerber von der Einreise fernzuhalten.

Grüne und Sozialdemokraten wehren das Vorgehen mit dem Argument ab, es widerspreche europäischem Recht. Doch wer die Äußerungen und Aktivitäten der vergangenen Jahre hinzuzieht, wird feststellen, dass die beiden Parteien eine „Begrenzung“ der Migration bisher grundsätzlich ablehnten – sie strichen den Begriff 2023 sogar aus dem Aufenthaltsgesetz.

Zum Ende des Wahlkampfs versuchen Kanzler Olaf Scholz und der grüne Kandidat Robert Habeck, ihre Asylpolitik als vergleichsweise schneidig darzustellen. Sie verweisen darauf, dass im vergangenen Jahr fast ein Drittel weniger Asylanträge gestellt wurden als im Jahr 2023. Ob das an den Maßnahmen liegt, die die Ampel zögerlich und meist auf öffentlichen Druck hin ergriffen hat, lässt sich schwer sagen. Sicher ist, dass auch 250.000 neue Asylbewerber – um so viele handelte es sich im vergangenen Jahr – die Herausforderungen nicht verringern werden.

Natürlich bietet die Begrenzung des Zustroms keine Gewähr, dass Taten wie in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und nun in München künftig ausbleiben. Aber ohne Begrenzung wird sich die Liste des Schreckens mit hoher Wahrscheinlichkeit verlängern. Wenn der nächsten Regierung dieser Kurswechsel misslingt, dürfte der Wunsch der Wähler nach einer Migrationswende stärker werden als die Angst davor, die AfD ins Boot zu holen.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nach-dem-anschlag-in-muenchen-das-asylsystem-ist-am-ende-110297202.html


Le Point, 14 février

Les polémiques façon « reductio ad hitlerum », un réflexe, hélas, si allemand

TRIBUNE. Le spécialiste de l’Allemagne Klaus Kinzler regrette le ramdam politico-médiatique autour des mesures anti-immigration illégale dans le pays.

Article intégral : https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/2025_2-Version-publiee-par-Le-Point-le-14-fevrier.pdf

Link : https://www.lepoint.fr/debats/les-po


The Wall Street Journal, February 14

Germany’s Election Dodges Its Climate Debacle

The mainstream parties tiptoe around the green fiasco that is devastating the country’s economy.

Extraits:

Europe’s largest economy holds an election in a little more than a week. The country is in the middle of an economic omni-crisis, and the most acute pain for households and businesses alike concerns energy. You’d think, therefore, that energy would be front and center in the election campaign. You’d be mostly wrong, because, well, this is modern Germany.

German households and businesses pay among the highest energy prices in the world. The average German household paid 39.5 euro cents per kilowatt-hour of electricity in 2024, compared with 32.1 in Britain, 27.8 in France and 14.9 in the U.S. Midsize industrial users pay 24.8 euro cents per kilowatt hour, better than Britain’s 46.4 but much worse than France’s 16.7 or America’s 7.4. (A euro cent is worth slightly more than a U.S. cent.)

Blame a green-energy transition that’s been under way for some 20 years. Germany has steadily removed affordable mainstays such as coal from its power mix, while also phasing out dependable nuclear power. Russia’s 2022 invasion of Ukraine heightened the contradictions of the energy transformation. The economy had come to rely on cheap Russian natural gas to offset all Germany’s other energy expenses. With that stopgap no longer available to the same degree, nothing shields the German economy from Berlin’s energy mistakes. Result: two years of recession and accelerating deindustrialization.

A startling aspect of the election campaign is mainstream politicians’ resistance to offering any solutions. For the governing parties, Chancellor Olaf Scholz’s Social Democrats and his coalition partner the Greens, this is understandable. No politician likes to run against his own record. (…)

The bigger disappointment is on the right. The small Free Democrats triggered this election when leader Christian Lindner, then the finance minister in a coalition with Messrs. Scholz and Habeck, published a paper arguing that Germany’s climate policies are nuts. He posited that Berlin needs a wholesale reappraisal of the (big) costs and (overstated) benefits of a green transition. Yet since then, Mr. Lindner has campaigned primarily on pledges to rein in excessive bureaucracy and preserve the constitution’s balanced-budget amendment.

That leaves the Christian Democratic Union, led by Friedrich Merz, who’s in pole position to become the next chancellor. Mr. Merz probably understands Germany’s energy problem, and perhaps if left to his own devices would solve it in the obvious way: pulling back from renewables and doubling down on cleaner fossil fuels such as natural gas (imported from sources other than Russia) and nuclear.

His party, however, isn’t there. The energy transition was launched by former CDU Chancellor Angela Merkel, and she started the country’s exit from nuclear power in 2011. As is typical for European center-right parties, the CDU still houses a greenish wing that really, truly believes in the climate agenda.

This explains why the CDU’s promises on energy policy are such a mishmash. (…)

As for nuclear, the CDU’s platform proposes adopting small modular reactors as an alternative to the large plants taken offline over the past decade. Or rather, the party suggests considering that option. The hedging represents deep ambivalence about nuclear power within the party, and indeed within German society.

Which is the problem. Germany’s parties can’t admit the depth of the energy disaster because the voters haven’t recognized it themselves. Hence the country is enduring an election campaign about who can better administer a green transition, not whether there ought to be one. Left mostly unasked is whether renewables can power an advanced industrial economy, or whether it even matters to the global climate whether a country of Germany’s modest size decarbonizes.

The exception is the Alternative for Germany (AfD) on the far right, which argues forcefully against a forced march into a green-energy future and currently polls around 20%. This party has achieved that level of support despite worrying fascist tendencies because it’s been a consistent skeptic of an open immigration policy voters once accepted but now dislike. A dispiriting conclusion from this year’s election campaign is that mainstream parties are handing AfD a similar opportunity on energy and the economy as politicians’ squeamishness about frank climate talk persists.

https://www.wsj.com/opinion/germanys-election-dodges-its-climate-debacle-scholz-merz-cdu-3387ef24?mod=opinion_lead_pos7


Neue Zürcher Zeitung, 13. Februar

Demos gegen CDU und AfD: die Arroganz der Anständigen

Seit bald zwei Wochen protestieren in Deutschland die «Anständigen» und «Rechtschaffenen» gegen rechts. Solche Moralbegriffe beruhen auf Verachtung für die anderen. Und sind verlogen.

Full text :  

In Traunstein in Oberbayern findet am kommenden Sonntag eine Demonstration unter dem Motto «Wir sind die Brandmauer – Keinen Zentimeter dem Faschismus» statt. Es sei Zeit für einen «Aufstand der Anständigen», schreibt das Bündnis «Bunt statt Braun» auf Instagram. Und weiter: «Es ist die Pflicht aller rechtschaffenen Menschen, dafür zu sorgen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.»

Die Stadt mit 22 000 Einwohnern folgt dem Beispiel anderer Städte in Deutschland, wo die selbsternannten Anständigen seit fast zwei Wochen auf die Strassen gehen. Mit dieser Selbstbezeichnung protestieren Zehntausende gegen den CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz und seinen «gewaltigen Tabubruch», mit den «Stimmen der Rechtsextremen» seine «Abschottungspolitik» durchzusetzen, wie es im Aufruf für Traunstein heisst.

Selbst wer den Protest gegen den angeblichen Rechtsruck ernst nehmen will und die Sorge über das Erstarken der AfD anerkennt, muss von Begriffen wie «anständig» und «rechtschaffen» abgeschreckt werden. All jene, die sich damit auszeichnen, scheinen nicht zu merken, wie anmassend sie klingen, wie überheblich und unverschämt.

Denn die Anständigen weisen die Scham jenen zu, die es in ihren Augen an Anstand vermissen lassen. Was Anstand ist, dafür bieten sie sich als moralisches Vorbild an.

Appell an «Christdemokraten mit Anstand»

Unüberhörbar bei der beliebten Verwendung des Begriffs ist der erpresserische Beiklang. Als sich bereits am Wochenende nach Merz’ Vorstoss zum Asylrecht 160 000 Menschen in Berlin zum «Aufstand der Anständigen» versammelten, rief die Aktivistin Luisa Neubauer der Menge zu: «Ich würde vorschlagen, dass wir die Wochen bis zur Bundestagswahl keine Sekunde aufhören, an die Christdemokraten mit Anstand zu appellieren.» Alle anderen, sagte sie damit, seien sittlich verkommen.

Dabei ist es nicht falsch, anständig sein zu wollen, das heisst, nach Werten zu handeln, die im Alltag ein gutes Zusammenleben ermöglichen. Die Eltern lehren das Kind, «Danke» zu sagen. Im vollen Tram bietet man einem älteren Menschen den Sitz an. Auf X hetzt man nicht gegen andere, auch wenn man ihre Meinung nicht teilt.

Wird das Wort aber als moralische Kategorie verwendet, wie es jetzt bei den «Demos gegen rechts» geschieht, verändert sich seine Aussage. Man bezeichnet sich als anständig in Abgrenzung von Merz, der CDU und überhaupt allen, die nicht auf die Strasse demonstrieren gehen. Mit der Selbstbezeichnung schliesst man alle anderen aus. Der Rest, das sind die Unanständigen, weil sie andere Ansichten haben.

Die Doppelmoral der Gutmeinenden

So ist es in den vergangenen Jahren gelaufen: Der woke Zeitgeist hat definiert, was moralisch gut, was anständig ist. Das hat in linken Milieus eine Selbstgerechtigkeit befördert, die im «Aufstand der Anständigen» noch einmal so unverhohlen zutage tritt, dass man staunt. Das Gutsein geht immer noch besser.

Der Appell an die Anständigen ist dabei nicht neu. Im Oktober 2000 rief der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder zum «Aufstand der Anständigen» auf mit den Worten: «Wegschauen ist nicht mehr erlaubt.» Er reagierte damit auf den Brandanschlag auf eine Synagoge in Düsseldorf, den man anfänglich für die Tat Rechtsextremer hielt. Es kam zu Demonstrationen und Lichterketten gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.

Als Täter wurden zwei Monate später ein aus Marokko stammender deutscher Staatsbürger und ein Palästinenser überführt. Ihr Motiv: Sie wollten sich für den Tod eines Jungen in Gaza rächen, den die israelische Armee erschossen hatte. Die Proteste, so gut gemeint sie waren, hatten sich gegen die Falschen gewendet.

Auch bei den jetzigen Demos verhält es sich nicht so einfach. Die Anständigen geben vor, die Moral gepachtet zu haben, scheinen aber kein Problem mit ihrer Doppelmoral zu haben. Nämlich dann, wenn man propalästinensische Linksaktivisten, die zur Vernichtung Israels aufrufen, am Rande mitmarschieren lässt. Die Tugendhaften legen an ihr Handeln andere Massstäbe an.

Himmler und die «anständigen» Nazis

Das Herausstellen der eigenen Moralität kann nur scheitern. Die meisten Leute empfinden sich als anständig, jedoch im Wissen um die eigene Unvollkommenheit. Niemand, der halbwegs ehrlich mit sich ist, würde damit angeben, anständig zu sein. Anständig im Sinn von unfehlbar: ohne innere Abgründe, ohne dunkle Begierden, ohne Hässlichkeit. Wer sich so sieht, verdrängt die eigene Widersprüchlichkeit.

Deshalb ist die Selbstadelung zum Anständigen gefährlich. Sie schützt nicht davor, Unrecht zu begehen und anderen Leid anzutun. Die Nationalsozialisten beschönigten ihren Massenmord im «Dritten Reich» damit, dass sie trotz allem «anständig» blieben. Mit dem Wort lobte Heinrich Himmler die Belastbarkeit der SS-Offiziere angesichts der von ihnen begangenen Verbrechen.

Die Anständigen, die heute dafür kämpfen, «dass die Geschichte sich nicht wiederholt», sind geschichtsvergessen. Weil das Wort historisch so kontaminiert sei, hält es der Theologe Knut Berner für unbrauchbar. Er kritisierte bereits 2013, dass der Anstandsbegriff im «moralbegeisterten Deutschland» eine Renaissance erlebe.

Wir die Reinen, ihr die Rohen

Der Anstand muss deswegen nicht gleich abgeschafft werden. Der Begriff behält seine Berechtigung als persönlicher Wert, an dem sich der Einzelne orientiert. Man verhält sich im täglichen Leben anständig, ohne dafür gelobt werden zu wollen.

Sobald Anstand aber zum kollektiven Selbstlob von politisch Gleichgesinnten verkommt, ist er bloss ein Wort, das auf der Verachtung für die anderen beruht. Wir die Zivilisierten, ihr die Barbaren. Wir rein und gewissenhaft, ihr roh und vulgär.

Bei einem der Grossaufmärsche in der deutschen Hauptstadt skandierten die Demonstrierenden «Ganz Berlin hasst die CDU». Die Anständigen bekennen sich also doch noch zu einem hässlichen Gefühl. Man ist fast erleichtert.

https://www.nzz.ch/feuilleton/aufstand-der-anstaendigen-selbstgerechtigkeit-in-moraldebatten-ld.1870418


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Februar

Historiker Andreas Rödder: „Ich fand die Statements der Kirche vollkommen unangebracht“

Der Mainzer Historiker Andreas Rödder verteidigt die gemeinsamen Abstimmungen von CDU und AfD im Bundestag. Im Interview sagt er, was er von Vergleichen mit „Weimar“ und „1933“ hält und was man für den Umgang mit der AfD lernen kann.

Article intégral : https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/11-fevrier-3.pdf

Link : https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/mainzer-historiker-andreas-roedder-gegen-brandmauer-zur-afd-110287203.html


The Economist, February 11

The man who could lead Europe  : Germany’s “business model is gone”, warns Friedrich Merz

Its probable next leader talks about Ukraine, saving the economy and beating the AfD in an interview

Article intégral :  

https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/11-fevrier-1.pdf

Link : https://www.economist.com/europe/2025/02/10/germanys-business-model-is-gone-warns-friedrich-merz


The Wall Street Journal, February 7, pay wall

Germany’s Center-Right Walks an Immigration Tightrope

Friedrich Merz hopes to lure away AfD supporters, but will he alienate voters in the ideological middle?

Extraits:

Can you beat them by joining them? That’s the question roiling German politics ahead of a federal election on Feb. 23.

The “them” is the far-right Alternative for Germany party (AfD). The person hoping to inflict the beating is Friedrich Merz, leader of the center-right Christian Democratic Union (CDU), who is widely expected to become chancellor after the vote. The issue is immigration.

Mr. Merz made waves last week when he offered a series of anti-immigration resolutions in Parliament, putting legislative bones on a promise he’d made the week before to block new arrivals at the border immediately. The proposals were what are known in the U.S. as “messaging bills”—legislation proposed by a minority party that has no chance of passing but that tells voters what the party would do if handed power.

The decision triggered hyperventilating from the global media about how the CDU had broken a firewall protecting German politics from extremism. This wasn’t so much about the content of Mr. Merz’s resolutions as who supported them when they came to votes in the Bundestag: the AfD.

The AfD started as a small professor-led protest party against the euro currency. It has grown into a large movement appealing to economically and socially disaffected voters, especially but not exclusively in the former East Germany. And although Europe’s insurgent-right parties often are misleadingly branded as “fascist” or “neo-Nazi,” in the AfD’s case there’s a good argument the labels are true.

Some AfD figures, such as current party leader Alice Weidel, sound like mostly sane nationalist conservatives. Others, however, challenge Germany’s culture of Holocaust remembrance, suggest not all members of Hitler’s SS were criminals, and adopt rhetoric reminiscent of the 1930s. Because the AfD can’t or won’t purge those elements, Germany’s other parties have pledged never to form governing coalitions with the upstart—the “firewall” you hear so much about in coverage of German politics.

It’s a barrier Mr. Merz didn’t breach last week, despite a vigorous campaign by parties of the left and their media cheerleaders to argue otherwise. He emphatically refuses to contemplate a governing coalition with the AfD, even though the CDU and its Bavarian sister the Christian Social Union (CSU) plus the AfD probably will come close to a combined majority of seats in the Bundestag after the election.

Why risk being on the same side of an issue then? The answer seems to be that Mr. Merz thinks his party can win some AfD voters. It’s fair to say that a full 20% of the German electorate—the AfD’s current share in opinion polls—isn’t Nazi-leaning. They’re justifiably anxious about Berlin’s out-of-control immigration policies of the past decade and are holding their noses to vote for what until two weeks ago was the only party that seemed to take the issue seriously. In putting forward his immigration resolutions, Mr. Merz was trying to show these voters that they have another option.

The ploy could work. The left-wing chatter about the supposedly broken firewall obscures an important message Mr. Merz’s resolutions sent to AfD voters: The CDU is offering an immigration plan even the AfD’s leadership supports. If there’s no longer a need to deliver an electoral warning to the establishment by voting for the AfD, why vote for a party that comes with so much baggage and that’s unlikely ever to exercise power?

Yet the CDU is taking a big risk. In trying to gain an edge on migration, Mr. Merz has sacrificed one of his bigger advantages: the demoralization and lassitude of the left. (…) Mr. Merz has given all those voters a cause. Witness the 160,000 or so who turned out Sunday in Berlin to protest his legislative gambit. He’s made it harder for his party to woo disaffected centrist voters away from parties of the left.

A lot is at stake. Mr. Merz is likely to win a plurality in any case, but the size of that plurality will matter a great deal. It will determine with which potential partners among the other parties he can form a coalition, and how much political capital he’ll have to push through his economic-revival agenda, which is what he really cares about and what Germany desperately needs.

How to attract voters away from the AfD has been the major question in German politics for years. Three weeks before an election is a heck of a time for Mr. Merz to embark on the biggest experiment to date.

https://www.wsj.com/opinion/germanys-center-right-walks-an-immigration-tightrope-39d1e06d?mod=hp_opin_pos_6#cxrecs_s


The Economist, February 6, pay wall      

Only halfway there : Germany’s election campaign is creating a security risk

Voters are not being prepared for the difficult decisions ahead

Article intégral :  https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/6-fevrier-4.pdf

Link : https://www.economist.com/europe/2025/02/05/germanys-election-campaign-is-creating-a-security-risk


😮 L’Express, 6 février, libre accès

En Allemagne, l’erreur historique du futur chancelier Friedrich Merz

Europe. Favori des législatives du 23 février, Friedrich Merz a fait voter une motion pour limiter l’immigration grâce aux voix de l’AfD.

Article intégral :

Mais quelle mouche a piqué Friedrich Merz ? Favori des prochaines élections législatives, le 23 février, le chef du parti conservateur (CDU) aurait pu se contenter de gérer sa confortable avance dans les sondages. Mais en faisant voter, le 29 janvier, une motion visant à limiter l’immigration, ce député de 69 ans a provoqué un séisme politique qui pourrait le fragiliser avant même son arrivée à la Chancellerie. Rejetées par ses adversaires politiques, ses propositions (contrôles permanents aux frontières, refoulement des demandeurs d’asile sans papier) n’ont été adoptées qu’avec les voix de l’AfD (Alternative für Deutschland). Un choc absolu. Pour la première fois depuis la Seconde Guerre mondiale, un texte a été voté outre-Rhin grâce à l’extrême droite. Jusqu’à présent, aucun parti n’avait encore rompu le “cordon sanitaire”.

Pourquoi prendre un tel risque, à trois semaines du scrutin ? “Merz voulait reprendre la main sur la campagne, notamment sur la question migratoire, juge Paul Maurice, secrétaire général du Comité d’études des relations franco-allemandes. Le meurtre de deux Allemands par un Afghan, la semaine dernière, à Aschaffenbourg, en Bavière, a certainement joué un rôle déclencheur.” En outre, Merz connaît ses électeurs, 2 sur 3 estiment qu’il ne faut pas laisser l’AfD labourer seule le terrain migratoire. En même temps, il n’ignore pas que 72 % d’entre eux veulent conserver le cordon sanitaire. Il a donc – sciemment – joué avec le feu.

Un précédent fâcheux

Mais en voulant “gratter” des voix à l’extrême droite, Merz a surtout désorienté ses électeurs modérés – un comble pour un homme qui, à son arrivée à la tête de la CDU en 2022, voulait lui redonner une “boussole”. Lui en tiendront-ils rigueur ? Réponse dans deux semaines. Pour l’instant, le gagnant de ce “grand chaos” est l’AfD, qui a conforté sa deuxième position dans les sondages.

Grâce à Merz, le parti d’extrême droite s’est un peu plus installé – et normalisé – dans le paysage politique. En cela, le leader conservateur a commis une erreur historique. Et se retrouve sous surveillance. Ses détracteurs ne manqueront d’ailleurs pas de rappeler qu’en juillet 2023, il avait suggéré “d’aller de l’avant” avec l’AfD, si celle-ci remportait une élection communale. Avant de se rétracter devant le tollé. A l’époque, la classe politique avait minimisé la portée de ses propos, car elle ne concernait que des élections locales. Ils prennent aujourd’hui une tout autre dimension.

https://www.lexpress.fr/monde/europe/en-allemagne-lerreur-historique-du-futur-chancelier-friedrich-merz-MR4GVMYJYRBGFGWSJWQHUDXRQ4/


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Februar, nur für Abonnenten     

Der 31. Januar 2025: Friedrich Merz hat es begriffen

Gastbeitrag von Tim B. Müller

Demokratiefeinde müssen durch politische Führung abgewehrt werden. Grüne und SPD verleugnen die Lektion aus dem Ende von Weimar.

Article intégral : https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/5-fevrier-1.pdf

Link : https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/friedrich-merz-hat-es-begriffen-demokratiefeinde-durch-politische-fuehrung-abwehren-110272955.html


Neue Zürcher Zeitung, 4. Februar, nur für Abonnenten     

Die deutschlandweiten Demonstrationen gegen rechts spalten das Land. Der «Aufstand der Anständigen» hat mit Anstand in Wahrheit wenig zu tun

Der Furor der Teilnehmer richtet sich nicht allein gegen die AfD, sondern auch die Christlichdemokraten. Dabei kann nur die Union der Rechtspartei den Wind aus den Segeln nehmen.

Ganzer Artikel: https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/02/4-fevrier-2.pdf

Link: https://www.nzz.ch/der-andere-blick/demonstrationen-gegen-rechts-der-kampf-gegen-die-cdu-spaltet-das-land-ld.1869401


The Guardian, February 4, free accès  

Merz doubles down on gambit with German far right in combative speech

Prospective chancellor takes startlingly aggressive line against those protesting against gamble with AfD

Full article:

The German conservative opposition leader, Friedrich Merz, whose party is widely tipped to win this month’s general election, defended his hardline migration proposals after a wave of protests accused him of breaching the time-honoured “firewall” between the far right and centrists.

In an uncompromising speech to a party congress of his Christian Democratic Union (CDU) in Berlin, Merz said he was confident they would win the 23 February vote “with a very good result”, well ahead of the anti-immigration, anti-Islam Alternative für Deutschland (AfD), which has been consistently placing second in the polls.

Five days after passing a non-binding resolution on border policy with the votes of the far right – marking a historic breach of a taboo – Merz renewed a promise to bar any formal cooperation with the AfD in future.

“We will not work with the Alternative für Deutschland – not before [the election], not after – never,” he said to a lengthy standing ovation from delegates.

“The AfD “stands against everything that our country and our party built in the last years and decades”, he said. “It is our most important opponent in this election campaign. We want to make it small, we want to make it a footnote.”

Referring to the tens of thousands of demonstrators who turned out in cities across Germany at the weekend to criticise Merz’s high-stakes gamble with the AfD, the CDU leader took a startlingly aggressive approach, accusing the protesters of hypocrisy.

Merz demanded: “I want to know: where is the uprising of decent people?” in the face of a “never-before-seen hatred of Israel” since the 7 October attacks by Hamas and “an antisemitism that deeply shames us all … against which the reaction has been too hesitant”.

“I say to all those who were out yesterday: you picked the wrong date and the wrong issue,” he said.

Drumming home a law-and-order message in the last weeks of the campaign, Merz argued that mainstream parties had to offer a tougher response to violent crimes, such as last month’s deadly stabbing attack against small children in the southern city of Aschaffenburg, or risk losing ground to extremists.

“The open outbreaks of violence on our streets and in well-known parts of town around certain events such as New Year’s Eve and May Day undermine the faith of our population in the rule of law and allow our state to often appear powerless and defenceless,” he said.

Merz said a government under his leadership would show that “this time-tested democratic order in our country is still able in a reasonable period of time to face up to challenges”.

“If we don’t manage that in the coming years, then Germany risks sliding into leftist or rightwing populism,” he said.

Leading in the polls for several months, Merz has faced intense criticism over the last week from the centre-left partiesdissenters in his own camp and pundits across the political spectrum for his risky gambit with the post-Nazi consensus to isolate the far right.

The non-binding resolution put forward by Merz with the knowledge it would probably only pass with AfD support called for tougher measures to fight irregular immigration, including turning larger numbers of people back at the border. Critics have said many of the proposals violate EU or German law.

On Friday, the German parliament rejected CDU-sponsored draft legislation calling for a tightening of immigration controls that risked being the first bill to pass with votes from a far-right party.

https://www.theguardian.com/world/2025/feb/03/friedrich-merz-doubles-down-on-gambit-with-german-far-right-in-combative-speech


👎😮 Libé, 31 janvier, article payant    

Politique migratoire : Cordon sanitaire en Allemagne : le conservateur Friedrich Merz retourne à l’assemblée avec une tronçonneuse

Après le séisme provoqué par son alliance avec l’extrême droite sur la politique migratoire, le favori dans la course à la chancellerie ne désarme pas en présentant ce vendredi 31 janvier un projet de loi pour «limiter l’afflux de réfugiés» avec le soutien de l’AfD. Merkel, son ennemie jurée, entre dans le jeu.

Extraits:

Friedrich Merz va-t-il recouper le cordon sanitaire, cette fois à la tronçonneuse, après l’avoir rompu symboliquement, mercredi 29 janvier, à l’assemblée fédérale allemande (Bundestag) ? Malgré les protestations, le conservateur favori dans la course à la chancellerie, ne désarme pas. Il déposera ce vendredi une «proposition de loi pour limiter l’afflux de réfugiés» avec le soutien du parti d’extrême droite de l’AfD qui a déjà signalé son accord.

Mercredi, il avait déjà provoqué un séisme politique en passant une résolution sur un durcissement de la politique migratoire avec le soutien de l’extrême droite, un précédent historique dans l’histoire moderne du parlementarisme allemand. (…)

La procédure législative de Merz est purement symbolique. En effet, cette loi sur l’immigration n’a aucune chance d’entrer en vigueur en raison du rapport de force à la chambre haute du parlement (Bundesrat) qui rejettera le texte. Pour Friedrich Merz, il s’agit de montrer une fois de plus qu’il ne veut plus entendre parler de cordon sanitaire pour légiférer avec l’extrême droite sur l’immigration.

«La situation a changé», se justifie le candidat conservateur en rappelant les attentats mortels commis ses derniers mois par des réfugiés en attente d’expulsion. Le coup de couteau à Aschaffenbourg perpétré le 22 janvier par un réfugié afghan de 28 ans (deux morts dont un enfant marocain de 2 ans) a été la goutte qui a fait déborder le vase : «Combien de morts vous faut-il encore ?» a lancé Friedrich Merz à l’adresse du chancelier Scholz, en reprenant la même dialectique que l’extrême droite. (…)

Pour s’imposer, Merz va devoir affronter son ancienne ennemie à la CDU, celle qui a ruiné sa carrière politique en l’évinçant sans ménagement des bancs de l’assemblée en 2002. (…)

Merz devra aussi compter sur des résistances dans son parti – très chrétien comme le nom l’indique – et dont certains membres réclament l’interdiction de l’AfD. Daniel Günther, le ministre-président conservateur du Schleswig-Holstein, a déjà promis de ne pas voter la loi au Bundesrat. «Mais les conservateurs ne peuvent plus se permettre des divisions internes. Merz a fait habilement la manœuvre à trois semaines des élections. Tout le monde est pris de court», remarque Markus Linden.

En lâchant le cordon sanitaire, Friedrich Merz va bouleverser le jeu politique dans les régions où les alliances avec l’AfD restaient taboues. En Thuringe, la CDU a été obligée de s’allier avec le parti pro-Poutine d’extrême gauche de Sahra Wagenknecht dans un gouvernement minoritaire dans le seul but de faire barrage à l’extrême droite malgré des programmes convergents . Les conservateurs vont donc interpréter le virage politique de Friedrich Merz comme un feu vert pour des coopérations avec l’extrême droite.

https://www.liberation.fr/international/europe/cordon-sanitaire-en-allemagne-le-conservateur-friedrich-merz-retourne-a-lassemblee-avec-une-tronconneuse-20250131_RKBXYFPD4RH75CDLOWALVB6QGI/


L’Express, 31 janvier, article payant   

😮👎Friedrich Merz et l’extrême droite allemande : un pacte fou avec le diable

Europe. En rompant le cordon sanitaire avec l’extrême droite, le candidat conservateur s’aliène les églises chrétiennes, les entreprises et les nostalgiques d’Angela Merkel… qui vient d’étriller son successeur.

Article intégral :

Mais où va Friedrich Merz? Les Allemands se posent ardemment la question depuis que le possible futur chancelier allemand a rompu le cordon sanitaire le 29 janvier en faisant passer une résolution sur la politique migratoire avec l’aide du parti d’extrême droite AfD (Alternative pour l’Allemagne). “Je ne regarde ni à gauche ni à droite. Je regarde devant moi”, s’est-il justifié pour expliquer son revirement.

Jamais dans l’histoire du parlementarisme allemand d’après-guerre, un parti démocratique avait sciemment accepté le soutien de l’extrême droite, le jour même où l’assemblée fédérale (Bundestag) rendait hommage aux victimes du nazisme dans l’hémicycle. A la suite de ce séisme politique, plusieurs survivants de l’Holocauste ont décidé de rendre leurs décorations.

Pourquoi maintenant? A trois semaines des élections? Alors qu’il avait promis de respecter le “consensus démocratique”, Friedrich Merz a changé son fusil d’épaule pour freiner l’érosion de l’Union chrétienne-démocrate (CDU) dans les sondages. “Un coup de poker très risqué”, estime Ursula Münch, directrice de l’Académie de science politique de Tutzing.

D’autant que la manœuvre ne lui a pas servi pour l’instant. Au contraire, elle a permis à l’AfD de vivre, le 29 janvier, un véritable triomphe à l’assemblée. “Vous avez copié notre programme”, l’a tancé Alice Weidel, la présidente de l’AfD, qui a toujours souhaité un gouvernement d’union des droites. “Le soi-disant cordon sanitaire, qui n’est rien d’autre qu’un cartel antidémocratique visant à neutraliser la volonté des électeurs, est mort”, a-t-elle ajouté.

Merz isolé

Risqué, en effet. Merz paraît déjà isolé dans sa tentative de virage populiste. Les églises chrétiennes, mais aussi de grands entrepreneurs, comme le grand patron d’Infineon Jochen Hanebeck, ont condamné son rapprochement avec l’extrême droite. Contrôle hermétique des frontières, déchéance de nationalité, rétention des expulsables et renforcement des pouvoirs de la police… le programme de Merz ressemble désormais à celui de l’extrême droite. “Il s’inscrit dans la lignée de Giorgia Meloni en Italie et de Viktor Orbán en Hongrie”, regrette Frank Baasner, codirecteur du Forum pour l’avenir franco-allemand. “Il se prend un peu pour Trump en ce moment”, ajoute-t-il.

Merz est pourtant profondément européen, comme l’a confirmé son discours de politique étrangère à la fondation Körber à Berlin, le 23 janvier. “Il y a un immense fossé entre ses convictions sur l’Europe et ses prises de position sur l’immigration”, poursuit Frank Baasner, qui se veut rassurant sur l’avenir : “Nous sommes en pleine campagne électorale”, tempère-t-il.

Fronde anti-Merz

Ce 29 janvier aura néanmoins des conséquences pour le jeu politique en Allemagne. Avec des scores supérieurs à 30 % dans les régions de l’Est du pays, l’AfD est devenu la première force parlementaire dans les territoires de l’ancienne RDA. Les fédérations régionales de la CDU vont désormais se demander pourquoi elles devraient continuer à s’allier avec un parti de gauche pro-Poutine (celui de Sahra Wagenknecht) pour former des alliances minoritaires, tout cela au nom du cordon sanitaire, alors que les conservateurs sont beaucoup plus proches des idées de l’extrême droite.

En envoyant ce message (“Unissez-vous à l’AfD!”), Merz tente de tourner définitivement la page de la “culture de l’accueil” d’Angela Merkel et de revenir aux fondamentaux des années 1990. “A l’époque, les conservateurs étaient encore plus radicaux que l’AfD en matière d’immigration. Ils voulaient même supprimer le droit d’asile”, rappelle Ursula Münch. Merz veut créer une rupture avec Merkel, qui est vue comme la cause de tous les problèmes. “Sans elle, l’AfD aurait sans doute beaucoup moins d’électeurs aujourd’hui”, pense Ursula Münch.

Angela Merkel, qui avait évincé Merz en 2002 des bancs de l’Assemblée, est sortie de son silence en publiant une missive assassine où elle dénonce une “manœuvre tacticienne”. L’ancienne Chancelière avait pourtant promis de garder le silence dans la campagne. “Elle a décidé de prendre la tête d’une fronde anti-Merz”, constate Markus Linden, politologue à l’université de Trèves, avant d’ajouter : “Ce n’est pas rien. Son poids politique est encore important”.

https://www.lexpress.fr/monde/europe/friedrich-merz-et-lextreme-droite-allemande-un-pacte-fou-avec-le-diable-6YH47YYZENAYPCRSIP7N62B3DI/


Neue Zürcher Zeitung, 31. Januar, nur für Abonnenten     

«Schwärzester Tag der Nachkriegsgeschichte»: Ist die Aufregung über die Abstimmung mit AfD-Stimmen gerechtfertigt?

Am Mittwoch fasste das deutsche Parlament einen Entschluss mit Stimmen der AfD, am Freitag könnte ein Gesetz folgen, um illegale Zuwanderung einzudämmen. Die mediale Republik tobt. Die Frage ist, was die Bürger tun.

Extraits:

Bundeskanzler Olaf Scholz entzieht Friedrich Merz, seinem Herausforderer von der CDU, zur Hauptsendezeit im Fernsehen öffentlich das Vertrauen. Angela Merkel meldet sich zu Wort und wendet sich mitten im Wahlkampf von ihrem Nachfolger ab. «Zum ersten Mal seit achtzig Jahren», so setzt der Grüne Eric Marquardt zu einem emotionalen Statement an und referenziert die Zeit der Nationalsozialisten. Seine bekannte Parteikollegin Luisa Neubauer echauffiert sich: «How dare you, Friedrich Merz», und unzählige Abgeordnete von Grünen und SPD verbreiten ein Poster im Netz, auf dem der 29. Januar 2025 als «schwärzester Tag der deutschen Nachkriegsgeschichte» bezeichnet wird. Mehr Dramatik geht nicht in Deutschland. Was ist passiert?

Es wäre leicht, sich über den Furor und die Ästhetik der Linken, Grünen und Merkelianer lustig zu machen oder darauf hinzuweisen, dass Neubauers Worte «How dare you» von der Antisemitin Greta Thunberg geprägt wurde. Dass seit 1945 in Deutschland unter anderem eine Mauer gebaut wurde und Terrorismus von Linken, Rechten und Islamisten viele Todesopfer forderte. Oder auch darauf, dass viele der Probleme, die Merz zu beheben versucht – einschliesslich der Existenz der AfD –, von seiner Kritikerin Merkel erst verursacht wurden.

Aber richtig ist auch: Im Moment gewinnen radikale Rechte an Boden. Und die Demokratie wurde schon mit demokratischen Mitteln ausgehebelt, auch in Deutschland. Deshalb ist es nur angemessen, die Lage nüchtern zu analysieren.

Was ist am Mittwoch im deutschen Parlament geschehen – und was wird am Freitag im Bundestag passieren, wenn über das Zustrombegrenzungsgesetz abgestimmt werden wird, mit dem die Migration in Deutschland neu geregelt werden soll?

Am Mittwoch hat sich eine Mehrheit massgeblich aus Union (CDU/CSU) und AfD gefunden, am Freitag könnte das – aller Wahrscheinlichkeit nach – wieder passieren. Das Thema Migration wird in Deutschland mit Nachdruck verhandelt, das Gesetz am Freitag sieht im Wesentlichen vor, den Familiennachzug für Personen mit eingeschränktem Schutzstatus zu stoppen. Menschen, von denen nicht klar ist, ob sie bleiben dürfen, können also ihre Familie nicht nachholen.

Die Bundespolizei soll ausserdem bei aufgegriffenen Personen ohne gültige Dokumente Haft oder Gewahrsam zur Sicherung der Abschiebung selbst beantragen können. Und im Aufenthaltsgesetz soll wieder die «Begrenzung» illegaler Migration verankert werden, nicht nur die «Steuerung» – ein Paradigmenwechsel, über den allerdings schon lange relativ geräuschlos diskutiert wird. Das Gesetz zirkuliert bereits.

Den Anlass, es jetzt auf die Tagesordnung zu setzen und bereits am Mittwoch über das Thema Migration abzustimmen, gab der Mord in Aschaffenburg an einem zweijährigen Kind durch einen Mann aus Afghanistan, der sich in Deutschland nicht mehr hätte aufhalten dürfen.

Dass eine Bluttat, so furchtbar sie auch ist, für solche parlamentarischen Beschlüsse ausreicht, liegt an den Geschehnissen der vergangenen Jahre – insbesondere im Zeitraum seit der ungeregelten Massenmigration 2015. Regelmässige Morde, Körperverletzungen und Sexualstraftaten durch Menschen, die illegal in Deutschland sind, bis hin zu Terroranschlägen, wühlen viele Menschen auf. Dazu kommt der Umgang mit diesen Straftaten, das Kleinreden in einigen Medien, die immergleichen Formeln nach den Taten vieler Politiker, von denen viele Deutsche nun Handlungen statt Worte erwarten.

Selbst bei den Sozialdemokraten ist es unbestritten, dass gehandelt werden muss. Schon vor längerer Zeit präsentierte sich Bundeskanzler Scholz auf dem Titel des «Spiegels» mit dem Zitat «Wir müssen endlich im grossen Stil abschieben.» Geschehen ist seit damals wenig.

Die Liste der Taten, die viele Deutsche im Hinblick auf Migration tief verstört haben und ängstigen, ist lang und umfasst mittlerweile Hunderte Fälle. Einige haben sich in das kollektive Gedächtnis eingeprägt. (…) Die «Zäsur in Deutschland», die nun von links beklagt wird, ist deshalb schrittweise herbeigeführt worden. Aschaffenburg war die eine Tat zu viel.

Merz spürt diesen Druck, hat aber immer wieder betont, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Seine Ablehnung der in Teilen extremistischen Partei hat der CDU-Chef mehrfach hervorgehoben, auch in den Tagen vor der Abstimmung.

Kritiker stellen nun die Frage, wie diese Aussagen mit der gemeinsamen Stimmabgabe seiner Partei mit der AfD zusammenpassen. Entscheidend ist, wie und wo politische Zusammenarbeit beginnt. Soweit bekannt ist, stimmte die AfD gegen den Wunsch der Konservativen mit ihnen. Absprachen und Pläne gab es ausdrücklich nicht. Die Kritik beschränkt sich deshalb auf die Feststellung, Merz habe «Mehrheiten im Parlament herbeigeführt». So beschreibt es zum Beispiel Angela Merkel. Eine Zusammenarbeit ist das nicht.

Stark kritisiert wird auch, dass die Strategie, ein Thema von rechts aussen zu besetzen, nicht funktioniere. Damit würden nur die Extremisten gestärkt, denn die hätten das Monopol auf ihre Themen, seien das «Original», das der Wähler immer vorziehe. Als Beispiel wird regelmässig Frankreich genannt, wo die Le-Pen-Partei den Konservativen viele Wähler weggenommen hat.

Dass es anders geht, zeigt ein Blick nach Dänemark. Dort übernahmen ab 2015 die Sozialdemokraten unter der Führung von Mette Frederiksen viele restriktive Positionen; gleichzeitig beharrten sie auf ihren Werten. Das half ihnen, Wähler von den Rechtspopulisten zurückzugewinnen und in die Mitte zurückzuführen.

Obendrein stellt sich die Frage, ob eine dermassen dringliche und quälende Frage wie die nach kontrollierter und begrenzter Migration überhaupt ein Thema der extremen Rechten ist. Einige der härtesten Sätze zum Thema Migration hat in Deutschland Helmut Schmidt geprägt, der ehemalige sozialdemokratische Kanzler und Herausgeber der «Zeit»: «Zuwanderung aus fremden Zivilisationen schafft mehr Probleme, als es uns auf dem Arbeitsmarkt bringen kann», sagte er. (…)

Merz’ Problem ist deshalb vor allem, dass die Situation zur Unzeit kommt. In drei Wochen wird in Deutschland gewählt. SPD und Grüne werden alles dafür tun, bürgerliche Wähler davon zu überzeugen, dass Merz einen furchtbaren Tabubruch begangen hat, indem er – passiv – Stimmen der AfD annahm und am Freitag annehmen wird.

Wenn Merz mit seiner Taktik Stimmen von der AfD zurückholen kann, wird das womöglich länger dauern. Die Wähler, die sich von Merkels CDU abgewandt haben, lassen sich kaum innerhalb weniger Tage überzeugen. Auch in Dänemark dauerte der Prozess Jahre. Aber er hat funktioniert.

https://www.nzz.ch/international/haertere-asylpolitik-mit-afd-stimmen-stehen-cdu-und-csu-zurecht-am-pranger-ld.1868758


Libération, 31 janvier, article payant   

Extrême droite : En Allemagne, la CDU fait tomber le cordon sanitaire contre l’AfD à trois semaines des élections

Pour la première fois depuis 1949, un parti démocratique en Allemagne a accepté le soutien de l’extrême droite au Bundestag pour le vote d’une résolution sur l’immigration. Cela, le jour même de l’hommage aux victimes de l’Holocauste.

Extraits:

C’est un jour historique. Mais pas dans le bon sens du terme. Ce qu’il s’est joué ce mercredi 29 janvier 2025 au Parlement fédéral (Bundestag) restera gravé dans les mémoires comme un jour noir pour la démocratie allemande. Un jour où les rires des députés d’extrême droite ont résonné dans l’hémicycle face aux visages défaits des sociaux-démocrates, des écologistes et de la gauche radicale (Die Linke).

https://www.liberation.fr/international/europe/en-allemagne-friedrich-merz-fait-tomber-le-cordon-sanitaire-contre-lafd-a-trois-semaines-des-elections-20250129_UPZGAQD265ADFP2SJJTFSZ2VQQ/


Le Monde, 31 janvier, article payant

En Allemagne, la CDU fait sauter le « cordon sanitaire » avec l’extrême droite

C’est grâce aux voix de l’AfD qu’une motion sur l’immigration déposée au Bundestag par l’Union chrétienne-démocrate a obtenu la majorité des voix, mercredi. Une première depuis la fin de la seconde guerre mondiale, dénoncée jeudi par l’ancienne chancelière Angela Merkel

Extraits:

Droite, gauche, centre et partis extrêmes sont au moins d’accord sur un point : le moment est historique pour l’Allemagne. Pour la première fois, un texte proposé par l’Union chrétienne-démocrate (CDU), plaidant pour un durcissement de la législation en matière d’immigration, a obtenu une courte majorité au Bundestag grâce aux voix du parti d’extrême droite Alternative für Deutschland (AfD).

Depuis la fin de la seconde guerre mondiale, l’extrême droite avait toujours été tenue à l’écart de la vie parlementaire par les formations historiques du centre qui lui refusaient toute collaboration, alliance ou même vote commun, au nom de la doctrine du « cordon sanitaire ».

Le moment n’a rien de fortuit : les Allemands se préparent à se rendre aux urnes dans moins de quatre semaines, pour élire un nouveau Bundestag, le 23 février. Emmenée par Friedrich Merz, la CDU est favorite dans les sondages, avec environ 30 % des intentions de vote, suivie par l’AfD, autour de 20 %.

Le texte, adopté mercredi 29 janvier, a surtout une valeur symbolique. Il s’agit d’une motion non contraignante, à visée purement déclarative, mais présentée par Friedrich Merz comme une réponse à l’attaque au couteau meurtrière perpétrée par un réfugié afghan en situation irrégulière à Aschaffenburg, en Bavière, le 22 janvier. (…)

La motion de Friedrich Merz propose de renforcer l’arsenal des mesures contre l’immigration illégale par des contrôles permanents aux frontières du pays, d’ « expulser systématiquement les personnes tenues de quitter le territoire de manière exécutoire, en particulier les délinquants et les personnes dangereuses » ou de les placer « immédiatement » dans des centres de détention, et de remplacer la réglementation européenne sur le droit d’asile, jugée « dysfonctionnelle », par le droit national. Des dispositions qui seraient, pour certaines, contraires au droit européen. Le texte a recueilli 348 votes positifs, 345 contre et dix abstentions.

« Une nouvelle ère commence ici et maintenant, et nous sentons que nous avons des forces nouvelles, a immédiatement réagi Bernd Baumann, député AfD, peinant à dissimuler sa satisfaction à la tribune de l’Hémicycle. Monsieur Merz, vous avez contribué à la faire émerger !   »

« Aujourd’hui pour la première fois, dans le contexte historique qui est le nôtre, des majorités ont été recherchées et acceptées au-delà du centre démocratique », a déploré de son côté la députée écologiste Britta Hasselmann. « Je n’aurais jamais pu imaginer qu’un parti chrétien-démocrate rompe le cordon sanitaire, s’est emportée la députée Die Linke (gauche) Heidi Reichinnek. Ceci deux jours après que nous avons commémoré la libération d’Auschwitz ! »

Visiblement embarrassé, Friedrich Merz a tenté de se justifier, invitant à nouveau « les partis démocratiques du centre »à négocier un compromis sur une proposition de loi de la CDU sur le même sujet, qui doit être débattue vendredi au Bundestag. « Je veux répéter ce que j’ai dit cet après-midi :je ne cherche pas d’autres majorités que celles qui se trouvent au centre démocratique de notre Bundestag, a-t-il répété, sous les cris de l’opposition. S’il y a eu une telle majorité[avec l’AfD] , je le regrette. » (…)

« L’AfD peut maintenant revendiquer le fait qu’elle fait partie des gens respectables, de ceux qui travaillent au Bundestag, et qu’elle est devenue présentable », a analysé le politologue Albrecht von Lucke, sur la chaîne Phoenix, mercredi après le vote. De fait, aucun des partis, hormis l’AfD, n’avait intérêt à ce que la question de l’immigration occupe le centre de la campagne, particulièrement pas la CDU. Les difficultés économiques du pays, en récession depuis 2023, auraient dû profiter au mouvement conservateur, généralement crédité d’une plus grande crédibilité sur les sujets économiques.

https://www.lemonde.fr/international/article/2025/01/29/en-allemagne-la-cdu-fait-sauter-le-cordon-sanitaire-avec-l-extreme-droite_6522492_3210.html


Le Point, 31 janvier, libre accès

En Allemagne, Friedrich Merz et l’extrême droite dans le même bateau sur l’immigration

Le probable futur chancelier n’a pas hésité à faire passer son plan de durcissement de la politique migratoire avec les voix de l’AfD. Une première en Allemagne.

Extraits:

C’est un étrange télescopage de calendrier. Le jour même où les députés réunis sous la coupole de verre du Reichstag commémorent la libération d’Auschwitz il y a 80 ans, Friedrich Merz (qui sera, sauf surprise de dernière minute, le prochain chancelier conservateur CDU/CSU de l’Allemagne) fait voter une motion sur l’immigration avec le soutien de l’AfD, un parti d’extrême droite dont le goût pour l’idéologie nazie n’est plus un secret pour personne. Pour la première fois dans l’histoire de l’Allemagne d’après-guerre, un parti démocratique se laisse ainsi cautionner par l’extrême droite.

Pour la dernière session du Bundestag avant les élections du 23 février, les tribunes sont pleines, l’ambiance tendue, le moment grave. Dans les couloirs devant l’hémicycle, certains députés parlent de « césure », d’autres d’« une journée historique honteuse » et même d’une « catastrophe pour la démocratie, précisément dans un pays comme l’Allemagne qui devrait être particulièrement vigilante en raison de son passé ». Il y a une semaine jour pour jour à Aschaffenburg, un jeune Afghan poignardait un enfant de deux ans et un père de famille de 41 ans qui tentait de le protéger. L’agresseur est psychiquement labile. Son l’expulsion avait été décidée, mais il continuait à vivre en toute liberté sur le territoire allemand. Un nouveau choc après Mannheim, Solingen et Magdebourg. Le thème de l’immigration est propulsé en première place de la campagne.

Pressé d’apporter une réponse musclée pour ne pas laisser ce terrain sensible à l’extrême droite et pour récolter les voix des hésitants, Friedrich Merz concocte un plan en cinq points qui prévoit, entre autres, des contrôles permanents à toutes les frontières de l’Allemagne et le renvoi immédiat à la frontière de tous les demandeurs d’asile qui ne disposent pas de papiers en règle. Jusqu’ici, ceux qui réclamaient l’asile étaient accueillis en Allemagne en attendant qu’une décision soit prise sur leur statut, une procédure qui peut prendre des années.

« Cela fait 18 ans que je suis membre de ce Parlement, déclare Friedrich Merz devant les députés, mais après Magdebourg et Aschaffenburg, je ne peux plus vivre avec ma conscience sans agir. » Et cela, quoi qu’il en coûte. (…)

Le texte, approuvé mardi, n’a pas valeur de loi, mais il représente un véritable tournant dans la politique migratoire de l’Allemagne et pose des questions légales. Tout d’abord parce qu’il abolit de fait le droit d’asile inscrit dans la Constitution, mais aussi parce qu’il passe outre la législation européenne sur l’ouverture des frontières. Cette initiative de Friedrich Merz occasionne une fissure dans le « Brandmauer », ce fameux mur pare-feu érigé par les partis traditionnels, CDU/CSU en tête, qui refusent de collaborer d’aucune façon que ce soit avec le nouveau venu sur l’échiquier politique allemand. (…)

Soucieux de prendre ses distances, Friedrich Merz a eu beau, dans le texte qui a été adopté, stipuler que l’AfD est un « opposant politique » et dénoncer sa « xénophobie », ses « théories du complot » et son programme « anti-européen », il n’en reste pas moins que l’AfD a pour la première fois donné son feu vert à un projet de la CDU/CSU. (…)

René Bochmann, député du Land de Saxe dans l’ex-RDA, accuse la CDU/CSU d’avoir copié le programme de l’AfD : « Ces idées sont les nôtres et nous avons un devoir vis-à-vis de nos électeurs. C’est pourquoi nous voterons avec la CDU/CSU. » (…)

Plusieurs voix se sont élevées ces derniers jours pour condamner la décision de Friedrich Merz, notamment les églises et certains entrepreneurs. Au sein de la CDU, ceux qui s’inscrivent dans la tradition d’Helmut Kohl et d’Angela Merkel (qui, malgré les pressions exercées par la CSU bavaroise, n’a jamais accepté de fermer les frontières de son pays) ont fait savoir leur réserve en privé. Pas question pourtant à trois semaines des élections de planter un couteau dans le dos de leur candidat en le critiquant ouvertement. Les députés de la CDU-CSU ont donc serré les rangs et voté la motion.

Reste à savoir si la manœuvre de Friedrich Merz va payer dans les urnes. Pour le moment, les sondages ne remontent pas de façon spectaculaire pour la CDU/CSU. Il a éveillé des attentes. S’il ne parvient pas à les mettre en œuvre, c’est sa crédibilité qui sera en jeu. Friedrich Merz a beau réaffirmer qu’il n’est pas question pour lui de former une coalition à quelque niveau que ce soit avec l’AfD, le doute a été semé. Une manœuvre politique très risquée dans la dernière ligne droite de cette campagne au pas de course.

https://www.lepoint.fr/monde/en-allemagne-friedrich-merz-et-l-extreme-droite-dans-le-meme-bateau-sur-l-immigration-29-01-2025-2581132_24.php#xtmc=allemagne&xtnp=1&xtcr=1


The Economist, January 30, pay wall      

Merz’s migration gamble : A day of drama in the Bundestag

Friedrich Merz, Germany’s probable next chancellor, takes a huge bet and triggers uproar

Article intégral :  https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/01/30-janvier-1.pdf

Link : https://www.economist.com/europe/2025/01/29/a-day-of-drama-in-the-bundest


Neue Zürcher Zeitung, 30. Januar, nur für Abonnenten     

Es gibt kein Grundrecht auf illegale Einwanderung. Deutschlands Asylpolitik mit Auschwitz zu rechtfertigen, ist infam

Bevor der Bundestag einen Antrag der Union annahm, um die illegale Migration einzudämmen, konfrontierte Kanzler Olaf Scholz die Parlamentarier mit der deutschen Geschichte. Sein Argument führt aber in die Irre.

Extraits:

Die Bluttat von Aschaffenburg war für den Christlichdemokraten Friedrich Merz wohl der Auslöser, der das Fass zum Überlaufen brachte. Schon nach den Attentaten von Mannheim, Solingen und Magdeburg war der Handlungsdruck gross. Nun zog er die Konsequenz: Es soll nicht mehr jeder illegal nach Deutschland einreisen können. An diesem Mittwoch stellte seine Fraktion aus CDU und CSU zwei Anträge zur Eindämmung der illegalen Migration zur Abstimmung.

Einer davon wurde angenommen, auch mit Stimmen der AfD. SPD und Grüne verweigerten zu beiden Anträgen ihre Zustimmung. Dabei sagte der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung einen bemerkenswerten Satz: «Wenn wir heute, achtzig Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, über Asyl diskutieren, dann gehört das Bekenntnis zum Asyl für politisch Verfolgte dazu.»

Das Asylrecht sei auch eine Antwort «auf das Grauen der NS-Herrschaft», so Scholz weiter. Schliesslich seien Juden im Zweiten Weltkrieg immer wieder an Staatsgrenzen abgewiesen worden.

Der Kanzler hält sich für besonders geschichtsbewusst. Doch seine Aussage führt in die Irre. Denn die eindeutig politisch Verfolgten stehen nicht im Zentrum der Debatte: Nur ein Prozent aller Asylmigranten in Deutschland sind als solche anerkannt. (…)

Es ist tatsächlich eine Konsequenz aus der massenhaften Abweisung vieler entrechteter jüdischer Flüchtlinge während des Holocaust, dass das Recht auf Asyl im Grundgesetz politisch Verfolgte schützt. Mit Auschwitz lässt sich aber nicht rechtfertigen, dass ausnahmslos jeder Mensch illegal nach Deutschland einreisen darf, um einen Antrag auf Asyl zu stellen. Aus dem Holocaust folgt auch erst recht nicht, dass die meisten Asylmigranten bleiben können, selbst wenn die Prüfung ihres Antrags abschlägig ausfiel.

Indem Scholz so argumentiert, bagatellisiert er das Leid der im Nationalsozialismus verfolgten Juden. Ginge es ihm wirklich um die Menschen, die die Nazis entrechtet und ermordet haben, würde er sie nicht als Argument für seine Politik missbrauchen. (…)

Scholz ist nicht der einzige Sozialdemokrat, der schiefe historische Parallelen gezogen hatte. Auch der Gesundheitsminister und SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach griff Merz in unzulässiger Weise an. (…)

«Heute, am Tag 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz», so Lauterbach, «hofiert» Merz die AfD. Das sei ein «moralischer Bankrott». (…)

Tatsächlich kann Artikel 16 des Grundgesetzes, der das Asylrecht regelt, an die jeweilige politische Lage angepasst werden. Zuletzt geschah das 1993, als Deutschlands Kommunen, ähnlich wie heute, durch massenhaften Asylzuzug an der Belastungsgrenze standen.

Seither gilt, dass diejenigen Migranten keinen Asylanspruch haben, die auf ihrem Weg nach Deutschland einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen sicheren Drittstaat durchschritten haben. Der bestehende Zustand ist trotz entgegenstehender internationaler Rechtsprechung ein permanenter Rechtsbruch. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, kritisiert das seit Jahren.

Habeck und Scholz könnten das wissen. Doch statt der Unionsfraktion die nötige Mehrheit zu verschaffen, um die illegale Einwanderung einzudämmen, nutzen sie das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs für ihre tagespolitischen Zwecke.

Nur, weil CDU und CSU nun auch Mehrheiten mit der AfD zustande bringen, droht noch längst keine neue nationalsozialistische Machtergreifung. Dass die Union wirksame Massnahmen treffen will, um geltendes Recht durchzusetzen, führt Europa auch nicht in einen Zustand zurück, in dem es kein Grundrecht auf Asyl gab. Es liegt nun an SPD und Grünen, zum politischen Realismus zurückzukehren.

https://www.nzz.ch/der-andere-blick/asylrecht-und-auschwitz-es-gibt-kein-grundrecht-auf-illegale-einwanderung-ld.1868433


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Januar, libre accès

Migrationspolitik: Auch die Kirchen sind Steigbügelhalter der AfD

Seit Jahren stärken die beiden großen Kirchen denjenigen Politikern und Parteien den Rücken, die an einem gescheiterten Migrationsregime festhalten. Auch sie sind zu Steigbügelhaltern der AfD geworden.

Extraits:

Es ist den Kirchen unbenommen, dass sie im politischen Raum denen eine Stimme zu geben versuchen, die keine haben – wie etwa beim Schutz des ungeborenen Lebens. Nicht zu verdenken ist es den Kirchen auch, der katholischen zumal, dass sie als weltumspannende Organisationen einen womöglich weiteren Blick auf Phänomene wie Mi­gration haben als Politiker, die in erster Linie verpflichtet sind, das Wohl des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden.

Allerdings zeigt das Agieren der beiden großen Kirchen in Deutschland auf dem Feld der Migrationspolitik auch, wie man moralischen Kredit aufs Spiel setzen kann.  (…)

Politiker, die von der hohen moralischen Warte aus an einem längst dysfunktionalen und im Ergebnis inhumanen Migrationsregime festhielten, konnten sich immer auf den Zuspruch von Bischöfen und Prälaten berufen. Dass die Kirchen auf diesem Weg ihren Teil zum Aufstieg der AfD beigetragen haben, wollen sie bis heute nicht wahrhaben.

Stattdessen diffamieren sie in völliger Verkennung der innenpolitischen Lage die Union und machen sich zum Sprachrohr von Grünen und SPD. Nicht nur deren Realitätsverlust spricht mittlerweile Bände – der der Kirchenfunktionäre noch mehr.

https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/kommentar-zur-migrationspolitik-auch-die-kirchen-sind-steigbuegelhalter-der-afd-110262630.html


Süddeutsche Zeitung, 30. Januar, nur für Abonnenten     

Merz begeht einen Tabubruch – für wenig Ertrag

Mit seinen Vorschlägen für ein schärferes Asylrecht will der Kanzlerkandidat der Union die Botschaft senden: Endlich greift mal einer durch. Die Sicherheitslage kann er damit aber vorerst nicht verbessern – und setzt sich stattdessen dem Vorwurf aus, mit Rechtsextremisten zu paktieren.

Extraits:

 (…) Von 2023 auf 2024 ist die Zahl der Asylgesuche um knapp ein Drittel zurückgegangen, mehr Menschen wurden abgeschoben, die EU hat ihr Asylsystem reformiert. Scholz betrachtet das als seine Erfolge.

Aber viele Deutsche scheinen es anders zu sehen. Die Migration beschäftigt sie so sehr wie die kriselnde Wirtschaft: Der Eindruck, in Zeiten der Ampel habe der Staat zu unentschlossen agiert, speist sich aus persönlichem Erleben, aus Berichten überforderter Kommunen, dem Gezänk der einstigen Ampelkoalition und aus der oft schrillen Asyldebatte, die durch soziale Medien und die Propaganda von Rechtspopulisten noch giftiger geworden ist. Folgen dann noch Bluttaten wie jene in Solingen, Magdeburg oder Aschaffenburg, mit blinder Gewalt durch Asylsuchende sowie vorherigem Behördenversagen, verfestigt sich der Eindruck eines überforderten Staates, der sein Sicherheitsversprechen nicht einhalten kann.

Gut drei Wochen vor der Wahl will Friedrich Merz diesem Gefühl des Kontrollverlusts etwas entgegensetzen. (…)

Was kann Merz im besten Fall erreichen? Einer seiner Anträge, der am Mittwoch im Bundestag eine Mehrheit gefunden hat, ist ein rechtlich unverbindlicher Appell. Der Gesetzentwurf, um den es am Freitag geht, dürfte im Bundesrat scheitern. Auch im besten Falle erhielte Merz also ein rechtliches Nichts. Gewiss: Symbolik kann wichtig sein, besonders für Merz, der sich von der – aus seiner Sicht zu großzügigen – Asylpolitik Angela Merkels absetzen will. Und gerade im Umgang mit der skrupellosen AfD müssen die Parteien der demokratischen Mitte auch mal ins Risiko gehen. In diesem Fall allerdings droht sich die Symbolik in der Symbolik zu erschöpfen. (…)

Für diesen mageren Ertrag hat Merz zwar keine Zusammenarbeit, wohl aber ein Zusammenwirken mit der AfD in Kauf genommen. Zwar hat sich der CDU-Chef in seinen Bundestagsanträgen von der AfD distanziert und die Partei auch nicht vorab eingebunden. Aber diese technischen Feinheiten verblassen bereits hinter dem, was von dieser Woche im Bundestag bleiben wird: ein von Union und AfD gemeinsam beschlossener Antrag – ausgerechnet nach einer Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus. (…)

Merz hat grundsätzlich recht damit, dass man bei seinen Überzeugungen bleiben sollte, auch wenn die Falschen mitmachen. (…)

Auch über die rechtlichen Zweifel und die Folgen für die EU hat sich die Union leichtfertig hinweggesetzt. Pauschale Zurückweisungen an den Grenzen, wie die Union sie wünscht und wie sie nun vom Bundestag empfohlen werden, verstoßen gegen das Grundrecht auf Asyl und gegen Europarecht. Für dauerhafte Zurückweisungen an den deutschen Grenzen müsste Merz einen Notstand erklären, den die europäische Justiz mutmaßlich verwerfen würde (…)

 Während Merz also vorerst nicht mehr Sicherheit für die Deutschen schafft, könnte ihn sein Vorstoß auch nach der Wahl noch einholen. Zum einen beschädigt der bittere Brandmauer-Streit schon jetzt das Verhältnis der Union zur SPD, also zu ihrem mutmaßlichen Koalitionspartner in der nächsten Regierung. Auch längerfristig könnte Merz’ Glaubwürdigkeit leiden, weil er mit seinen sehr entschlossenen Aussagen eine Erwartung weckt, die er leicht enttäuschen könnte. Auf enttäuschte Hoffnungen dieser Art setzen die Rechtspopulisten: Die AfD malt sich jetzt schon aus, dass sie 2029 an der Reihe sein könnte.

https://www.sueddeutsche.de/meinung/merz-cdu-asyl-brandmauer-li.3191121


Neue Zürcher Zeitung, 29. Januar, nur für Abonnenten     

Krawall an der Brandmauer: Die Kritiker von Friedrich Merz überziehen gewaltig

Der CDU-Chef will eine härtere Migrationspolitik durchsetzen – notfalls mit den Stimmen der AfD. Das linke Lager kocht. Dort setzt man auf eine gescheiterte Strategie, die sich auf Ausgrenzung und Aussitzen beschränkt.

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xtraits:

(…) Was wird Merz nicht alles vorgeworfen: Erpressung und der Verrat christlichdemokratischer Werte; die Spaltung der verfassungstreuen Mitte, Verantwortungslosigkeit, geplanter Rechtsbruch, Brüskierung der europäischen Nachbarn. Merz versetze Millionen von Mitbürgern mit Migrationshintergrund in Angst, sagte die grüne Familienministerin Lisa Paus.

Der sozialdemokratische Gesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb in einem – inzwischen gelöschten – Beitrag auf der Plattform X: «Heute, am Tag 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, führen wir die Vogelschiss-Debatte und Friedrich Merz hofiert AfD. Als erster Demokrat sagt er im Prinzip: wo es mir hilft, lasse ich mich auch von Nazis unterstützen. Moralisch bankrott.»

Ein Redaktor der «Süddeutschen Zeitung» schrieb, ebenfalls auf X: «In diesem Sinne: Sieg Heil, liebe CDU.» Die Zeitung hat sich mittlerweile von dem Beitrag und der Wortwahl ihres Redaktors distanziert. (…)

Nun kann man die Politik der AfD aus guten Gründen scharf kritisieren. Man darf vielen ihrer Mitglieder und Mandatsträger autoritäre Schwärmereien, unterkomplexe politische Vorstellungen und antipluralistische Tendenzen unterstellen. Manche von ihnen sind wahrscheinlich gefährlich.

Doch man muss auch zur Kenntnis nehmen: Obwohl all dies so sein mag, erfährt die Partei immer grössere Zustimmung. In bundesweiten Umfragen liegt sie gegenwärtig auf Platz zwei hinter der Union, bei mehr als 20 Prozent.

Mit anderen Worten: Alle «Brandmauern», die ganze moralische Entrüstung im öffentlichrechtlichen Fernsehen, die Nazi-Vorwürfe und Verdammungen, die Anti-rechts-Demonstrationen und Warnungen verhindern nicht, dass die politische Rechte in Deutschland stärker und stärker wird.

Es ist faszinierend, mit anzusehen, wie komplett unfähig SPD, Grüne und Teile der FDP zu sein scheinen, das Scheitern ihrer Ausgrenzungsstrategie zu begreifen. Nicht nur hat sie nicht funktioniert – sie ist anscheinend geradezu ein Konjunkturprogramm für die Rechten. Aus den parteipolitischen Fehlern der amerikanischen Demokraten haben die Linken in Deutschland nichts gelernt.

Eine grosse Mehrheit lehnt die AfD zwar ab – aber eine fast ebenso grosse Mehrheit erwartet, dass das Problem der illegalen Zuwanderung gelöst wird. Nach immer neuen Bluttaten gewalttätiger Migranten und angesichts der allfälligen Beobachtung, dass das Bildungswesen und die Sozialsysteme mit der Integration zu vieler Menschen überfordert sind, müsste die Regierung ernsthaft und wirksam reagieren.

Die Beschwörung von «Zusammenhalt» (inwiefern hätte der in Magdeburg oder Aschaffenburg geholfen?) und Weltoffenheitskitsch überzeugen die Mehrheit längst nicht mehr. Die routinierten Betroffenheitsbekundungen wirken schal. Es fällt immer schwerer, zu glauben, dass Rot und Grün am derzeitigen Zustand wirklich etwas ändern wollen.

Das hat Friedrich Merz erkannt, und ebenso scheint er verstanden zu haben, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung keine allzu grosse Rolle mehr spielt, ob die falschen Leute einer als richtig empfundenen Initiative zustimmen. (…)

https://www.nzz.ch/der-andere-blick/krawall-an-der-brandmauer-die-kritiker-von-friedrich-merz-ueberziehen-gewaltig-ld.1868206


The Wall Street Journal, January 29, pay wall

The Trump Effect May Solve Germany’s Migrant Crisis

Friedrich Merz, likely the next chancellor, shocks the country by promising to control its borders.

Article intégral : https://kinzler.org/wp-content/uploads/2025/01/29-janvier-3.pdf

Link : https://www.wsj.com/opinion/the-trump-effect-may-solve-germanys-migrant-crisis-europe-merz-b2cda5fc?mod=hp_opin_pos_4#cxrecs_s


Le Point, 28 janvier, article payant    

L’Allemagne entre Elon Musk et Friedrich Merz

ÉDITO. L’ex-locomotive de l’Europe est condamnée à réinventer son modèle. Les élections législatives du 23 février lui en offrent l’occasion.

Extraits:

Les élections législatives anticipées du 23 février en Allemagne sont le premier grand rendez-vous politique en Europe depuis l’investiture de Donald Trump. Elon Musk le sait, qui fait campagne pour le parti d’extrême droite AfD. Il le juge seul capable de réformer de fond en comble l’ex-locomotive de l’Europe, en récession depuis deux ans. Un pays dont l’économie croule sous le poids des réglementations, qui n’a pas su gérer la crise migratoire et qui a multiplié les erreurs stratégiques depuis deux décennies, en renonçant au nucléaire et en misant à fond sur le gaz russe et l’ouverture du marché chinois.

Par son aveuglement, la classe dirigeante allemande porte la responsabilité collective de cet affaissement, à commencer par la chrétienne-démocrate Angela Merkel et son successeur (qui fut aussi son ministre des Finances), le social-démocrate Olaf Scholz. L’Allemagne d’aujourd’hui est orthogonale à l’Amérique de Trump. Elle dépense peu pour sa défense, tout en comptant sur la protection américaine. Elle accumule les excédents commerciaux. Elle a ouvert grand ses portes à l’immigration sauvage. Elle développe les énergies renouvelables à marche forcée. Résultat : elle est un concentré de tout ce que le président américain déteste en Europe. On peut comprendre que l’équipe Trump ait un préjugé favorable pour un parti qui entend démolir le consensus allemand.

L’AfD, pourtant, n’est le bon choix ni pour l’Allemagne ni pour l’Europe. Contrairement au Rassemblement national en France, qui cherche à se dédiaboliser, le mouvement créé par des économistes en 2013, dans la foulée de la crise grecque, autour d’une plateforme nationale-libérale, n’a cessé de se radicaliser au fil des ans. Il se présente désormais comme un parti pro-russe, pro-chinois et anti-Otan, qui banalise la Shoah et qui juge « nécessaire » une sortie de l’Allemagne de l’Union européenne. (…)

L’ingérence de Musk dans la campagne électorale a provoqué une levée de boucliers en Allemagne. Là où l’entrepreneur a raison, cependant, c’est que l’élite politique allemande a sous-estimé la difficulté d’intégrer des centaines de milliers de migrants venus ces dernières années du Proche-Orient. Les drames qui ont endeuillé la campagne sont venus fournir de nouveaux arguments à l’AfD. (…)

La bonne nouvelle est que le nouveau chef de la CDU, Friedrich Merz, qui a pris en matière d’immigration le contre-pied d’Angela Merkel et d’Olaf Scholz, a toutes les chances de devenir le prochain chancelier. Les sondages créditent son parti d’environ 30 % des intentions de vote, contre 20 % à l’AfD, 17 % au SPD et 13 % aux Verts. Avant même le scrutin, Merz entend proposer au Parlement de durcir la politique migratoire, et il n’a pas exclu de faire passer ses amendements grâce aux voix de l’AfD. Un tel contournement du « cordon sanitaire » qui isole traditionnellement le parti d’extrême droite en le plaçant dans la position du paria politique a suscité l’indignation de la gauche et même d’une partie de la CDU encore fidèle aux thèses merkelliennes. Il faut espérer que Merz tiendra bon car, dans le cas contraire, il entamerait son mandat sous de bien mauvais auspices, avec une crédibilité écornée. Son « Agenda 2030 » prévoit par ailleurs une diminution des taxes sur les entreprises et sur le revenu des ménages, pour relancer l’économie, et un soutien plus ferme à l’Ukraine contre la Russie.

Les élections législatives du 23 février engagent le destin de l’Allemagne et, au-delà, de l’Europe. Alors que la montée des tensions internationales menace son modèle économique fondé sur les exportations, la première puissance européenne est condamnée à se réinventer. « Seule l’AfD peut sauver l’Allemagne », a proclamé Elon Musk sur son réseau social X. À Friedrich Merz de lui donner tort. Car si le patron de la CDU échoue, les élections suivantes risqueraient fort de porter l’extrême droite au pouvoir à Berlin.

https://www.lepoint.fr/editos-du-point/l-allemagne-entre-elon-musk-et-friedrich-merz-28-01-2025-2580926_32.php


Neue Zürcher Zeitung, 27. Januar, nur für Abonnenten     

Der deutsche Oppositionsführer Friedrich Merz führt einen Schlag gegen die Brandmauer zur AfD

Nach Aschaffenburg wollen CDU und CSU im Deutschen Bundestag eine harte Migrationspolitik durchsetzen. Dafür nehmen sie nun auch die Zustimmung der Alternative für Deutschland in Kauf. Der Aufschrei aus dem linken politischen Lager wird gewaltig sein.

Extraits:

Der christlichdemokratische Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat sich zu einem Befreiungsschlag entschieden. Die Bluttat von Aschaffenburg, begangen von einem afghanischen Asylbewerber, der bereits mehrfach aufgefallen war und sich gar nicht mehr in Deutschland hätte aufhalten dürfen, brachte den CDU-Chef dazu, unmissverständliche Worte zu finden: Es könne bei der Unterbindung der illegalen Einwanderung keine Kompromisse mehr geben, sagte er am Donnerstag, und es sei ihm gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgehe.

Unverzüglich liess er seinen Worten Taten folgen: In einer Nachtsitzung des Parteipräsidiums fiel offenbar der Beschluss, in der kommenden Woche Anträge in den Deutschen Bundestag einzubringen, um illegale Einwanderung zu stoppen. Noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar will die Union im Parlament die Voraussetzungen für Einreiseverbote, für die Neueinrichtung von Abschiebehaftanstalten und für tägliche Abschiebungen schaffen. Die Kompetenzen der Bundespolizei sollen erweitert werden.

Dramatisch neu an dieser Ankündigung ist, dass CDU und CSU für ihre Offensive zwar um die Stimmen der demokratischen Mitte werben wollen, dass Merz es aber mit seinem «Egal» offenbar ernst meint: Er will auch eine Zufallsmehrheit in Kauf nehmen. Das bedeutet: Er geht bewusst das Risiko ein, dass der Erfolg seines Vorhabens auch von Stimmen der Rechtspartei Alternative für Deutschland abhängt. Und das wiederum heisst: Die Brandmauer zur AfD ist in ihren Grundfesten erschüttert.

Diese Nachricht ist ein Erdbeben. Und dieses Beben hat (mindestens) sieben weitreichende Konsequenzen. Erstens: Hinter diese Ankündigung kann Friedrich Merz nicht mehr zurück, wenn er nicht jede Glaubwürdigkeit verlieren und seine Kandidatur gleich aufgeben will.

Zweitens: Für die CDU bietet dieser Schritt viele Chancen, aber auch gewaltige Risiken. Ungefähr die Hälfte der Partei ist nach wie vor auf einem einwanderungsfreundlichen Merkel-Kurs. Wichtige Ministerpräsidenten der CDU koalieren in ihren Bundesländern mit den Grünen und werden die harte Wende bei der Asylpolitik sehr schwierig finden. Merz muss sich jetzt durchsetzen, aber die Gefahr einer Spaltung der CDU ist real.

Drittens: In Deutschland wird es einen Aufschrei der moralischen Entrüstung von SPD, Grünen, Teilen der Medien und steuerfinanzierten NGO geben. Dieser Aufschrei wird selbstverständlich auch CDU-Mitglieder verunsichern. Friedrich Merz darf sich aber auch unter diesem Ansturm kein Schwanken erlauben, sonst: siehe erstens. (…)

Fünftens: Die AfD kann sich nicht mehr komfortabel von aussen an die Brandmauer lehnen und in der Pose des dauerbeleidigten Märtyrers Stimmen einsammeln, ohne dafür zu arbeiten. Sie kann sich auch keinerlei Kaspereien mit Änderungsanträgen und Ausschussüberweisungen leisten. Sie muss Merz zum Erfolg verhelfen, weil er das tut, was sie in der Sache seit Jahren als Kernanliegen formuliert. (…)

Sechstens: Sozialdemokraten und Grüne, die nach dem spektakulären Scheitern der bisherigen Regierung mit der FDP ohnehin einen schweren Stand haben, geraten in eine unkomfortable Lage: Wollen sie wirklich gegen mehr Sicherheit in Deutschland stimmen, nur weil es nicht ihre eigenen Anträge sind und sie sich bei Merz’ Hauruck-Aktion in schlechter Gesellschaft wähnen? Ihre Gegner könnten zuspitzen: Ist Rot-Grün die politisch «richtige» Zustimmung wirklich wichtiger als das Leben von Kita-Kindern und Weihnachtsmarktbesuchern?

Siebtens: Dass der CDU-Kanzlerkandidat den Mut aufbringt, die engende Kraft der woken Ketten zu sprengen, markiert eine Zeitenwende in der gesellschaftspolitischen Debatte. Das Pendel, das unvernünftig weit in die «politisch korrekte» und identitätspolitisch radikale Richtung ausgeschlagen hatte, schwingt zurück. Das politische Berlin sortiert sich vier Wochen vor der Bundestagswahl neu.

https://www.nzz.ch/meinung/friedrich-merz-fuehrt-einen-schlag-gegen-die-brandmauer-zur-afd-ld.1867879


Neue Zürcher Zeitung, 23. Januar, nur für Abonnenten     

Entscheidend ist, dass schnell etwas auf dem Hof steht: Deutschland muss bei der Rüstung viel pragmatischer werden

Das deutsch-französische Kampfflugzeug steht womöglich vor dem Aus. Das ist kein Drama. Mit der Amtsübernahme von Donald Trump sind solche langwierigen Rüstungsprojekte endgültig aus der Zeit gefallen.

Extraits:

Es läuft nicht gut zwischen Deutschland und Frankreich. Seit Jahren kommen gemeinsame Initiativen der beiden Staaten kaum noch voran.

Das zeigt sich gerade bei zwei Rüstungsprojekten. Das Kampfflugzeugsystem FCAS (Future Combat Air System) und das Kampfpanzersystem MGCS (Main Ground Combat System), von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Emmanuel Macron im Juli 2017 verkündet, stehen auf der Kippe. Nach wie vor herrschen tiefgreifende Querelen zwischen den beteiligten Unternehmen. In der deutschen Politik wachsen die Zweifel, dass die Projekte wie geplant zu Ende gebracht werden.

Das muss man nicht bedauern. Ein Aus für beide Projekte wäre kein Drama, sondern das richtige Zeichen zur richtigen Zeit. Rüstung muss heute, zu Kriegszeiten auf dem europäischen Kontinent, anders laufen als vor sieben Jahren. Schnelle, effiziente Lösungen sind gefragt.

Deutschland kann es sich nicht mehr leisten, ein Waffensystem jahrzehntelang für einen dreistelligen Milliardenbetrag zu entwickeln, wie es bei FCAS der Fall wäre. Das Geld wird für Ausgaben benötigt, die dringender und naheliegender sind, zum Beispiel für Luftverteidigung, Artillerie und Munition.

FCAS und MGCS sind politische Projekte, um Deutschland und Frankreich zusammenzuschweissen. Die Idee ist gut, doch bei aller Freundschaft muss jetzt etwas her. Entscheidend ist nicht, was in Konstruktionsbüros entworfen wird, sondern dass schnell etwas auf dem Hof steht.

(…) Wladimir Putin bedroht das Demokratiemodell des Westens, und Donald Trump will, dass die Europäer mehr für ihre Sicherheit tun. Er forderte im Wahlkampf mehrfach, dass die Nato-Mitglieder fünf Prozent ihres Bruttoinlandproduktes für Verteidigung ausgeben.

Das könnten für Deutschland Aufwendungen in Höhe von mehr als 200 Milliarden Euro pro Jahr sein. Selbst wenn es am Ende weniger ist, wäre das eine enorme Herausforderung. Doch noch immer scheint das Land nicht den Ernst der Lage erkannt zu haben. (…)

Die Kampfdivision, die Deutschland vor einigen Jahren der Nato für dieses Jahr zugesagt hat, ist weder voll aufgestellt noch einsatzfähig. Es fehlt unter anderem an Flugabwehr, Munition und modernen Funkgeräten.

Mit Trump kommt nun noch einmal eine neue Dringlichkeit hinzu. Viele sorgen sich wegen der Folgen seiner Amtsübernahme für Europa. Doch sie könnte auch eine Chance sein. Und zwar für schnellere Veränderungen in der deutschen und auch in der europäischen Verteidigungspolitik.

Deutschland könnte etwa die Produktion des ohnehin modernen Kampfpanzers Leopard 2A8 so massiv erhöhen, dass die Stückkosten sinken und auch kleinere Länder in die Beschaffung einsteigen. Die Entwicklung von Drohnen und unbemannten Fahrzeugen zur Begleitung des Panzers, wie es beim Main Ground Combat System vorgesehen ist, könnte parallel dazu erfolgen. Der Krieg in der Ukraine liefert genug Anschauungsmaterial dafür, wie das unkompliziert geht.

Auch für das Kampfflugzeug der Zukunft bietet sich eine kostengünstigere Lösung. Grossbritannien, Italien und Japan entwickeln ein ähnliches System wie Deutschland und Frankreich.

Das wäre aus deutscher Sicht sinnvoll. Je mehr Staaten sich die Kosten teilen, desto geringer ist die Belastung des einzelnen. (…) Doch es darf nicht mehr um industrielle und nationale Rivalitäten gehen, auch nicht um militärische Sonderwünsche. Schliesslich müssen Deutschland und Europa schnellstmöglich verteidigungsfähig werden.

https://www.nzz.ch/der-andere-blick/trumps-amtsuebernahme-deutschland-muss-bei-der-ruestung-viel-pragmatischer-werden-ld.1867396


The Guardian, January 21, free accès  

Austria’s ‘firewall’ against the far right collapsed. Could the unthinkable happen in Germany too?

Events in Vienna are forcing Germany’s bickering mainstream parties to rally together. But the AfD could yet outflank the centre

John Kampfner is the author of In Search of Berlin, Blair’s Wars and Why the Germans Do It Better

Extraits:

Could Germany go the way of Austria? Could the party of the far right be invited to form a government? What was previously deemed impossible, then revised down to improbable, is now possible. There are two scenarios in which this could happen.

Fast forward to Germany’s general election day on 23 February and the following assumptions: Germany’s Christian Democrats (CDU) win, reasonably comfortably, at around their present poll rating of 30%. The far-right Alternative für Deutschland (AfD) comes second, with an impressive vote share of between 20% and 25%. Nevertheless, it is excluded from coalition negotiations thanks to the “firewall” established several years ago by the mainstream parties to keep extreme groupings at bay.

The CDU leader and probably next chancellor, Friedrich Merz, will be required to open talks with either the Social Democrats (SPD) or the Greens. Both parties of the centre left, however, are predicted to suffer a drubbing, seeing their vote share cut to the mid-teens.

Coalition negotiations in Germany have traditionally been carried out in an atmosphere of gravity, but also civility. Coalitions are one of the cornerstones of the postwar federal republic. They are built into the system at every level, requiring consensus-building, compromise and goodwill.

That is now largely absent. The deliberative politeness of German politics – which some outsiders have in the past wrongly dismissed as dullness – has been swept away by the onrush of populismand the near-panic that the rise of the far righthas engendered. The outgoing coalition, known as the “traffic light” because of the colours of the three parties involved, disintegrated in acrimony. (…)

The pressure is intense, therefore, on Germany’s parties to prevent such a calamity, and the impression I have from speaking to strategists in the mainstream parties is that they are sufficiently alarmed and galvanised by developments in Austria to rally together.

Which is where the longer term scenario comes in. It is eminently possible that the electoral arithmetic will require Merz to bring both the SPD and Greens into government. Let’s assume that the talks go smoothly, ministries are divided up without acrimony and a coalition treaty is agreed. All’s well that ends well, except …

Assuming Lindner’s ailing FDP fails to meet the 5% minimum to get into the Bundestag (a threshold originally designed to keep out the extremists), the following would happen: all the mainstream parties would be in government, while the excluded populist parties – the AfD and probably the smaller far-left-meets-far-right Sahra Wagenknecht Alliance (BSW) – would make up the entire opposition.

Given how quickly pendulums swing against governing parties in present-day politics, it is not far-fetched to conclude that the AfD could be in pole position in four to five years’ time when the next general election is called.

As the past six months in the UK have shown, it does not take long for a government, even one with an enormous majority, to fall out of favour. Whether public dissatisfaction with Keir Starmer’s Labour administration is real or concocted, whether it is recoverable or not, a clear path has emerged for Reform UK to grab power at the next election. The same applies across Europe. One electoral term now provides ample opportunity for opposition parties to see their popularity surge and for governing parties to collapse as they grapple with deep-seated problems that require more than one term to fix.

Back to Austria: in the 2019 general election, the FPÖ, a party founded by former Nazis in the 1950s, was in a similar position as the AfD is now, trailing the centre right by a significant margin. At the most recent election in September, the FPÖ won an unprecedented victory.

Reinforcing this increasing uncertainty is the nagging suspicion that maybe the opinion polls – which have a strong record of accuracy in Germany – may be understating the AfD’s position. They have gained a couple of percentage points since late November when Scholz collapsed his own government and called for early elections, but it seems surprising, given the outrage caused by the terrorist attack on a Christmas market in Magdeburg, that their share has not risen further. Or that this has not been reflected by pollsters.

The AfD has become, in any case, part of the political furniture. Not only does the AfD’s candidate for chancellor, Alice Weidel, appear on chatshows hosted by Elon Musk, one recent report showed that at local level, the party is integrated into much of civic life – particularly in the former German Democratic Republic.

The populists will not go away. The post-election challenge for Merz and the rest is to form a government that functions cohesively and tackles Germany’s economic and social challenges at speed. If they fail, what until recently was deemed unconscionable will come horrifyingly into view.

https://www.theguardian.com/commentisfree/2025/jan/21/austrias-firewall-against-the-far-right-collapsed-could-the-unthinkable-happen-in-germany-too


Le Figaro, 20 janvier, article payant

Quand Elon Musk fait turbuler l’Allemagne (et l’Europe)

CHRONIQUE – En soutenant l’AfD, parti jugé populiste par ses adversaires, le milliardaire américain fait trembler Olaf Scholz et ses alliés.

Extraits:

En répondant (en anglais) au journaliste de Bloomberg qui l’interroge pour sa chaîne de télévision, Alice Weidel, la coprésidente du parti AfD (Alternative pour l’Allemagne), commence par rectifier sa présentation : elle n’est pas d’extrême droite, elle est « conservatrice libertarienne ». L’extrême droite, on comprend tout de suite, mais la notion de « conservatrice libertarienne », c’est moins évident. Alors, elle s’explique. Si elle n’avait que trois options à promouvoir pour définir son programme en vue des prochaines élections, elle dirait : les frontières, les impôts, la politique nucléaire.

Ce qui signifie : la défense des frontières contre une immigration sauvage – et massive – qu’Angela Merkel n’a pas su maîtriser (ni le chancelier Scholz après elle) ; à quoi elle ajoute que la criminalité n’est plus sous contrôle en Allemagne. Si elle revient sur la baisse des impôts, c’est parce que sur un revenu annuel de 50 000 euros, on en paie la moitié en fiscalité. Et si elle insiste sur l’énergie nucléaire, c’est parce que là encore, celle-ci a été sacrifiée par Mme Merkel après la catastrophe de Fukushima et qu’on ne peut pas la remplacer par le solaire et les éoliennes, ce qui rend l’électricité allemande la plus chère du continent. « Ce n’est pas sérieux », dit-elle.

On saura le soir du 23 février si les arguments d’Alice Weidel et de son parti sont retenus par les Allemands aux législatives provoquées par la rupture de la coalition des libéraux, sociaux-démocrates et écologistes, devenue officielle le 16 décembre au Bundestag. La nouveauté, c’est l’intervention en faveur de l’AfD d’un acteur inattendu : Elon Musk. (…)

Le 9 janvier, il choisit dans un échange télévisé avec Alice Weidel de soutenir son parti pour les élections allemandes, d’autant qu’une de ses usines d’automobiles est située dans le Brandebourg où l’AfD est arrivée 2e aux régionales… « Les électeurs doivent choisir l’AfD, dit Musk, ou bien cela ira de plus en plus mal. » 

(…) Qu’en sera-t-il dans un mois ? La Commission de Bruxelles s’est emparée de son cas. Elle ne peut pas discuter sa liberté d’expression, mais elle voudrait bien pouvoir condamner l’intervention d’Elon Musk…

https://www.lefigaro.fr/international/quand-elon-musk-fait-turbuler-l-allemagne-et-l-europe-20250119


The Economist, 17 janvier, article payant      

Rightwards and upwards : How the AfD got its swagger back

Germany’s hard-right party is gaining support even as it radicalizes

Extraits :

IT IS A bitingly cold evening in Bautzen, a handsome town nestled in the hills of the Oberlausitz, deep in the east German state of Saxony. But spirits are high at the election stand of the hard-right Alternative for Germany (afd). “Our land first, because we love Germany!” proclaim banners in the party’s trademark bright blue. “The mood inside the party is really good,” beams Frank Peschel, who sits in Saxony’s parliament. The afd took 39% of the vote here at last year’s European election, and your correspondent struggles to find any local not planning to vote for it at the national election on February 23rd. “The left calls us Nazis, but we just want a normal life,” says Simon, a 20-year-old. He will deliver his first vote to the party next month.

There is a swagger to the afd these days. Having fallen back in early 2024, the party has engineered a well-timed recovery. Its current polling, at around 20% and climbing, could double its representation in the Bundestag. Party spirits have been lifted by events in Austria, where an afd-like party is set for power after a centrist attempt to block it fell apart. Elon Musk, a plutocrat close to Donald Trump, recently conducted a rambling interview with Alice Weidel, the afd’s co-chair. Party insiders cringed, but say his endorsement will spark the interest of younger voters and German business, many parts of which remain deeply afd-sceptical. Once-bitter divisions inside the party have been muted in the service of election discipline—largely in favour of its more radical wing.

This points to a puzzle. Comparable hard-right outfits in Europe, like the National Rally in France or Giorgia Meloni’s Brothers of Italy, have moderated to broaden their appeal. But the afd has grown even as it radicalises. (…) The party says it simply wants adherence to the law. But the dog-whistle is audible. “Yes, our rhetoric has sharpened,” says Mr Chrupalla. “But we just reflect political reality. People are fed up.”

The afd’s electorate has grown more heterogeneous as its support has risen. In parts of the east it commands well over a third of the vote, yet it has far more voters in the (larger) west. The archetypal afd voter is a middle-aged blue-collar worker in a small town, but the party is making inroads among youngsters. Its voters are not notably poor members of the “left behind”. But they tend to see themselves as badly off. The afd’s big weakness is with female voters, and candidates: just one in nine in next month’s election is a woman.

(…) the afd does remain locked out of power. Elsewhere in Europe, centre-right parties’ firewalls against the hard right have tumbled. But Friedrich Merz, head of the cdu and Germany’s probable next chancellor, says to work with the afd would be to “sell the cdu’s soul”. In eastern states the cdu has formed ideologically outlandish coalitions to keep it out. Many Germans turned off by the party’s fascist aura vote tactically for its opponents. The anti-afd firewall may even have advanced the party’s radicalisation by removing an incentive to moderate.

Few afd insiders think its polling can get much higher this time around. Yet no one in the party thinks it can be blocked from power for ever. “If you make firewalls, you’ll get burned behind them,” says Mr Chrupalla about the cdu. And although Mr Merz has tacked right, he will probably have to govern with a leftist party in coalition. That, says Krzysztof Walczak, from the afd’s Hamburg branch, means he will be unable to deliver his promised (and afd-adjacent) policies, such as rejecting asylum-seekers at Germany’s borders. The party is campaigning hard on this message. (…)

Mr Merz knows the risks of even hinting at an opening to the afd. But his aides fear that if they fail to get on top of Germany’s problems, notably illegal immigration and economic stagnation, the afd could win the next election in 2029. That would not necessarily open the door to power. But it would be a grim milestone.■

https://www.economist.com/europe/2025/01/16/how-the-afd-got-its-swagger-back


Neue Zürcher Zeitung, 17 janvier, article payant     

Musk behandelt die Deutschen so, wie sie mit dem Rest der Welt umgehen

Der Milliardär gibt ungebetene Ratschläge und beleidigt ausländische Politiker. Das ist sonst ein deutsches Privileg.

Extraits :

Der Bundespräsident ist ein «undemokratischer Tyrann», der Kanzler ein «Narr», und die AfD ist der «letzte Funke Hoffnung für Deutschland». Seit Elon Musk seine Weisheiten zum Besten gibt, ist der Teufel los.

Soll man Musks Plattform X stärker regulieren oder gleich die Meinungsfreiheit einschränken? Politiker der SPD und der Grünen überbieten sich mit Drohungen.

Beim Betrachten des Flohzirkus lässt sich klammheimliche Freude nicht verhehlen. Ein amerikanischer Milliardär macht mit den Deutschen, was die Deutschen sonst mit dem Rest der Welt machen.

Er gibt unerbetene Ratschläge, sitzt auf dem hohen Ross und weiss alles besser. Man muss es wohl ausgleichende Gerechtigkeit nennen.

Als in Italien vor einiger Zeit eine selbsternannte deutsche «Seenotretterin» verhaftet wurde, liess Frank-Walter Steinmeier die italienische Regierung strammstehen: «Wir dürfen von einem Land wie Italien erwarten, dass es mit einem solchen Fall anders umgeht.» Es klang nach preussischem Kasernenhofton.

Danach griff Steinmeier zum Vorschlaghammer und sagte: «Wer Menschenleben rettet, kann kein Verbrecher sein.» Der Bundespräsident erklärt einem souveränen Staat, wie dessen Rechtsordnung zu funktionieren habe.

Die Wortmeldung war nichts anderes als die Einmischung in die inneren Angelegenheiten einer befreundeten Demokratie – also genau das, was seit Musks Intervention den linken Teil der deutschen Öffentlichkeit in Schnappatmung versetzt.

Bei Steinmeier handelte es sich jedoch nicht um einen Privatmann, der Musk immer noch ist, sondern um ein Staatsoberhaupt. Er sprach mit dem ganzen Gewicht der europäischen Führungsmacht. Als er Trump einen «Hassprediger» nannte, war er Aussenminister. Auch damals sprach er für Deutschland: ein Land, das es offenbar liebt, andere Staaten zu schulmeistern und deren Politiker herabzusetzen.

Sich gegenüber dem Ausland als Gutmenschen zu gerieren, ist eine Marotte deutscher Politiker. In Afghanistan baute die Bundeswehr anfangs lieber Brunnen, als zu kämpfen. Deutschland erklärte seinen Pseudopazifismus für überlegen gegenüber den Kampfeinsätzen der Amerikaner – von denen sich die Bundeswehr aber gerne beschützen liess.

Als Berlin ohne breite Konsultation einer Million Menschen die unkontrollierte Einreise gestattete, erklärte Angela Merkel die «Willkommenskultur» zu der für alle Europäer gültigen Moral und verlangte von den Partnern, Deutschland gefälligst Flüchtlinge abzunehmen. (…)

Die Moral von der Geschicht: Wer auf ein Podest klettert und seine Überlegenheit ostentativ zur Schau stellt, landet hart auf dem Boden der Tatsachen. Das wird auch Musk erfahren, sollte er eines Tages nicht nur grosse Sprüche, sondern Politik machen. (…)

Bis jetzt redet er nur dahin, beleidigt ausländische Partner und erreicht nichts. Wenn Musk so weitermacht, steht ihm noch eine grosse Karriere als Aussenpolitiker in Deutschland bevor.

Der Milliardär kann sich Baerbock zum Vorbild nehmen, die im Namen einer «wertegeleiteten Aussenpolitik» Israeli, Chinesen und jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, Ratschläge erteilt. Gebracht hat es wenig, weder im Nahen Osten noch in Asien.

Wer klug ist, macht das Gegenteil von Musk, Baerbock und Steinmeier. Er wägt seine Worte, hält sich mit Belehrungen zurück und dosiert seine Kritik, weil er weiss, dass sie dann am wirksamsten ist. Realpolitik nennt sich das; ein Synonym lautet Diplomatie.

Diese scheint aber aus der Mode gekommen zu sein. In Trumps Amerika sowieso, aber auch in Deutschland. (…)

https://www.nzz.ch/der-andere-blick/musk-behandelt-die-deutschen-so-wie-sie-mit-dem-rest-der-welt-umgehen-ld.1866546


Neue Zürcher Zeitung, 17 janvier, article payant     

«Hitler war Sozialist», sagt Alice Weidel. Das ist falsch. Aber nicht ganz

Hitler sei links gewesen, der Nationalsozialismus kommunistisch: Das sagte die AfD-Kanzlerkandidatin im Talk mit Elon Musk. Alice Weidel ist nicht die Erste, die die These vertritt, Nationalsozialismus und Sozialismus hätten mehr gemeinsam als den Namen.

Extraits :

Kann man rechts und links verwechseln? Vergangene Woche sagte Alice Weidel, Hitler sei Kommunist gewesen. Im Talk mit Elon Musk sprach die AfD-Kanzlerkandidatin auch über den Nationalsozialismus. Und erklärte, dieser sei «alles andere als rechts». Der grösste Erfolg «nach dieser schrecklichen Ära» sei es gewesen, Hitler als rechts und konservativ zu bezeichnen. Aber Hitler sei das Gegenteil gewesen: «Er war nicht konservativ. Er war ein sozialistisch-kommunistischer Typ.»

In den sozialen Netzwerken erntete Weidel Kritik, aber auch viel Beifall. Auf Nachfrage hielt sie an der Behauptung fest. Sie sei Ökonomin, sagte sie in einem Interview auf RTL, und sehe das «aus der Brille der ökonomischen Dogmengeschichte». Für Ökonomen sei völlig klar, dass Hitler «ein Linker» gewesen sei. Ein «antisemitischer Sozialist».

Man müsse sich nur die Methoden ansehen, mit denen Hitler gearbeitet habe, so Weidel. Es seien die gleichen, wie die Linke sie heute anwende (…)

Die Medien von ARD und ZDF bis «Spiegel» und «Welt» brachten Historiker in Stellung und überboten sich gegenseitig in Faktenchecks. Ihr Fazit war klar. Die Behauptungen seien «grundfalsch», sagte Andreas Wirsching vom Münchner Institut für Zeitgeschichte am Deutschlandfunk. Und in Hinblick auf die Opfer des NS-Regimes seien sie «zynisch, politisch irreführend und infam». «Alles Quatsch», sagte Michael Wolffsohn in der «Bild»-Zeitung. Weidel wolle die AfD von dem Verdacht reinwaschen, nationalsozialistisch zu sein.

Das ist zweifellos richtig. Und so wie Weidel ihre Aussage begründet hat, ist sie erst recht nicht haltbar. Gerade im ökonomischen Sinn war Hitler kein Sozialist. Privateigentum stellte er nicht infrage. Mit Verstaatlichungen hielt er sich zurück. Wo er sie anordnete, tat er es nicht aus ideologischen Gründen, sondern um Deutschland möglichst rasch kriegstauglich zu machen. Mit den grossen Industriellen arrangierte er sich und liess sich zum Teil von ihnen finanzieren.

Vor allem: Die ersten Opfer der Nazi-Gewalt waren Linke. (…) Er wolle den Marxismus «mit Stumpf und Stiel» ausrotten, betonte er.

Ideologisch hat der Nationalsozialismus kaum Gemeinsamkeiten mit dem Kommunismus. Klasse war keine Kategorie in Hitlers gesellschaftlichem Denken. Er orientierte sich an der Vorstellung einer «Volksgemeinschaft», die Klassenunterschiede nicht zum Verschwinden bringen, sondern übersteigen sollte. In einer Gemeinschaft aller, die durch die «Rasse» miteinander verbunden sind.

Im Gespräch mit Musk wies Weidel darauf hin, dass die Nationalsozialisten ihre sozialistische Herkunft ja schon im Namen trügen. Tatsächlich findet sich in Hitlers nie veröffentlichtem zweitem Buch, das im Mai 1945 in einem Luftschutzbunker in München entdeckt wurde, der Satz: «Ich bin Sozialist.» Das schrieb Hitler 1928. Wie er es gemeint hat, ist allerdings unklar. (…) Denn mit allem, was sozialistisch ist, wollte er nichts zu tun haben. (…)

Damit hatte sich der Nationalsozialismus vom Sozialismus getrennt. Doch Alice Weidel ist nicht die Erste, die die These vertritt, die beiden hätten mehr gemeinsam als den Namen. 2003 fragte der Historiker und Publizist Joachim Fest, Verfasser einer brillanten Hitler-Biografie, in einem Zeitungsartikel: «War Adolf Hitler ein Linker?» Und bejahte die Frage. Wenigstens zum Teil. Es gebe gute Gründe, schrieb er, dass er «eher auf die linke Seite» gehöre. Mit dem Totalitarismus Stalins habe er jedenfalls mehr gemein als mit dem Faschismus Mussolinis.

Dass Hitler keine Produktionsmittel verstaatlicht habe, spreche nicht dagegen, sein Programm sozialistisch zu nennen, fand Fest. Tatsächlich habe Hitler einen weit klügeren Einfall gehabt und, wie er selbst sagte, «nicht die Betriebe, sondern die Menschen» sozialisiert. Ein Kapitalist sei er jedenfalls nicht gewesen. Viele der jungen Männer, die im Frühling 1933 in die SA eintraten, waren ehemalige Kommunisten. Den Wechsel zu den Nazis, sagt Fest, hätten sie nicht als Bruch empfunden.

«Im Herzen», so Fest, «blieb man Sozialist, nur dass man von nun an auch noch national sein durfte.» In der Politik hätten die unversöhnlichsten Rivalen oft etwas von feindlichen Zwillingen. Den Traum vom «neuen Menschen» hätten Kommunisten wie Nazis geträumt. Beide hätten nichts so sehr verachtet wie das Bürgertum. Ein klarer Unterschied, so Fest, liege darin, dass sich der Nationalsozialismus schon im Programm unmenschlich ausgenommen habe, während der Sozialismus in «humanitären Maskeraden» aufgetreten sei. (…)

Für Fest war dies eine Warnung, keiner Ideologie zu vertrauen. Weil sie nie hielten, was sie versprächen. Und weil sich hinter ihrer Fassade immer das «nackte Grauen» verberge. Auch der Historiker und Schriftsteller Sebastian Haffner, der Deutschland 1938 verlassen musste und dessen Analysen des braunen Terrors noch heute lesenswert sind, warnte davor, es sich mit Hitler zu einfach zu machen.

In seinem Buch «Anmerkungen zu Hitler» schrieb Haffner: «Hitler ist keineswegs so leicht als extrem rechts im politischen Spektrum einzuordnen, wie es viele Leute heute zu tun gewohnt sind.» Eine Antwort darauf, wo man ihn denn sonst einordnen soll, bleibt Haffner schuldig. Hitler als links zu bezeichnen, ist zweifellos falsch. Aber zu einfach sollte man es sich tatsächlich nicht machen.

Der Nationalsozialismus bewegte sich jenseits herkömmlicher politischer Kategorien. Im Mittelpunkt standen ein glühender Antisemitismus und die Idee eines «grossgermanischen Weltreichs». Dem mussten sich alle anderen Elemente der Nazi-Ideologie unterordnen. Hitler machte Zugeständnisse. Den Eliten bot er das Bewusstsein der Auserwähltheit, um ihnen das «Völkische» schmackhaft zu machen. Den Arbeitern ein bisschen Sozialismus, um sie für den Nationalismus zu gewinnen. Das stimmt. Aber es macht Hitler noch nicht zum Kommunisten.

https://www.nzz.ch/feuilleton/hitler-war-kein-kommunist-warum-alice-weidel-falsch-liegt-aber-nicht-ganz-ld.1866200


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16 janvier, article payant        

Blick ins Wahlprogramm: Die teuren Pläne der AfD

Elon Musk und Alice Weidel spielen Harmonie. Dabei kann das AfD-Programm einem libertären Unternehmer eigentlich nicht gefallen.

Extraits :

 (…) Tatsächlich nehmen im Programmentwurf der AfD anti-etatistische Positionen einen breiten Raum ein. Die Partei will Bürokratie abbauen und Vorschriften abschaffen, das alles radikaler als etwa die FDP oder die Unionsparteien. Und vor allem will sie die Steuern senken: Der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer soll steigen und die Erbschaftsteuer entfallen, steigende Sozialbeiträge will sie über die Steuer wieder ausgleichen und die Belastung in der Gastronomie senken.

Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) würden sich die staatlichen Einnahme-Ausfälle auf 149 Milliarden Euro im Jahr belaufen, das ist sogar etwas mehr als nach den Plänen der FDP – und viel mehr als jene 89 Milliarden Euro aus dem Unionsprogramm, die nach jüngsten Verlautbarungen zur besseren Verträglichkeit über vier Jahre gestreckt werden sollen. Die Schuldenbremse einhalten will die AfD aber trotzdem, wie das gehen soll, bleibt unklar: Selbst ein Wegfall aller Kosten für das Bürgergeld oder die Integration von Migranten könnte diese Summe nicht kompensieren.

Das ist aber noch nicht alles. Denn in der Sozialpolitik plant die Partei gewaltige zusätzliche Ausgaben. Das Thema war vor ein paar Jahren in der Partei noch heiß umstritten, vor allem zwischen west- und ostdeutschen Parteivertretern. Aufgrund dieser Uneinigkeit drückte sich die Partei lange um ein eigenes Rentenkonzept. Auf einem Bundesparteitag im nordrhein-westfälischen Kalkar wurde die Sache vor gut vier Jahren aber entschieden.

Und das Rentenkonzept, das die Partei in ihrem aktuellen Programmentwurf so detailliert ausbuchstabiert wie noch nie, hat es in sich. Hier hat die AfD tatsächlich ein wenig realistisches Alleinstellungsmerkmal, das so gar nicht den staatsfernen Ideen eines Elon Musk entspricht. Unter den Parteien des liberaldemokratischen Spektrums wagen es nicht einmal die Sozialdemokraten, ein höheres Rentenniveau zu versprechen, sie will das bestehende lediglich halten.

Die AfD aber hat große Pläne. „Unser ferneres Ziel ist es, in mehreren Schritten das durchschnittliche Rentenniveau der westeuropäischen Länder zu erreichen, das derzeit bei gut 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens und damit deutlich höher liegt als das deutsche“, heißt es im Programmentwurf. „Das deutsche Rentenniveau ist mit nur 53% des letzten Nettogehalts nach Eurostat eines der niedrigsten in Westeuropa.“

Das große Vorbild dabei ist Österreich – ausgerechnet das Land, in dem die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und liberalen Neos am Streit über die prekären Rentenfinanzen scheiterten, die Defizite im Staatshaushalt mit verursachen. Die AfD rechnet vor, dass das höhere Rentenniveau im Nachbarland zu 30 Prozent aus höheren Beiträgen, zu weiteren 30 Prozent durch eine Beitragspflicht für alle Erwerbstätigen und zu 15 Prozent aus höheren Staatszuschüssen finanziert werden. Lediglich 25 Prozent seien auf eine jüngere Altersstruktur der Bevölkerung zurückzuführen, die sich kurzfristig nicht beeinflussen lasse.

Was das konkret bedeutet, kann IW-Forscher Jochen Pimpertz abschätzen. Der Anteil der Rentenausgaben am Bruttoinlandsprodukt liege in Österreich fast drei Prozentpunkte höher als in Deutschland, und die Beiträge liegen sogar um 4,2 Punkte über dem deutschen Niveau: 22,8 Prozent des Bruttoeinkommens sind an die Rentenkasse zu entrichten. Die AfD will das über Steuersenkungen wieder ausgleichen, was aber weitere Verluste für den Staatshaushalt bedeutet.

Wie hoch sie genau ausfallen, das lässt sich aufgrund der vagen Angaben im AfD-Konzept nicht auf den Euro genau ausrechnen. (…)

Überschlagen lassen sich die Kosten aber durchaus, und sie sind gewaltig. „Die versprochene Leistungsausweitung würde nach überschlägiger Rechnung zu erheblichen Zusatzausgaben führen, möglicherweise im dreistelligen Milliardenbereich“, sagt Pimpertz. Das käme dann zu den Steuerentlastungen in Höhe von 149 Milliarden Euro noch hinzu. Insgesamt würde also im Bundeshaushalt mehr als die Hälfte des Volumens von zuletzt 477 Milliarden Euro fehlen. (…)

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/alice-weidel-und-elon-musk-gemeinsam-ist-ihnen-nur-die-negativitaet-110223825.html


The Wall Street Journal, 14 janvier, article payant      

Germany Puzzles at Elon Musk’s Embrace of Its AfD Populists

The billionaire tech entrepreneur has cast the far-right party as moderate, but many in Berlin beg to differ

Extraits :

BERLIN—During Elon Musk’s freewheeling conversation with the leader of a far-right German party last week, spanning Hitler, multiplanetary civilizations and the existence of god, the billionaire tech entrepreneur insisted that the Alternative for Germany was moderate.

“Hopefully, people can tell just from this conversation, like nothing outrageous is being proposed, just common sense,” he said, during their live discussion on his X social-media platform.

That has been hard for many in Germany’s mainstream political parties to understand—much less accept.

After all, the party, also known by its German acronym AfD, is critical of Germany’s culture of Holocaust remembrance and several of its regional chapters are classified as right-wing extremist organizations by Germany’s domestic intelligence agency. An AfD leader in Thuringia was fined for repeatedly using a banned Nazi slogan—something he denied doing knowingly.

Even more perplexing for many in Berlin, some of the AfD’s goals clash with Musk’s own positions and with core U.S. interests.

The AfD is closer to Russia than some of its European peers. It has called for lifting sanctions on Moscow for its invasion of Ukraine and wants to resume Russian natural-gas deliveries via the closed Nord Stream 2 pipeline. It opposes the stationing of U.S. long-range conventional missiles on German soil, as recently agreed between Berlin and Washington. 

The party has also criticized electric-car subsidies that have benefited Musk’s Tesla in the past. And it has called for Germany to leave the European Union—a decision that would make it harder for Tesla to export the cars it makes in its plant near Berlin.

“If Musk’s rocket science and knowledge of electromobility were as superficial as his analysis of German politics, then his cars wouldn’t drive, and his rockets wouldn’t fly,” Jens Spahn, a center-right lawmaker and former government minister, told Germany’s Cicero magazine last week. “Is it really clever to support such a pro-Russia, pro-Putin, at its core anti-American party like the AfD?”

On many ways, Musk’s support for the AfD isn’t surprising. The party’s anti-immigration rhetoric, its rejection of wokeism and its populist style match Musk’s preferences as expressed in countless online posts. But the AfD is seen as more radical than many of the other European parties Musk has backed, such as Reform U.K. and Giorgia Meloni’s Brothers of Italy. (…)

In an interview with the American Conservative, a U.S. magazine, ahead of her conversation with Musk, Alice Weidel defended her party’s call for resuming Russian gas purchases regardless of the U.S.’s opposition to it, saying: “We will make our own decisions and [Donald Trump] must accept them, whether he likes them or not.”

Unlike other right-wing parties in Europe, the AfD hasn’t softened its positions over the years to court broader appeal. Delegates at its national convention on Sunday toughened its immigration agenda, calling for the detention of asylum seekers and banning nonresidents from receiving welfare benefits unless they have worked in Germany for at least 10 years. (…)

“Musk doesn’t have a positive image,” said Manfred Güllner, head of Forsa. “And Trump himself is incredibly disliked among Germans.”

However, other polls published this month show the AfD’s ratings crossing the 20% threshold, continuing a slow but steady rise that started last summer.

Even if it caught up with the CDU and won February’s election, the AfD would be exceedingly unlikely to lead the next government because all other parties have ruled out joining it in a coalition. Yet, an AfD victory would still be a political earthquake, and one the party’s leaders think has now become a little likelier.

“People who are still sitting on the fence and are unsure if they can trust us,” said Leif-Erik Holm, an AfD lawmaker. “They may look at someone like Musk, and if he supports us, then maybe they can too.”

https://www.wsj.com/world/europe/germany-puzzles-at-elon-musks-embrace-of-its-afd-populists-0c17c877?mod=hp_lead_pos10


Le Figaro, 14 janvier, article payant

Législatives allemandes : la fuite en avant radicale d’Alice Weidel

DÉCRYPTAGE – La chef de file de l’AfD, qui a fait alliance avec l’intellectuel proche des milieux néonazis, Björn Höcke, prône désormais ouvertement la « remigration ».

Extraits :

Alice Weidel, qui avait promis le 7 décembre à ses partisans, de « remettre l’Allemagne sur le devant de la scène », est en passe de réussir son pari. En l’espace d’un mois, moyennant le soutien du milliardaire américain Elon Musk, la candidate de l’AfD à la Chancellerie est parvenue à se placer au centre de la campagne électorale alors même que son parti est rejeté par l’ensemble de la classe politique, que ses idées d’extrême droite se radicalisent et qu’il n’a aucune chance d’accéder au pouvoir à l’issue du scrutin du 23 février.

Cette démonstration de force s’est déployée ce week-end dans une salle de congrès de Riesa cernée par dix mille manifestants antifascistes, où l’Alternative pour l’Allemagne a entériné le choix de cette politicienne de 45 ans pour conduire la liste du parti. Par le tumulte médiatique qui l’a accompagné, l’événement a totalement éclipsé le congrès concurrent qui a vu Olaf Scholz, à Berlin, adoubé par le SPD. Le jour même, l’AfD atteignait de nouveau, pour la première fois depuis un an, la barre des 22 % dans les sondages, et ceci au détriment de son ennemi juré, la CDU de Friedrich Merz.

« Si la colère des partis établis augmente de jour en jour, c’est parce que nous avons du succès », a déclaré Alice Weidel, qui a su épouser les circonvolutions d’un parti éternellement tiraillé entre ses tentations bourgeoise et révolutionnaire. Aujourd’hui, le succès emprunte à la radicalité. Une tendance que cette dame à l’allure stricte et au verbe haut incarne parfaitement. (…)

Elle-même sort plutôt des salons. Contrairement à son allié, l’autre coprésident Tino Chrupalla, entrepreneur de peinture en bâtiment dans l’est de l’Allemagne, cette ancienne de la banque américaine Goldman Sachs est originaire du Bade-Wurtemberg, homosexuelle et, spécialiste de la Chine, parle couramment le mandarin. Elle n’affirme n’avoir jamais rien su du passé national-socialiste de son grand-père, qui fut juge sous le régime nazi.

Ce sage pedigree ne l’a pas empêchée de droitiser son discours au fil des mois et des échéances électorales. (…)

Lorsque, à l’hiver 2023, l’un de ses bras droits fut accusé de participer à un rassemblement d’identitaires germanophones prônant la « remigration », elle n’avait pas hésité à le congédier. Il faut dire que des millions d’Allemands manifestaient alors contre l’AfD et que les sondages étaient en chute libre. Depuis, sur fond de désagrégation du gouvernement Scholz et de difficultés économiques, le parti a renoué avec le succès. Dotée d’une plateforme radicale, l’Alternative fut au printemps dernier le principal vainqueur des élections européennes, et a remporté les élections en Thuringe en septembre. Mais le quotidien FAZ dénonce sa « radicalité frivole »« La modération suppose une responsabilité politique, observe le journal conservateur. Mais pour l’AfD il n’en a jamais été question – même si leurs dirigeants prétendent le contraire. »

Le principal artisan de ce succès régional en ex-RDA – le détail est important – n’est autre que Björn Höcke, chef de l’AfD en Thuringe. Cet idéologue dépourvu de tout mandat populaire représente l’aile radicale du parti flirtant avec les néonazis, aujourd’hui dissoute. C’est l’alliance avec cet intellectuel sulfureux, professeur d’histoire, qui a permis à Alice Weidel de s’imposer. « Elle représente le futur du parti », avait déclaré Höcke le 7 décembre, sous forme d’adoubement. Après la mise à l’écart de Tino Chrupalla, personnage pâlot, « il n’y avait pas d’autre choix », jugeait plus prosaïquement Stephan Brandner, député de Thuringe au Bundestag. (…)

Depuis, Alice Weil épouse la ligne de son influent parrain, lui qui n’hésite pas à s’en prendre à la culture mémorielle de l’Allemagne. (…) Enfin, la relation transatlantique est légèrement remise en cause à l’aune de l’antiaméricanisme historique défendu par les partisans de Höcke. Tout en remerciant Elon Musk d’avoir interviewé Alice Weidel et en « tendant la main » à Donald Trump, l’AfD explique que dans le « nouveau monde multipolaire, l’Allemagne ne doit plus être l’objet d’intérêts étrangers ». Le parti prône le rétablissement du gazoduc germano-russe Nord Stream combattu par Washington.

Dans un récent entretien au magazine américain The American Conservative, Alice Weidel déplore que l’Allemagne soit traitée comme « un peuple vaincu », semblant oublier que les États-Unis ont activement contribué à relever le pays après la Seconde Guerre mondiale. Aujourd’hui, plaide-t-elle, Berlin a le droit de « suivre sa propre voie »« Les États-Unis considèrent-ils l’Allemagne comme une colonie qui n’a pas le droit de décider de sa politique énergétique ? », s’inquiète-t-elle notamment. De quoi relativiser la connivence idéologique entre la candidate de l’Afd et le milliardaire Elon Musk, dont semble ne surnager que la promesse d’un hypothétique régime libertarien, a priori peu compatible avec l’électorat est-allemand d’extrême droite.

https://www.lefigaro.fr/international/legislatives-allemandes-la-fuite-en-avant-radicale-d-alice-weidel-20250114


Neue Zürcher Zeitung, 12 janvier, article payant     

Die Krise in Österreich zeigt: Die «Brandmauer» gegen die AfD könnte Deutschland teuer zu stehen kommen

Der Auftrag zur Regierungsbildung an Herbert Kickl muss für die CDU eine Warnung sein. Die Christlichdemokraten müssen aufpassen, dass sie nicht als Juniorpartner der AfD enden.

Extraits :

Wenn man eine politische Massnahme danach bewertet, was sie erreichen soll, dann waren die Koalitionsverhandlungen in Österreich ein kapitaler Fehlschlag. Von Beginn an ging es den drei Parteien ÖVP, SPÖ und Neos darum, die rechte FPÖ von der Regierung fernzuhalten. Nun werden die Rechten nicht nur aller Voraussicht nach mitregieren, sie könnten sogar den Kanzler stellen.

Selbst eine Neuwahl bietet keinen Ausweg. Die Partei liegt mittlerweile in Umfragen bei fast vierzig Prozent. Die Ausgrenzungsstrategie hat genau das Gegenteil dessen erreicht, was sie hätte erreichen sollen: Der Versuch, die Rechten kleinzuhalten, hat sie noch grösser gemacht.

Das hält Lehren auch für Deutschland parat. Die erste lautet: Im kleinen Nachbarland sieht man, was der Bundesrepublik noch blühen könnte. Entscheiden wird darüber die Politik der künftigen deutschen Regierung. Sie muss einen echten Politikwechsel herbeiführen.

Die Wahl am 23. Februar bietet womöglich die letzte Chance, ihn ohne die AfD zu gestalten. Die Wähler wollen mehr Sicherheit, sie wollen die Kontrolle darüber zurück, wer das Land betritt. Sie wollen eine Klima- und Energiepolitik, die die Industrie nicht aus dem Land treibt, und eine Gesellschaftspolitik, die nicht völlig aus dem Ruder läuft.

Allenthalben ist nun wieder die Rede von einem «Rechtsruck». Das ist Unfug. Was in Österreich und Deutschland geschieht, ist nur die Korrektur eines nahezu unaufhaltsamen Linksrucks in den vergangenen zwanzig Jahren. Insbesondere konservative Parteien haben reihenweise Positionen aufgegeben, die einmal zu ihrem Markenkern gehörten. Sie haben die Stimmung in den Talkshows verwechselt mit der Stimmung im Land.

Die Bürger waren aber nie so progressiv, wie es in den ausgeleuchteten Fernsehstudios den Anschein hatte. Der Aufstieg populistischer Parteien ist ein Ergebnis dieser Repräsentationslücke. (…)

Womit wir bei der zweiten Lehre aus Österreich sind: Ein künftiges politisches Bündnis sollte sich nur an inhaltlichen Fragen orientieren. Koalitionen, deren einziger Zweck darin besteht, andere am Regieren zu hindern, sind zum Scheitern verurteilt. (…)

Da die Christlichdemokraten jedwede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen haben, bleiben ihr als mögliche künftige Partner nur Sozialdemokraten und Grüne (und womöglich die FDP). Mit beiden gibt es kaum Überschneidungen. Mit der SPD könnte die Union eine Reform des Sozialstaats vergessen, womöglich auch die weitere Ertüchtigung der Bundeswehr.

Mit den Grünen hingegen wäre eine strengere Kontrolle der Einwanderung ausgeschlossen, ebenso eine grundsätzliche Neuausrichtung der Klimapolitik. All das aber wollen die Wähler. Man muss nur auf die Umfragen blicken. (…)

Das führt zur letzten Lehre aus dem österreichischen Debakel: Die Strategie der «Brandmauer» hat einen hohen Preis. Selbstverständlich gibt es sehr gute Gründe, eine Zusammenarbeit mit der AfD auszuschliessen. Sie duldet Rechtsradikale in ihren Reihen, denen ein nationalistisches Deutschland vorschwebt. Ranghohe Parteimitglieder stellen die Mitgliedschaft in der Nato und der EU infrage. Jeder dieser Schritte hätte verheerende Konsequenzen für das Land und Europa. (…)

Wer aber nur aufgrund einer Brandmauer sämtliche Gespräche mit der AfD ablehnt, der gibt allen anderen Parteien gewaltige Verhandlungs- und auch Gestaltungsmacht. Sie wissen dann: Ohne uns geht es nicht.

Die Haltung der Christlichdemokraten ist bequem. Sie entbindet von der Pflicht, sich mit inhaltlichen Fragen auseinanderzusetzen. Nur so aber lässt sich das Politikangebot schärfen. Man kann den Aufstieg von Populisten nicht stoppen, indem man sie ignoriert und ausgrenzt. Man muss sich mit ihnen auseinandersetzen, möglichst nüchtern und bis an die Grenze des Zumutbaren.

Für die Union bedeutet das: Im Falle eines Wahlsiegs sollte sie zumindest Sondierungsgespräche mit der AfD nicht scheuen – mit klaren roten Linien. Deutschlands Westbindung beispielsweise ist unverhandelbar.

Macht die Union weiter wie bisher, könnte sie bei der Wahl 2029 als Juniorpartner der AfD enden. Dann stünde Deutschland noch vor ganz anderen Herausforderungen.

https://www.nzz.ch/der-andere-blick/krise-in-oesterreich-die-brandmauer-der-cdu-zur-afd-hat-einen-hohen-preis-ld.1864930


The Economist, 11 janvier, article payant      

The true believer : Olaf Scholz still thinks he can win re-election as chancellor

Someone has to

Extraits :

SOON AFTER Olaf Scholz defied the odds to win election as German chancellor in 2021, his jubilant party colleagues exulted over the coming “decade of social democracy”. Now he is set to fall having served barely a third of that. In the run-up to an election on February 23rd, polls give 16% to Mr Scholz’s Social Democrats (spd), placing them a distant third behind the centre-right Christian Democratic Union and its Bavarian ally, the Christian Social Union, or cdu/csu (31%), and the hard-right Alternative for Germany (20%). Germany’s economy is in the doldrums, war and uncertainty stalk the land, and voters are anxious. Yet as the spd prepares to anoint Mr Scholz its candidate on January 11th, the chancellor’s camp think their man can pull it off again. “It’s going to be hard but there’s absolutely a chance,” says Dorothee Martin, an spd mp from Mr Scholz’s home town of Hamburg.

The case proceeds like this. First, consider the previous election. Written off in 2021 as he is today, Mr Scholz executed a perfectly pitched campaign and led the spd to overcome the cdu/csu’s double-digit lead in its final weeks. (…)

Second, look at the opposition. Mr Scholz may be the most unpopular chancellor of modern times. But his main opponent, Friedrich Merz, the cdu/csu candidate, fares little better (see chart), and he is prone to gaffes. (…)

Third, peer ahead. The last month of Germany’s campaign will be the first of Donald Trump’s presidency, and Mr Trump will surely give voters reason to notice. A campaign now focused on wages, industry and immigration may in part turn on who can best respond to American tariffs, a proposed peace deal in Ukraine or demands to triple the defence budget. So far the spd campaign has been about unflashy reassurance: pay, pensions, investment and energy costs. This modest approach seems out of kilter with the scale of Germany’s challenges. But party strategists hope it will leave Mr Scholz well placed to present himself as the rock in whatever storm Mr Trump unleashes after January 20th. “Today ‘change’ and ‘progress’ sound like threats,” says Armand Zorn, an spd mp from Frankfurt. “Voters want stability and security.”

Can this really work? Mr Scholz may well make up ground in the campaign; the SPD usually does when trailing the cdu/csu. Although the chancellor’s governing style is plodding in the extreme, he enjoys playing the underdog and can be surprisingly effective on the stump, notes Daniel Brössler, author of “A German Chancellor”, a biography of Mr Scholz.  (…)

Yet for all that, the odds against a Scholz re-election look almost insurmountable. The lessons from 2021 are limited, says Peter Matuschek, of Forsa, a pollster. Mr Merz is more popular than Armin Laschet, the previous cdu/csu candidate, and Mr Scholz is both better known and less liked today. Just 8% of Germans think the spd is best placed to manage the country’s problems. Unlike in 2021, when Mr Scholz was an electoral asset for his party, today he is a drag on its support. Seen in that light, the spd’s decision to plaster his visage all over its posters may seem bold. (…)

The chancellor himself appears to have inexhaustible reserves of self-belief. Someone has to: 62% of the spd’s own supporters believe he will lose to Mr Merz. ■

https://www.economist.com/europe/2025/01/09/olaf-scholz-still-thinks-he-can-win-re-election-as-chancellor


Articles du 27 décembre au 30 juillet 2024